Klimakonferenz in Glasgow? Klimaschutz wird vor Ort geschaffen.

Liebe Leserinnen und Leser,

Klimakonferenz in Glasgow? Klimaschutz wird vor Ort geschaffen.

Nun trifft sich die Weltgemeinschaft zur 26. UN-Weltklimakonferenz in Glasgow: die Regierungen der Welt, die Medien und mit ihnen unzählige NGOs, Aktivist*innen, aber auch die Klimazerstörer*innen aus dem Lobbysystem der fossilen Wirtschaft, während letztere  nur das Ausbremsen des Klimaschutzes im Sinne haben. Sie alle werden sinngemäß große theatralische Worte wählen, wie sie auch Kanzlerin Angela Merkel oft benutzte: „Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft unseres Planeten.“ 

 

Doch am Ende wird das Ergebnis so dürftig bleiben, wie bisher auf allen UN-Klimakonferenzen und auch im nationalen Regierungshandeln fast aller Regierungen der Welt: Klimaschutz, so wie ihn die Welt bräuchte, wird nicht organisiert. Das Abgleiten der Menschheit in ihre eigene Auslöschung wird nicht verhindert, sondern im Gegenteil mit neuen Emissionen sogar beschleunigt.

 

Die Menschheit müsste, um wenigstens eine Erwärmung über 2°C zu verhindern, bis spätestens 2030 eine Weltwirtschaft organisieren, die keine Treibhausgasemissionen mehr verursacht und zudem massenhafte Kohlenstoffsenken schafft. Trotzdem zeigt sich, dass das Pariser Ziel von 1,5°C schon 2030 überschritten sein wird. Wie soll da eine Stabilisierung auf 1,5 °C gelingen, wenn nur eine Emissionsreduktion von 50% bis 2030 gefordert wird? Neue Emission – selbst die um 50% reduzierten – erhöhen die Konzentration von Klimagasen in der Atmosphäre, während jede höhere Klimagaskonzentration den Temperaturanstieg weit über 2°C hinaus beschleunigt. 

 

Im Zentrum des Klimaschutzes müsste eine Transformation der globalen Energieversorgung hin zu 100 % Erneuerbare Energien, hin zu einer biologischen Landwirtschaft und hin zu einer abfallfreien Kreislaufwirtschaft stehen. Doch das alles steht auf der offiziellen Regierungskonferenz in Glasgow trotz Drängen zahlreicher NGOs gar nicht zur Debatte.  Fast alle Regierungsvertreter*innen bemühen sich angeblich um Klimaschutz, doch in Wirklichkeit verhindern sie ihn, weil sie andere wirtschaftliche und politische Prioritäten favorisieren. Dazu zählen Wirtschaftswachstum innerhalb der fossilen Weltwirtschaft, Sicherung der fossilen und atomaren Energieversorgung, Schutz der auf fossilen Rohstoffen basierenden Konzerne, die ihre Geschäfte mit Erdöl, Erdgas, Kohle, Energie, Chemie, Automobil, Flugzeug, industrielle Landwirtschaft, Bauwirtschaft etc. machen. Ein Paradebeispiel dazu ist Frau Merkels Politik und ihre Ansichten. 

 

Diese falsche Prioritätensetzung hat seit der ersten UN-Klimakonferenz in Berlin 1995 dazu geführt, dass das Gegenteil dessen, was immer angestrebt wurde, eingetreten ist: die jährlichen Treibhausgasemissionen sind stetig gestiegen, statt zu fallen, und die Welttemperatur prescht von einem Rekord zum nächsten. Auffallend ist, dass sogar im Jahr der Corona-Weltwirtschaftskrise 2020 die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre auf ein neues Rekordniveau gestiegen ist.

 

Mit den Zielen des Schutzes der fossilen Wirtschaftskonzernen im Hinterkopf werden die Regierungen der Welt auch auf dem Gipfel in Glasgow keine Antwort auf den Klimawandel finden, obwohl die Zeit davonrennt. Jedenfalls gesteht dies Umweltstaatsekretär Jochen Flasbarth in aller Offenheit ein: „Keine Klimakonferenz kann die Welt von heute auf morgen anders machen.“ Das Ganze sei nämlich ein langer Prozess, bei dem die Staaten und die Wirtschaft zuhause die Entscheidungen treffen. Die UN-Verhandlungen sicherten nur den rechtlichen Rahmen.

 

Noch viel schlimmer artikuliert es Flasbarths Chefin, Umweltministerin Schulze: So warnte Schulze die Klimabewegung, von Weltuntergangsszenarien Gebrauch zu machen und die Klimaschutz-Politik verallgemeinernd zu kritisieren. „Diese Endzeitdebatte, wonach die Welt unterginge, wenn wir uns jetzt nicht alle sofort in unser stilles Kämmerlein begeben, uns nicht mehr bewegen und nichts mehr essen – ich übertreibe hier mal absichtlich – führt nicht zum Ziel“, sagte Schulze. 

 

Diese Worte sind ein Offenbarungseid von Umweltministerin Schulze, die in ihren 4 Jahren Regierungszeit im Klimaschutz komplett versagt hat, denn in Deutschland steigen die CO2 Emissionen im Jahre 2021 wieder weit über das schon viel zu hohe Niveau des Jahres 2020 hinaus. Sie hat nicht verstanden, dass heute die Erneuerbaren Energien – der Kern des Klimaschutzes – längst wettbewerbsfähig sind. Klimaschutz ist somit keine Verzichtshandlung und insbesondere keine ökonomische Belastung. Vielmehr ist Klimaschutz sogar wirtschaftlich rentabler und damit ökonomisch sinnvoller als die Klimazerstörung mit fossiler Energie. Jedenfalls sind heute schon Investitionen in eine Vollversorgung mit 100% Erneuerbare Energien wirtschaftlicher als in Energieerzeugung mit den klimaschädlichen Energierohstoffen Erdöl, Erdgas, Kohle und Uran, wie die Energy Watch Group erst letzte Woche aufzeigte.

 

Es stellt sich die Frage, warum eigentlich Flasbarth und andere Regierungsvertreter nach Glasgow fahren, wenn sie dort doch keine Beschlüsse erwarten, die die Weltgemeinschaft vor dem Ende der menschlichen Zivilisation retten könnte. Was nützen halbherzige Beschlüsse für einen Klimaschutzrechtsrahmen, der vielleicht 2040 greifen kann? Dann wird die Weltgemeinschaft wohl schon im 2°C Hitzefieber liegen.

 

Es wäre viel sinnvoller, die ausgezeichneten bürgerlichen Aktivitäten in Deutschland und im Ausland zu unterstützen, die 100% Erneuerbare Energien und andere Klimaschutzmaßnahmen bis 2030 in ihren Kommunen und Regionen organisieren.  Die Kraft liegt in den dezentralen Aktivitäten, die weltweit immer mehr entstehen und den Klimaschutz vor Ort aktivieren. Allein diese Woche war ich von zwei solchen hoffnungsvollen Initiativen als Redner für ihre Gründungsaktivitäten geladen, die mit viel Elan Klimaschutz mit 100% Erneuerbare Energien und weitere Klimaschutzmaßnahen bis 2030 in ihrer Region verwirklichen wollen. Genau das sind die Aktivitäten, die von allen Regierungen volle Unterstützung bekommen müssten, begleitet mit verbesserten gesetzlichen Rahmenbedingungen.

 

So hatte im fränkischen Münnerstadt der Bürgermeister und sein Klimamanager zu einer gut besuchten Bürgerversammlung geladen, um nun aktiv den Klimaschutz voranzubringen. In Erlangen wurde sogar ein neuer Verein gegründet https://forum1punkt5-mfr.de/. Spontan haben sich 47 Mitglieder bereiterklärt, aktiv die Ziele des neuen Vereins mit Klimaschutz zur Einhaltung von 1,5°C zu unterstützen.

 

Ich kann nur die Menschen in tausenden Kommunen und Regionen ermuntern, es den Münnerstädter*innen und Erlanger*innen gleich zu tun und kommunale Vereine, Energiegemeinschaften und aktive Gruppen zu gründen oder bereits bestehende ähnliche Initiativen aktiv zu unterstützen. Sie alle werden die Menschen und die regionale Wirtschaft aufklären, dass Klimaschutz keine Belastung, sondern eine Wohlstandentwicklung mit wettbewerbsfähigen Erneuerbaren Energien ist. Sie werden die Menschen und Unternehmen motivieren, dass die Umstellung auf Erneuerbare Energien der Ausweg aus den steigenden Preisen für Erdöl, Erdgas und Kohle bedeutet.

 

Sie werden dann die Menschen aufklären, dass auch in den großen Medien, von ARD und ZDF, bis zu den privaten Sendern die Falschaussagen dahingehend verbreitet werden, dass der Klimaschutz zu teuer und schuld an den Preissteigerungen sei, denn sie verschweigen dort meist die Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren Energien. So hat es ein investigatives Netzwerk aus Journalist*innen erst kürzlich akribisch genau analysiert und insbesondere die Berichterstattung des Bundestagswahlkampfs beleuchtet.

 

Wenn regionale Klimaschutzinitiativen Aufklärung betreiben, dass es genau andersherum ist, als ARD, ZDF und andere Medien, Regierungen und die Manager aus der fossilen Wirtschaft unisono verkünden, dann werden sich Klimaschutzwirtschaftswunder mit großer Wohlstandsentwicklung in all diesen Regionen entwickeln, so wie es der Landkreis Rhein-Hunsrück seit Jahren vormacht.

 

Solche dezentralen Aktivitäten, wenn sie überall stattfinden, werden eine enorme Klimaschutzwirkung entfachen. Die Regierenden selbst finden offensichtlich keinen Weg zum Klimaschutz, wie sogar die in Deutschland zuständige Umweltministerin Schulze mitsamt ihrem Staatssekretär erbärmlich konstatieren. Die lähmenden Klimaschutzverhandlungen auf UN-Ebene können aber überwunden werden, wenn Millionen Menschen selbst den Klimaschutz vor Ort entfachen und das kann sehr schnell gehen, da dann die ökonomische Kraft der billig gewordenen Erneuerbaren Energien wirkt.  Wenn immer mehr Menschen persönlich und in ihren Unternehmen Wohlstand mit Erneuerbaren Energien, mit gesunden Biolebensmitteln und einer möglichst abfallfreien Lebensweise selbst organisieren, dann werden bald auch Regierungen begreifen, wie Klimaschutz funktioniert.

 

Hammelburg, 1. November 2021,

Ihr Hans-Josef Fell