Viele angeblich klimafreundliche Maßnahmen erweisen sich in Wahrheit als klimaschädlich.

Gilt das auch für DACCS, CCS, CCU, BECCS, E-Fuels und andere Fachabkürzungen?

Oft werden im Klimaschutz vermeintliche Lösungen präsentiert, die bei genauer Betrachtung keine sind – im Gegenteil: Sie tragen zur weiteren Aufheizung der Atmosphäre bei.

Anstatt konsequent auf saubere Technologien zu setzen, die über ihren gesamten Lifecycle keine Klimagasemissionen schaffen und/oder Kohlenstoff dauerhaft aus der Atmosphäre entfernen, werden in Öffentlichkeit und Politik vielfach Technologien propagiert und sogar gefördert, die nicht in diese Kategorie fallen und damit sogar höchst klimaschädlich sind.

Mit Lifecycle ist die gesamte Kette gemeint: von der Rohstoffgewinnung über die Produktherstellung und den Anlagebetrieb bis hin zur Entsorgung.

Solche Scheinlösungen für den Klimaschutz werden häufig von Lobbyisten der fossilen und atomaren Wirtschaft ins Spiel gebracht. Ihr Ziel ist eindeutig: die wirtschaftliche Weiterverwertung klimaschädlicher fossiler und atomaren Rohstoffe – dem wohl größten Geschäft der Welt.

Dabei ist längst klar: Die Erdatmosphäre ist bereits seit 1990 mit Klimagasen überlastet. Klimaschutz kann daher nur noch gelingen, wenn die Nutzung klimaschädlicher Rohstoffe für Energie und Chemie vollständig beendet wird – kombiniert mit einem schnellen Ausbau einer Kohlenstoffreinigung der Atmosphäre.

Im Zentrum der öffentlichen Debatte und politischen Unterstützung solcher Scheinlösungen stehen derzeit vor allem folgende Technologien:

  1. Kohlendioxidabscheidung aus fossilen Verbrennungsprozessen (Carbon Capture: CC) und deren sichere Deponierung (Carbon Capture Storage: CCS) in geologischen Formationen, etwa in ehemaligen Erdöl-, Erdgaslagerstätten oder Bergwerken.
  2. Kohlenstoffabscheidung aus fossilen Verbrennungsprozessen und ihre Verwendung in neuen Materialien (Carbon Capture Utilisation: CCU)
  3. Blauer Wasserstoff – also Wasserstoff reformiert aus Erdgas, Erdöl oder Kohle mit angeschlossener Kohlenstoffabscheidung und Deponierung (CCS)
  4. Direkte Abscheidung von CO₂ aus der Atmosphäre (Direct Air Capture: DAC) mit anschließender Deponierung des Kohlendioxids (Direct Air Capture and Carbon Storage: DACCS)
  5. Künstliche Kraftstoffe (E-Fuels), die durch DAC oder CC erzeugt werden sollen.
  6. Kohlenstoffabscheidung aus Bioenergie (Bioenergy Carbon Capture Storage: BECCS)

Genau diese Technologien stellt auch die neue Bundesregierung – insbesondere Wirtschaftsministerin Katherina Reiche – in den Mittelpunkt ihrer sogenannten Klimapolitik, anstatt konsequent den vollständigen Ausbau hin zu 100 % Erneuerbaren Energien voranzutreiben.

DACCS, CCS, Blauer Wasserstoff, E-Fuels sind Betrug

Mit einem Betrugsvorwurf gegenüber den Technologien DACCS, CCS, Blauem Wasserstoff und E-Fuels hat Mark Z. Jacobson kürzlich in der Fachwelt große Aufmerksamkeit erregt. Sein Vorwurf: Es handele sich um einen Betrug am Klimaschutz.

Mark Jacobson ist Professor an der Stanford University in Kalifornien und Mitglied des Wissenschaftlernetzwerks der Energy Watch Group. Er gilt als einer der weltweit renommiertesten Forscher im Bereich 100 % Erneuerbarer Energieszenarien und anderer sauberer Technologien. Außerdem zählt er zu den einflussreichsten Ideengebern, die den ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden bei der Einführung des erfolgreichen Inflation Reduction Act (IRA) beraten haben.

Seit über einem Jahrzehnt sind wir befreundet und tauschen uns bis heute gelegentlich aus.

Jacobson ist auch besonders erfolgreich in der Erforschung von Gesundheitsfolgen von Energiearten und anderen Technologien. Bereits 2009 legte er vor der US-Umweltbehörde EPA klare Belege dafür vor, dass Treibhausgase wie CO₂, Methan und andere nicht nur das Klima, sondern auch die menschliche Gesundheit schädigen.

Erst kürzlich widersprach er öffentlich dem neuen EPA-Leiter Lee Zeldin – ein persönlicher Vertrauter von Ex-Präsident Trump –, der Jacobsons Positionen als „religiösen Eifer“ bezeichnet hatte.

Auch mich hat Mark Jacobsons klare und unmissverständliche Einordnung von DACCS, CCS, Blauem Wasserstoff und E-Fuels als Betrug überrascht – also als klimaschädliche Technologien.
Zitiert wurde er damit in einem isländischen Artikel über das bislang größte Investment in DACCS in Island:

»DAC ist Betrug, CO₂-Abscheidung ist Betrug, blauer Wasserstoff ist Betrug, E-Fuels sind Betrug.«

Die Wissenschaft liefert klare Ergebnisse

Ich fragte ihn daraufhin, ob das Zitat tatsächlich von ihm stamme, und erhielt eine klare Bestätigung – verbunden mit Forschungsergebnissen, die seine Einschätzung klar belegen.

Er schrieb mir zurück:

„Im Hinblick auf CO2-Abscheidung, DAC usw. haben wir Anfang des Jahres eine Studie veröffentlicht, in der wir die sozialen Kosten von CO2-Abscheidung und direkter Luftabscheidung mit denen der Umstellung auf erneuerbare Energien verglichen haben. Dabei stellten wir fest, dass die sozialen Kosten in 149 Ländern neun- bis zwölfmal so hoch waren wie die der Nutzung erneuerbarer Energien. CC/DAC erhöhte den CO2-Ausstoß, die Luftverschmutzung, den Abbau fossiler Brennstoffe, die fossile Infrastruktur, die Pipelines, die Energiekosten, die Gesundheitskosten, die Klimakosten und die gesamten sozialen Kosten. Es gibt keinerlei Vorteile.“

Er verwies unter anderem auf folgende beeindruckende wissenschaftliche Quellen:

Energy, Health, and Climate Costs of Carbon-Capture and Direct-Air-Capture versus 100%-Wind-Water-Solar Climate Policies in 149 Countries

https://web.stanford.edu/group/efmh/jacobson/Articles/I/149Country/149-Countries.pdf

Evaluation of Fossil Gas, Carbon Capture, Synthetic Direct Air

Carbon Capture, Non-Green Hydrogen, and Electro-Fuel

https://web.stanford.edu/group/efmh/jacobson/WWSStillNMN/SNMN-WhyNotCCorDAC.pdf

How green is blue hydrogen?

https://web.stanford.edu/group/efmh/jacobson/Articles/Others/21-GreenVsBlueH2.pdf

The health and climate impacts of carbon capture and direct air capture

https://web.stanford.edu/group/efmh/jacobson/Articles/Others/19-CCS-DAC.pdf

Direkte Kohlenstoffabscheidung aus der Atmosphäre (DAC) und deren geologische Lagerung (DACCS)

Auf den ersten Blick erscheint DAC wie eine echte Klimaschutztechnologie. Dabei soll mit erheblichem Energieaufwand – der theoretisch aus 100% Erneuerbaren Energien geliefert werden kann, Umgebungsluft durch großvolumige Absorber gepresst werden, in denen das Kohlendioxid abgeschieden wird. Die Luft wird dadurch vom CO₂ gereinigt.

Doch schon an dieser Stelle stellt sich die zentrale Frage:

Wie kann das abgeschiedene CO₂ dauerhaft von der Atmosphäre ferngehalten werden?

Geplant ist, es in ehemaligen fossilen Lagerstätten – etwa stillgelegten Kohlegruben, Erdgas- oder Erdölfeldern – sowie in anderen geologischen Formationen (z. B. alten Bergwerken) über Jahrhunderte zu deponieren.

Kohlendioxidspeicherung (CCS) in geologischen Formationen ist nicht sicher

Die große Frage ist, ob es überhaupt solche geologischen Lagerstätten gibt, deren Deckgebirge das Kohlendioxidgas über Jahrhunderte hinweg sicher zurückhalten können. Bis heute existieren dafür keine belastbaren Belege – auch wenn die fossile Industrie immer wieder behauptet, die geologische CO₂-Lagerung sei erprobt und sicher.
Bereits auf der Wikipedia-Seite zu CCS lassen sich zahlreiche Hinweise auf bestehende Unsicherheiten nachlesen.

Schlimmer noch: Jüngste Untersuchungen zeigen, dass es in bisherigen geologischen CO₂-Speichern erhebliche Leckagen gibt.
Insbesondere die CO₂-Speicherung durch die Ölindustrie wirft ernsthafte Zweifel an der Machbarkeit einer langfristig sicheren geologischen Lagerung im erforderlichen Umfang auf.
Tests haben ergeben, dass rund 11 % der untersuchten Lagerstätten deutliche Leckagen aufweisen.

Dabei ist auch das Verpressen des CO₂ in Erdöl- und Erdgaslagerstätten kein Klimaschutz, da mit der Verpressung der Druck zum Fördern von Erdöl und Erdgas erhöht wird, um so noch große Reste der klimaschädlichen fossilen Rohstoffe fördern zu können. Von Klimaschutz kann bei dieser Art der Lagerung also auch für DACCS keine Rede sein.

So ist im Perlflussdelta in China gerade das erste CCS-Projekt in Betrieb genommen worden:

https://baijiahao.baidu.com/s?id=1832780421574302234&wfr=spider&for=pc

(einfach mit Google die Internetseite übersetzen)

Dort soll in den Offshore-Ölfördergebieten das bei der Förderung anfallende CO₂ aufgefangen und in den Lagerstätten verpresst werden. Das ausdrückliche Ziel ist nicht Klimaschutz, sondern die Erhöhung der Erdölförderung. So soll die Ölförderung in diesem Ölfeld um 200.000 Tonnen steigen. Von Klimaschutz also keine Spur. In China wird dieses CCS-Projekt zumindest offen als Maßnahme zur Erhöhung der Erdölförderung beschrieben.

In der EU dagegen werden solche Projekte stets als Klimaschutz dargestellt und mit hunderten Millionen Euro aus Klimaschutzgeldern subventioniert. So wurde erst vor wenigen Tagen das neue Projekt Longship vorgestellt, bei dem ein Schiff in Betrieb genommen wurde, welches CO₂ von Zementwerken in die norwegischen Lagerstätten transportieren soll.

Will man allerdings größere Mengen an Kohlendioxid liefern, werden die Dimensionen schnell gigantisch. Für ein Zementwerk mit Jahresemissionen von 500.000 Tonnen CO₂ – ein realistischer Wert – würde die Zahl der jährlich notwendigen Containertransporte etwa 25.000 betragen.

DACCS-Anlage von Climeworks erfüllt die Erwartungen nicht

Nun ist durch isländische Investigativjournalisten auch die direkte Abscheidung aus der Atmosphäre (DAC) ins Zwielicht gerückt. Sie untersuchten die bisher weltgrößte DAC-Anlage der Schweizer Firma Climeworks.

So ist deren Energieaufwand der Anlage wesentlich höher als bisher angegeben, während die Abscheidungsrate deutlich niedriger ausfällt. Im Endeffekt kann die Anlage nicht einmal die Menge Kohlendioxid abscheiden, die sie selbst verursacht.

Natürlich können zukünftig technologische Verbesserungen erzielt werden. Doch wenn schon bei diesem ersten großen, zig-Millionen teuren Projekt die tatsächlich erreichten Werte derart stark von den angepeilten Ergebnissen abweichen, sind Zweifel angebracht, ob DAC angesichts des immensen Kapital-, Energie- und Materialbedarfs überhaupt jemals eine realistische Chance auf Realisierung hat.

Kohlendioxidabscheidung, -deponierung (CCS) und blauer Wasserstoff

CCS soll beispielsweise Erdgaskraftwerke klimafreundlicher machen. Das im Schornstein entweichende CO₂ soll aufgefangen, abgeschieden und deponiert werden. Schon die Abscheidung am Schornstein ist jedoch höchst fraglich, da niemals 100 % des CO₂ abgeschieden wird – eine erhebliche Menge entweicht daher weiterhin mit den Verbrennungsgasen in die Atmosphäre. Wie oben bereits dargestellt, ist eine sichere geologische Deponierung ebenfalls höchst unsicher.

Hinzu kommt, dass Erdgas in der Vorkette hohe Methan- und CO₂-Emissionen an den Bohrlöchern und durch undichte Pipelines verursacht – ebenso durch Leckagen bei LNG-Schiffen und LNG-Terminals. Diese Methanemissionen am Bohrloch und beim Transport können nicht am Schornstein des Kraftwerks aufgefangen werden. Ähnliches gilt für fossiles CCS bei der Verbrennung von Erdöl und Kohle. Auch CCS bei der Zementherstellung ist fragwürdig, insbesondere wegen der unsicheren Deponierungsmöglichkeiten.

CCS aus fossilen Quellen ist somit kein Klimaschutz, sondern höchst klimaschädlich. Es handelt sich daher tatsächlich um Betrug am Klimaschutz, wie Jacobson sagt – und dies ist wissenschaftlich gut belegt.

Kohlendioxidnutzung (CCU) und E-Fuels

CCU soll das mit DAC oder CC eingefangene CO₂ in kohlenstoffhaltige Produkte des täglichen Bedarfs umwandeln: Kunststoffe, Farben, Verpackungen und vieles mehr.
CCU aus fossilem CC ist jedoch kein Klimaschutz, da die Vorkettenemissionen bei Erdgas, Erdöl und Kohle als Kohlenstoff nicht in den Materialien gespeichert werden können.

Zudem haben diese CCU-Produkte nur eine begrenzte Lebensdauer. Im besten Fall landen sie nach der Nutzung in der Müllverbrennung, wodurch das CO₂ wieder in die Atmosphäre gelangt. Das hilft dem Klimaschutz keinesfalls.

Genauso verhält es sich mit E-Fuels: Das mit DAC oder CC eingefangene Kohlendioxid wird in energieaufwändigen Verfahren (z. B. Fischer-Tropsch) zu Kraftstoffen weiterverarbeitet. Bei der Verbrennung im Motor entweicht das CO₂ erneut in die Atmosphäre. Von einer Kohlenstoffspeicherung kann somit keine Rede sein. Mit DAC sind solche Anwendungen bestenfalls kohlenstoffneutral, was angesichts des hohen Energie- und Materialaufwands kaum wirtschaftlich darstellbar ist. Auch hier ist kein wirksamer Klimaschutz erkennbar – somit handelt es sich um Betrug.

Bioenergienutzung mit Kohlenstoffabscheidung und -deponierung (BECCS)

Zunächst gehört die Bioenergie (feste Biomasse wie Holz oder Stroh, flüssige wie Biokraftstoffe, gasförmige wie Biogas oder Pyrolysegas bei der Biokohleherstellung) zu den Erneuerbaren Energien. Das gilt aber nur für einen regenerativen, am besten biologischen Anbau, womit die Vermeidung von Mineraldünger und Pestiziden einhergeht. Mineraldünger und Pestizide sind mit der Nutzung fossiler Rohstoffe verbunden, womit unweigerlich Treibhausgasemissionen entstehen.

Bioenergie aus regenerativer Landwirtschaft kann nicht nur fossile Energien substituieren und damit fossile Emissionen beenden, sondern sogar im Boden Humus aufbauen, womit erhebliche Kohlenstoffspeicherungen möglich werden. So wird Bioenergie tatsächlich zum Klimaschützer.

BECCS kommt allenfalls für Bioenergie aus regenerativer Landwirtschaft in Betracht. Doch auch hier bleiben ungelöste Fragen zur CO₂-Deponierung und zur langfristigen Sicherheit der Lagerung über Jahrhunderte bestehen.

Werden aus dem bei der Bioenergie aus regenerativem Anbau abgeschiedenen Kohlenstoff stoffliche Produkte hergestellt, die fossile Chemikalien (wie Farben, Lacke, Biokunststoffe) ersetzen, kann das einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten – vorausgesetzt, die Energiebilanz der Produktion ist ebenfalls erneuerbar. Entscheidend für den Markterfolg wird jedoch die Kostenfrage sein.

Darüber hinaus müssen bei allen Bioenergien, vor allem bei der Verbrennung, klassische Emissionen wie Luftschadstoffe zur Vermeidung von Gesundheitsrisiken minimiert werden. Technisch ist das möglich, wird aber nicht überall umgesetzt. Zudem ist eine nachhaltige Forst- und Landwirtschaft unerlässlich: Sobald mehr Holz geschlagen wird als nachwächst, wird die Klimabilanz sofort negativ.

Was sind die Lösungen?

Klimaschutz kann nur mit Technologien gelingen, die im gesamten Lifecycle tatsächlich keine Treibhausgasemissionen verursachen – und mit solchen, die das aus der Atmosphäre (nicht aus fossilen Verbrennungsprozessen) entfernte Kohlendioxid dauerhaft speichern.

Im Mittelpunkt stehen 100 % Erneuerbare Energien: Sie können die globalen, energiebedingten Treibhausgasemissionen fast vollständig vermeiden. Durch den Ersatz von Erdöl, Erdgas und Kohle ließen sich so rund 60 % aller Emissionen einsparen.

Darüber hinaus braucht es eine Kreislaufwirtschaft, die keine Emissionen mehr verursacht. Im Zentrum steht eine Chemieproduktion auf Basis nachwachsender Rohstoffe wie Pflanzen, Pilzen und Algen – statt fossiler Petrochemie auf Grundlage von Erdöl, Erdgas und Kohle.

Die Landwirtschaft für den Anbau dieser Rohstoffe muss mit regenerativen, idealerweise biologischen Anbaumethoden alle Emissionen vermeiden – und darüber hinaus durch Humusaufbau und Aufforstung Kohlenstoffsenken schaffen. Eine marine Wirtschaft mit Algen, Seegraswiesen und Mangroven kann ebenfalls wesentlich zu den notwendigen Kohlenstoffsenken beitragen.

DACCS, CCS, blauer Wasserstoff und E-Fuels können hierfür keinen Beitrag leisten. Sie sind tatsächlich Betrug am Klimaschutz, wie Mark Z. Jacobson zu Recht betont.