Atomausstieg und Klimaschutz in höchster Gefahr

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Atomausstieg und Klimaschutz in höchster Gefahr

Die weltweiten Investitionen in Erneuerbare Energien steigen seit Jahren. Das zeigen die neuen Zahlen von Bloomberg Energy Finance. Nur in Europa und vor allem in Deutschland sind 2015 die Ökostrominvestitionen völlig eingebrochen, während sie weltweit immer schneller zunehmen.

Die Novelle des EEG 2014 von Union und SPD hat in 2015 die befürchteten schlimmen Auswirkungen gebracht. Außer bei Wind sind die Ökostrominvestitionen völlig eingebrochen. Der Zubau liegt weit unter den schon viel zu niedrigen Ausbaukorridoren der Bundesregierung.

Hier finden Sie eine Zusammenstellung interessanter Zahlen zu der Entwicklung der Erneuerbaren Energien.

Schuld daran sind unter anderem der Wechsel zu den Ausschreibungen bei PV-Anlagen, die EEG-Umlagenbelastung bei Ökostromeigenerzeugung und massiver Bürokratieaufbau. Bei den Investitionen in Windkraft ist mit dem Wechsel zu Ausschreibungen mit der EEG-Novelle 2016 das gleiche zu befürchten.

Damit wird sogar der Atomausstieg in Frage gestellt werden, weil der Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht mehr den notwendigen Ersatz von Atomstrom bereitstellen kann. Ein aus Klimaschutzgründen notwendiges Abschalten von Kohlekraftwerke wird dann parallel zum Atomausstieg sogar unmöglich.

Etwa 90 TWh jährlicher Atomstromerzeugung müssen bis 2022 ersetzt werden. Wenn es bei den aktuellen Rahmenbedingungen und den Vorschlägen zur EEG-Novelle 2016 bleibt, werden Wasserkraft, Bioenergien und Geothermie bis 2022 keine zusätzlichen Strommengen beitragen können. Ein jährlicher Zubau von unter 1,5 GW Photovoltaik wie heute und etwa 2,5 GW Windenergie, wie ab 2017 geplant, wird aber maximal die Hälfte des zu ersetzenden Atomstromes beitragen können. Ab 2020 werden sogar verstärkend die sich heute schon abzeichnenden Abschaltungen von Windkraft- und Biomasseanlagen hinzukommen, die dann keine EEG-Vergütung mehr erhalten. Wegen Unsicherheiten über fehlende Anschlussregelungen werden wichtige Investitionen in die Instandhaltung nicht mehr getätigt und die Betreiber lassen ihre Anlagen auf Verschleiß laufen. Ein wirtschaftlicher Betrieb wird nach Auslaufen der Vergütung nicht mehr möglich sein. Bei der Bioenergie sind alleine 50 TWh jährlicher Stromerzeugung gefährdet.

Auch die Energieeinsparung wird mit den Erfahrungen der letzten Jahre bei den fehlenden Aktivitäten der Bundesregierung keinen nennenswerten Beitrag liefern können – und wer die Abschmelzung des Exportüberschusses von etwa 60 TWh für den deutschen Atomausstieg nutzen will, muss wissen, dass dann die Atom- und Kohlekraftwerke in den Nachbarländern wieder vermehrt angefacht werden.

Es ist abzusehen, dass ab 2018 deshalb die Rufe nach der nächsten Laufzeitverlängerung lauter werden. Die AfD hat in ihrem Wahlprogramm schon die 10-jährige Festschreibung des aktuellen Energiemixes und ein Weiterlaufen der noch in Betrieb befindlichen AKW gefordert. Auch die klima- und gesundheitsschädliche Energie aus Gas und Kohle wird wieder Aufwind erhalten.

Vizekanzler Gabriel (SPD) kennt aber keine Gnade und unternimmt keine Anstrengungen, um eine Trendumkehr zu mehr Investitionen bei den Erneuerbaren Energien zu bewirken. Das Ergebnis wird der weitere Abbau von Arbeitsplätzen und Insolvenzen sein. Gabriel, Merkel, Seehofer und ihr zuständiger grüner Staatsekretär Baake setzen so sogar den Atomausstieg aufs Spiel. Deutschland ist dabei, sich von der weltweiten Entwicklung abzukoppeln und wird damit vom ökologischen Musterknabe zum Buhmann der Energiewende, worüber der Rest der Welt nur noch unverständlich den Kopf schüttelt.

 

Berlin, den 19. Februar 2016

Ihr Hans-Josef Fell
Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG