Die Mongolei wird zunehmend vom Klimawandel geschädigt, verschmutzt das Klima jedoch weiterhin stark durch den Einsatz von Kohle

Letzte Woche war ich als Redner zur 3. Mongolischen Photovoltaikkonferenz eingeladen worden.

Bezeichnend ist, dass die erste PV-Konferenz schon 2001 und die zweite 2002 stattfand. Mitte der Nullerjahre führte die Mongolei ein EEG ein, welches jedoch nur kleine Fortschritte für die Erneuerbare Energien brachte – in einem Land mit über 300 Sonnentagen, großem Windkraftpotenzial und riesigen, oft menschenleeren Flächen.

Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Energieversorgung liegt bei nur 2%, bei der Elektrizitätsversorgung hingegen bei 10% – hauptsächlich aus Windkraft, gefolgt von Solarenergie und Wasserkraft. Die Hauptenergiequelle des Landes ist Kohle für Stromversorgung und Heizung – in einem Land mit extrem kalten Wintern, die oft Temperaturen unter -40°C erreichen. Die heimische Kohle deckt etwa 70% der Energieversorgung, der Kohleverbrauch ist seit 2000 um 143% gestiegen. Erdöl, vor allem im Verkehrssektor, macht etwa 27% aus; Erdgas aus Russland spielt eine untergeordnete Rolle.

Die Ergebnisse des Versagens des Ausbaus der Erneuerbaren Energien in dem Land mit etwa 3,5 Millionen Einwohnern – davon etwa 1,5 Millionen in der Hauptstadt Ulaanbaatar – sind erschreckend: Die CO2 Emissionen stiegen seit 2000 um 164%. Die Pro-Kopf-Emissionen sind mit 7 Tonnen etwa so hoch wie die eines Deutschen, obwohl weiterhin Armut weit verbreitet ist. Auch die Mongolei erlebt immer stärkere Auswirkungen des Klimawandels mit häufigeren Wetterextremen. Dabei nehmen sowohl die Sommerhitze als auch die Kälteperioden im Winter zu. Diese extremen Wechsel, bei denen auf einen heißen Sommer ein besonders kalter Winter folgt, nennt man „Dzud“ – diese Wetterextreme treten immer häufiger auf.

In Ulaanbaatar ist die Luft zudem durch Kohlekraftwerke und Kohleheizungen stark belastet, was ich sofort bei meiner Ankunft in der Stadt feststellen konnte. Laut der Weltgesundheitsbehörde (WHO) beläuft sich die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Luftverschmutzung in der Mongolei auf etwa 132 pro Jahr pro 100.000 Einwohner – im Weltdurchschnitt sind es 92. Die Gesundheitsbelastungen durch Kohle verteilen sich ungefähr je zur Hälfte auf die Elektrizitätserzeugung durch Kohlekraftwerke, die die Außenluft (outdoor) verschmutzen und auf Kohleheizungen in den Häusern und sogar Jurten in ländlichen Räumen, die die Raumluft (indoor) belasten.

Der Anteil der Erneuerbaren Energien soll nur moderat steigen

Auf der 3. Mongolischen PV-Konferenz stellte die seit Frühjahr 2024 neu gewählte Regierung ihr Energieprogramm vor: 30% Erneuerbare Energien an der Stromversorgung und zusätzlich ein weiterer Ausbau der Kohle bis 2030. Zudem führte sie kürzlich erste Gespräche mit dem französischen Atomkonzern EDF über einen möglichen Bau eines Atomkraftwerkes und Uranabbau für die französischen Kraftwerke.

In meinem Beitrag stellte ich dar, dass dies die teuerste Option für die künftige Energieversorgung sei. Heute sind Erneuerbare Energien plus Speicher bereits die kostengünstigste Option, selbst im Vergleich mit bestehenden Kohlekraftwerken und erst recht im Vergleich mit Kernenergie. Zudem würden die hohen gesellschaftlichen Kosten, wie die der krankmachenden Luftverschmutzung oder Radioaktivitätsemissionen aus Bergwerken, sogar noch steigen.

Prof. Dr. Eicke Weber, ehemals Professor in Berkeley und früherer Leiter des ISE Freiburg, zeigte in seinem Vortrag die rasante Entwicklung und Kostensenkung der PV weltweit und unterstrich so unsere gemeinsame Empfehlung, dass auch die Mongolei innerhalb von zehn Jahren auf 100% Erneuerbare Energien umstellen könnte und müsste – aus Gründen des Klima- und Gesundheitsschutzes. Zudem stellte er eindrucksvoll dar, dass dies auch ökonomisch die beste Option für die Mongolei wäre.

Ich empfahl den Regierungsvertretern zudem im persönlichen Gespräch, eine technisch-ökonomische Studie anfertigen zu lassen, die den Energiebedarf im Strom-, Heizungs-, Verkehrs- und Industriesektor ganzjährig zu jeder Stunde des Jahres in etwa 10 Jahren auf 100% Erneuerbare Energien umstellt – so wie sie die Energy Watch Group zusammen mit der Lappeenranta Universität längst für die ganze Welt und einzelne Nationen veröffentlicht hat. Die Regierungsvertreter zeigten Interesse, und wir vereinbarten, dazu weiter in Kontakt dazu zubleiben.

Ich empfahl der mongolischen Regierung auch, sich an der chinesischen Provinz Innere Mongolei zu orientieren. Diese ist ähnlich kohlereich wie die Mongolei. Den Ministerpräsidenten der Inneren Mongolei hörte ich auf der größten PV-Konferenz der Welt, der SNEC 2024 in Shanghai, im Juni sprechen. Er strebt einen schnellen Ausstieg aus der Kohle und den Umstieg auf ausschließlich Erneuerbare Energien an.

Meinen Vortrag in Ulaanbaatar können Sie auf meiner Homepage einsehen genauso wie meinen wissenschaftlichen Beitrag für die Konferenzbroschüre.

Das mongolische EEG wird gerade novelliert

Da die Regierung der Mongolei gerade das EEG novellieren will, gab ich die Empfehlung, zu den Grundstrukturen des mongolischen EEG vor 2015 mit gesetzlich geregelter, fester Einspeisevergütung zurückzukehren. 2015 stellte die Mongolei auf Ausschreibungen um und setzte Vergütungssätze für kleine Dach-PV fest, die unter der Wirtschaftlichkeitsschwelle liegen. Der Ausbau wurde dadurch massiv blockiert, da bürgerliche Investitionen nicht mehr möglich waren und sich nur noch auf wenige Großinvestoren beschränkten. Auch die Mongolei folgte so dem verheerenden Vorbild Deutschlands, das unter Kanzlerin Merkel auf Ausschreibungen umgestellt hatte – eine Entscheidung, die den globalen Klimaschutz insgesamt behinderte.

Scheers Buch „Energetischer Imperativ“ wurde ins Mongolische übersetzt

In der Abendveranstaltung mit wunderschöner mongolischer Folklore wurde auch die mongolische Übersetzung des Buches „Energetischer Imperativ“ von Hermann Scheer (leider schon 2010 verstorben) vorgestellt. Prof. Dr. Enebish Namji, auch Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der EWG, von der University of Mongolia und Organisator der PV-Konferenz, hatte das Buch, wie schon vor Jahren „Energieautonomie“, ins Mongolische übersetzt. Zu dieser neuen Übersetzung habe ich ein Vorwort verfasst. Dieses können Sie auf meiner Homepage sehen.

Beeindruckendes Solarhaus in Ulaanbaatar

Am Nachmittag des zweiten Konferenztages besuchten wir gemeinsam das Haus von Herrn Batbold, einem mongolischen Solarunternehmer von der Firma Erchim Engineering. Er entwickelt speziell für die extremen klimatischen Bedingungen der Mongolei angepasste Solarlösungen. Sein Privathaus am Rand von Ulaanbaatar ist sehr beeindruckend. In der Mongolei herrscht etwa sechs Monate Winter. Jetzt, Ende Oktober, liegen die Nachttemperaturen bereits bei -10°C; im tiefen Winter sinken sie oft unter -40°C. Allerdings scheint die Sonne auch im Winter sehr konstant.

Mit einer PV-Anlage (16 kW), einer Solarthermieanlage, einer Batterie (16 kWh), einem Wärmepufferspeicher, einer Wärmepumpe und einem Wintergarten, der die passive Sonnenenergie einfängt, kann das sehr gut gedämmte Haus ganzjährig beheizt und mit Strom versorgt werden.

Herr Batbold legt bei seinen Entwicklungen angepasster Solarhäuser auch großen Wert auf eine emissionsfreie Kreislaufwirtschaft. Er plant, solar versorgte Strohballenhäuser zu entwickeln, da Holz in der Mongolei eher rar ist. Zudem entwarf er solare Konzepte für die noch immer weit verbreiteten Jurten in den ländlichen Räumen. Für eine bessere Dämmung der Jurten entwickelte er eine spezielle Schafwolledämmung. Die komplette Energieversorgung, einschließlich der Heizung der Jurten, gelingt ihm allein mit PV. Sein Ziel ist es, alle Kohlekamine bei mongolischen Jurten abzuschaffen und den Menschen eine saubere Raumluft ohne gesundheitsgefährdende Kohleabgase zu ermöglichen.