UN ruft Tag der „Sauberen Energien“ aus

Der 29. Januar wird zum internationalen Tag der „sauberen Energie“ („clean energy“). Dies wurde kürzlich von der UN-Vollversammlung beschlossen. Der 29. Januar wurde ausgewählt, da an diesem Tag im Jahr 2009 die IRENA, die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien, in Bonn gegründet wurde.

Wie immer bei solchen Meldungen klingt das sehr vielversprechend. Allerdings scheint dies nur oberflächlich betrachtet tatsächlich ein starker Anstoß zur Ablösung fossiler und atomarer Energien durch 100 Prozent Erneuerbare Energien weltweit zu sein. In Wirklichkeit unterstützt dieser UN-Tag für „saubere Energien“ auch die fossilen und atomaren Energien.

Gründung der IRENA: Ein durchschlagender Erfolg gegen die Interessen der fossilen und atomaren Energiewirtschaft

Tatsächlich ist die Gründung der IRENA am 29. Januar 2009 ein durchschlagender Erfolg für die Erneuerbaren Energien. Über ein Jahrzehnt hatten Hermann Scheer zusammen mit mir und anderen aus dem Umfeld von EUROSOLAR für die Gründung einer globalen Regierungsagentur für Erneuerbare Energien gekämpft.

Wir haben es trotz teilweiser Widerstände innerhalb der eigenen Reihen von SPD und Grünen Abgeordneten geschafft, eine lupenreine Organisation nur für Erneuerbare Energien auf den Weg zu bringen. Entscheidend war die Satzung, für die zu gründende globale Regierungsorganisation, die eben nicht verwässert wurde. Diese Satzung verpflichtet die IRENA, sich ausschließlich für den Ausbau der Erneuerbaren Energien einzusetzen.

Viele versuchten damals, dieses klare Satzungsziel zu verwässern. Es gab zahlreiche Argumente, die besagten, dass Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz fossiler Energiequellen, wie der Ausbau von Kohlekraftwerken mit höherem Wirkungsgrad oder die Förderung von 3-Liter-Erdölautos, sowie die Nutzung von Erdgasheizungen oder Wasserstoff aus Erdgas, als Brückenlösungen für den Übergang zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien betrachtet werden sollten, um den Übergang zu erleichtern. Auch die Unterstützung von „sauberer Kohle“ (clean coal) wurde häufig gefordert, obwohl es in der Realität keine wirklich saubere Nutzung von Kohle gibt.

Im Rückblick zeigt sich heute deutlich, dass all diese „Brücken“ letztendlich nur als Bestandschutz der fossilen Energieerzeugung einzuordnen sind. Diese Brückenlösungen schützen lediglich den Einsatz fossiler und atomarer Energie vor dem schnellen Wachstum Erneuerbarer Energien, während der Klimaschutz nur vorgetäuscht wird.

Insbesondere sollte auch CCS, also Carbon Capture Storage, als Ziel in die IRENA-Satzung aufgenommen werden, denn angeblich würde dadurch der Einsatz von Kohle, Erdöl und Erdgas klimaneutral und damit „sauber“. Auch die Atomenergie, wie es vor allem internationale Akteure gefordert haben, sollte als „emissionsfreie“ Energie in die Satzung der IRENA aufgenommen werden. Diese Behauptungen sind genauso falsch wie damals, aber in jüngster Zeit greifen sie wieder vermehrt um sich.

Alle diese fossilen und atomaren Interessen konnten wir damals erfolgreich abwehren. Die von uns entworfene Satzung wurde dann tatsächlich zur Gründungssatzung der IRENA am 29. Januar 2009.

„Saubere Energie“ umfasst nach UN-Vorstellungen auch fossile und atomare Energien

Doch leider hat sich diese klare und notwendig kompromisslose Definition für Erneuerbare Energien nicht auf UN-Ebene durchgesetzt.

Vergeblich habe ich auf den zahlreichen Internetseiten der verschiedenen UN-Organisationen nach einer Definition für „Saubere Energien“ auf UN-Ebene gesucht. Dies erscheint umso wichtiger zu sein, da es bereits einen internationalen Tag der Sauberen Energie gibt. Stattdessen fand ich lediglich vage Beschreibungen wie: Saubere Energien umfassen „solche wie Solar, Wind und andere.“

Auch im neuesten UN-Bericht von 2023 über die UN-Nachhaltigkeitsziele konnte ich keine Definition für „saubere Energie“ finden, obwohl sie diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle spielen.

Atomenergie und CCS gilt nach UN als saubere Energie

Klarere Aussagen habe ich schließlich bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEA) und Lobby Organisation für CCS gefunden.

So sagte der IAEA-Vorsitzende Grossi bei der Vorstellung des UN-Konzeptes für „saubere Energien“:

„Wenn Erneuerbare Energien und Kernenergie zusammenarbeiten, können wir ein Energiesystem aufbauen, das nicht nur sauber und erschwinglich, sondern auch zuverlässig und belastbar ist.“

Unglaublich, wie die UN derartige Aussagen unwidersprochen akzeptiert. Bis heute gibt es auf der Erde kein sicheres Endlager für Atommüll, Atomkraftwerke emittieren selbst im Normalbetrieb immer noch gesundheitsschädliche Radioaktivität, und ganze Regionen werden nach wie vor durch den Uranabbau radioaktiv verseucht.

Gerade jetzt zeigt Japan die Hilflosigkeit nach Atomunfällen. Die begonnene Einleitung der tritiumverseuchten Kühlwässer aus der Atomruine Fukushima in das Meer offenbart die Verantwortungslosigkeit bei der Nutzung der Atomkraft. Es ist nicht zu tolerieren, dass Atomenergie als „saubere Energie“ bezeichnet wird, doch die UN scheint all dies zu dulden.

Fossiles CCS gilt in der UN ebenso als „saubere Energie“

CCS, also die Abscheidung mit anschließender Deponierung in alten Bergwerken von Kohlenstoffdioxid aus den Rauchgasen von Kohle- oder Erdgaskraftwerke wird seit über 20 Jahren als Klimaschutztechnologie von der fossilen Wirtschaft propagiert. Doch die unkontrollierbaren Methanemissionen aus den erschlossenen Kohlegruben, Erdöl- und Erdgasbohrungen sind allein schon immens. Sie können niemals durch CCS vermindert, geschweige denn beendet werden. Schon aus diesem Grund kann CCS niemals einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Einzig und allein die Beendigung der Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas zugunsten von 100 Prozent Erneuerbaren Energien ist Klimaschutz. Damit erübrigen sich CCS sowie Atomenergie von selbst.

Erhellend ist in diesem Zusammenhang die sich selbst rühmende Lobbyorganisation Global CCS Institute. Sie beschreibt sehr eindrücklich und stolz, wie es ihr gelungen ist, verschiedene UN-Organisationen für ihre CCS-Interessen zu gewinnen.

Wie schmutzig und klimaschädlich die CCS-Technologie in Wirklichkeit ist hat Christfried Lenz kürzlich in einem lesenswerten und wissenschaftlich klar unterlegten Artikel dargelegt.

Afrikas Klimagipfel zeigt die unterschiedlichen Energie-Interessen

Auf dem ersten Afrika-Klimagipfel in Nairobi zeigte sich kürzlich, dass die unterschiedlichen Energieinteressen tatsächlich relevant sind.

UN-Generalsekretär Guterres sprach klare Worte:  Die reichen Industriestaaten sollten Afrika beim Wandel zu einer „Supermacht der Erneuerbaren Energien“ helfen.

Auf dem Afrika-Gipfel sprach Al Jaber, der designierte Präsident der kommenden UN-Klimakonferenz COP28, darüber, wie die angekündigten Investitionen der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in Afrika darauf abzielen, bis zur COP28 im Jahr 2030 15 Gigawatt Erneuerbarer Energie zu schaffen. Die VAE planen, dies mit einer Unterstützung von 4,5 Milliarden Euro umzusetzen. Eine Kleinigkeit für die superreichen VAR. Es solle lediglich eine Verdreifachung der Erneuerbaren Energien bis 2030 geben.

Damit hat Al Jaber klar die eigenen Interessen als Chef des staatlichen Ölkonzerns markiert und geschickt mit dem Begriff „saubere Energie“ vertuscht. Es zeigt sich, dass es ihm eben nicht nur um Erneuerbare Energien und wirksamen Klimaschutz geht, sondern eben auch um fossiles CCS und sogar Atomenergie. Kaum jemand kommentiert diesen Unterschied zwischen Antonio Guterres und Al Jaber.

Das verdeutlicht: Der neue UN Tag für „saubere Technologien“ ist neben der halbherzigen Unterstützung für Erneuerbare Energien in Wirklichkeit ein Push für Atomenergie und über CCS auch für fossile Energie. Jeder, der diesen Tag nutzt, um „saubere Energie“ zu unterstützen, sollte sich bewusst sein, dass er sich damit von Atomenergie und fossiler CCS abgrenzt, da beide nicht wirklich sauber sind.

Nur 100 Prozent Erneuerbare Energie kann wirklich „saubere Energie“ sein. Und auch dabei muss man aufpassen. Bioenergie ist nur dann sauber, wenn die Verbrennungsprozesse beispielsweise mit effizienten Filtern gründlich gereinigt werden und der Anbau der Biomasse ohne den Einsatz von Pestiziden und Mineraldünger erfolgt. Doch im Gegensatz zur fossilen CCS, die immer unvermeidbare Emissionen aus den Fördergruben und Bohrlöchern hat, kann Bioenergie sehr umweltfreundlich produziert werden, was vielfach auch bereits geschieht.