Hohe Energiekosten für Kliniken – Gesundheitsminister Lauterbach treibt sie noch tiefer in die Finanznöte
Im letzten Herbst riefen die deutschen Kliniken laut um Hilfe. Viele konnten kaum mehr die hohen Energiekosten von Erdgas, Erdöl, Kohle und mit diesen auch die in die Höhe getriebenen Strompreise bezahlen. Einige stehen nun auch wegen der hohen fossilen Energiepreise vor dem finanziellen Kollaps. Das von der Bundesregierung versprochene Hilfsprogramm von sechs Milliarden Euro wirkt dabei nicht. Wegen hoher Bürokratie und unzulänglichen Bemessungsgrundlagen kommt das Hilfspaket bei den Kliniken kaum an.
Nun setzt Gesundheitsminister Lauterbach noch eins drauf: Er will die Kliniken vom Neubauverbot von Erdgas- und Erdölheizungen aussparen. Damit treibt der Minister die Kliniken noch tiefer in die Abhängigkeit von fossiler Energie und damit in unbezahlbare Energierechnungen. Lauterbach setzt auf „großzügige Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen“. „Wir werden nicht zulassen, dass steigende Energie- und Heizkosten Krankenhäuser in ihrer Existenz gefährden“, sagte der SPD-Politiker der „Bild am Sonntag“.
Die Intention in allen Ehren, aber hier denkt Lauterbach zu kurz: Wer Kosten sparen will, muss sich von fossilen Energien unabhängig machen und auf Erneuerbare Energien setzen. Solarstrahlen und Wind kosten nichts. Wärmepumpen können mit Ökostrom betrieben werden, der heute schon billiger als konventioneller Strom ist. Ergänzt durch die Kraftwärmekopplung aus Bioenergie zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie bessere Speicher und Energieeinsparungsmaßnahmen eine auch langfristig sichere und günstigere Energieversorgung. So würde man die Kliniken aus der in den kommenden Jahren zu erwartenden Preissteigerungsrally von fossilen Energieträgern befreien.
Es gibt auch einen klaren Unterschied zwischen Investitionskosten für neue Heizungen und den Energierechnungen von Erdgas und Erdöl: Investitionskosten sind einmalige Zahlungen, die meist in wenigen Jahren durch sinkende Energiekosten amortisiert werden. Erdöl- und Erdgaskosten sind jedoch von Jahr zu Jahr steigende, regelmässige Kosten, deren Emissionen zudem noch den Klimaschutzzielen der eigenen Regierung widersprechen.
Wer wirklich finanziell schwache Krankenhäuser dauerhaft entlasten will, sollte sie möglichst schnell mit staatlichen Zuschüssen beim Umbau der Heizungen unterstützen – mit jedem Jahr werden so Energiekosten eingespart. Lauterbach erweist dem Gesundheitswesen also einen Bärendienst, wenn er sie in der Abhängigkeit der fossilen Energiekonzerne halten will.
Kliniken sollten auf Erneuerbare Energien umrüsten
Die hohen Energiekosten für Krankenhäuser sind kein neues Phänomen. Schon 2011, als der Ölpreis hoch war, schlugen viele Krankenhäuser Alarm. Doch bislang kaum ohne Konsequenzen für einen Umbau der Energieversorgung. Dabei haben erste Vorreiterkliniken eine eigene Strom- und Wärmeversorgung mit Erneuerbaren Energien aufgebaut. Bereits 2011 wurden auf dem 12. Würzburger Kongress für Technologien in der Medizin und Energieeffizienz in Kliniken entsprechende Umwelttechnologien, die für die Senkung der Energiekosten in Krankenhäusern bedeutend sind, vorgestellt. Erste Konzepte für Kliniken mit 100% Erneuerbaren Energien werden bereits erarbeitet, etwa im Klinik- und Rehazentrum Lippoldsberg.
Auch aus Sicherheitsgründen ist eine Versorgung mit 100 % Erneuerbaren Energien zu bevorzugen. Die für eine funktionierenden Krankenhausbetrieb notwendige Stromversorgung kann mit lokal produzierten EE-Systemen plus Speicher auch bei länger andauerndem Stromausfall gewährleistet werden, was wichtig ist für die Stromversorgung im Katastrophenfall – zuletzt notwendig geworden in der Ukraine.
Ein Gesundheitsminister, der Krankheiten verursacht
Es ist für einen Gesundheitsminister auch fahrlässig, derartig den Klimaschutz zu vernachlässigen – belastet doch die Klimakrise mit jedem Jahr mehr das Gesundheitswesen. Wie aktuell in Thailand zu sehen, lähmt die Erdüberhitzung mit immer neuen Temperaturrekorden den Alltag in immer mehr Ländern und Städten, macht die Menschen immer kränker und führt zu vorzeitigen Toden. Hitzewellen, Ausbreitung von Tropenkrankheiten, Unterernährung durch Missernten, Verletzungen durch Flut- und Sturmkatastrophen, Wassermangel – alles Folgen der Erdüberhitzung, dargestellt im jüngsten Ärzteblatt vom 27.4.2023. In aller Klarheit weisen die Mediziner dort auf die Zunahme der Erkrankungen der Atemwege, der Haut, der Psyche, von Allergien, Traumata und Infektionen hin. Das Gesundheitssystem wird mit jeder Erhöhung der Erdtemperatur immer weiter überlastet.
Erdöl- und Erdgasheizungen – auch die in den Krankenhäusern – gehören zu den Hauptverursachern der Erdüberhitzung. Wer sich also dem Austausch von Erdöl- und Erdgasheizungen verweigert, sägt am eigenen Ast – mitverursacht so erhöhte Krankenstände und damit weitere auch finanzielle Überlastungen des Gesundheitswesens.
Damit trägt ausgerechnet ein Gesundheitsminister zur weiteren Ausbreitung von Krankheiten in der Gesellschaft bei.
Klimaschutz ist Gesundheitsschutz
Andersherum kann vorsorgende Gesundheitspolitik zum Klimaschutz beitragen. Das Gesundheitswesen ist mit etwa 5% am Gesamtausstoß von Klimagasen in Deutschland beteiligt. Gleichzeitig emittieren die Erdgas- und Erdölheizungen krankmachende Luftschadstoffe. Aber Gesundheitsminister Lauterbach hat bisher kaum Schritte unternommen, den Klimaschutz im Gesundheitssektor auf den Weg zu bringen.
Die Umstellung der Krankenhäuser auf Erneuerbare-Energie-Heizungen und Ökostrom würde Lauterbachs Ressort gleich doppelt entlasten – durch weniger Kranke und niedrigere Energiekosten.