Inakzeptabel: Das LNG-Terminal-Ausbaubeschleunigungsgesetz führt zur Unterversorgung anderer Weltregionen!

Inakzeptabel: Das LNG-Terminal-Ausbaubeschleunigungsgesetz führt zur Unterversorgung anderer Weltregionen

Liebe Leser*innen,

Der Import nach Deutschland des höchst klimaschädlichen Flüssiggases (LNG) soll nun mit einem eigenen Beschleunigungsgesetz unterstützt werden. Ein vergleichbares Gesetz für Erneuerbare Energien und Energieeinsparung fehlt jedoch noch immer.

Dennoch wird für den Bau von LNG-Terminals ein Gesetz vorbereitet, welches sogar unter Missachtung von Umweltbelangen den Ausbau von LNG-Flüssiggasterminals beschleunigen soll. Im Gegensatz dazu setzt aber vor allem das deutsche Umweltministerium beim Ausbau der emissionsfreien klima- und friedensschützenden Erneuerbaren Energien immer höhere Umweltstandards (Windkraft und Vögel; Wasserkraft und Fische, Biogas und Mais, Holzheizungen und Feinstaub), die in der Wirkung sogar zu einem Abbau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen führen wird und zudem den Ausbau drastisch verlangsamt. Dies steht in starkem Kontrast zum geplanten Beschleunigungsgesetz für LNG-Terminals.

Begründet wird der schnelle Ausbau der LNG-Terminals mit der völlig richtigen Forderung nach einem Ausstieg aus den russischen Energielieferungen, womit auch Deutschland noch immer erheblich zur Kriegsfinanzierung Russlands beiträgt. Bisher finanzieren auch die deutsche Bevölkerung und die Regierung diesen furchtbaren Aggressionskrieg Russlands mit Tausenden von Toten mit.

Für den Ausbau der LNG-Terminals wird allerdings billigend in Kauf genommen, dass die Nutzung von LNG – ähnlich wie die Nutzung von russischer Energie – politische Verwerfungen mit erheblichen geopolitischen Auswirkungen in vielen anderen Weltregionen hervorruft.

Entscheidend ist es, sich bewusst zu machen, dass auch Erdgas, genauso wie Erdöl, Kohle und Uran, eine endliche Ressource ist, deren Knappheiten immer mehr politische Verwerfungen, Krisen und Kriege verursachen.

Wie eng die Lieferkapazitäten sind und zunehmend werden, zeigen die Erdgasförderkurven zweier Länder, die in besonderem Fokus der deutschen Diversitätswünsche stehen, um russisches Erdgas zu ersetzen. Norwegen hat das Maximum der Erdgasförderung bereits 2017 und Katar schon 2015 überschritten. Tendenziell muss also ein Förderrückgang erwartet werden, obwohl die Nachfrage weiter zunimmt.

Diese zwei zentralen Lieferländer stehen für viele andere. Klar ist, dass der Ersatz der russischen Erdgaslieferungen für Deutschland durch andere Lieferländer wie Norwegen oder Katar nur dadurch erfüllt werden kann, wenn deren andere Kunden dann weniger bekommen.

Diese anderen Kunden haben aber nicht plötzlich die Erneuerbare Energien entdeckt oder massiv Energie eingespart. Überall dort gibt es die gleichen Befürchtungen wie in Deutschland: Dass man sich einen Ausstieg aus dem Erdgas oder Erdöl aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen nicht leisten kann. Dennoch werden nun viele Kundenländer, die weniger zahlungskräftig als die reiche EU sind, vom Erdgas abgehängt. Aufstände, Krisen, Kriege drohen nun genau jenen Ländern.

Ein jüngstes Beispiel ist Pakistan, wo sich die Lage akut zuspitzt:

Dort hat die Regierung vor dem internationalen Gerichtshof in London bereits Klage gegen die italienische Firma ENI und GUNVOR aus Singapur erhoben. Beide Unternehmen haben Verträge gebrochen und erhebliche Mengen LNG nicht nach Pakistan geliefert. Es ist unbekannt, wohin das LNG stattdessen geliefert wurde. Es liegt aber der Verdacht nahe, dass es ins zahlungskräftigere Europa geliefert wurde, das aufgrund seines Ausstiegszieles aus russischen Energielieferungen dringend Ersatz beordert.

Dies zieht nun eine verheerende Energiekrise in Pakistan nach sich. Die Preise sind massiv gestiegen, aber schlimmer noch, es gibt erhebliche Stromausfälle. Diese fallen ausgerechnet in eine Hitzewelle in Pakistan und Indien, die den beiden Ländern Temperaturen bis zu 49°C beschert.

Ein Hitzeniveau, welches noch nie zuvor im April verzeichnet wurde und welches viele Menschen ohne den Schutz von Klimaanlagen schlicht nicht mehr überleben können. Die massive Zunahme der Stromnachfrage durch Klimaanlagen fällt einerseits zusammen mit den fehlenden Erdgaslieferungen. Andererseits kommt der Ausfall von Kohlekraftwerken erschwerend hinzu, denen schlicht das Kühlwasser und auch die Kohle fehlt, die in der langandauernden Trockenheit über die niedrigen Flusspegel nicht mehr herangeschafft werden kann. Indien und Pakistan haben nun täglich mit stundenlangen und massiven Stromausfällen und damit nicht nur mit dem Ausfall von Klimaanlagen zu kämpfen.

Es ist eine Frage der Zeit, wann sich die Menschen in Pakistan und Indien gegen die Energiearmut mit Protesten und Gewalt erheben. Die Lage ist hochgefährlich, auch da die jetzt in Afghanistan nun sicher im Regierungssattel sitzende Terrororganisation Taliban schon lange versucht, sich auf andere Länder, insbesondere Pakistan auszubreiten. In einer solchen instabilen Lage haben Terrororganisationen häufig ein leichteres Spiel. Die Lage ist vor allem auch deshalb so gefährlich, weil Pakistan und ebenso Indien Atommächte sind und daher eine Machtergreifung der Islamisten diesen den Zugriff zur Atombombe schaffen würden. Ein Horrorszenario auch für uns in Europa.

Der Ausbau der LNG-Terminals auch in Deutschland trägt also mit zu einer politischen Destabilisierung anderer Länder und Regionen bei, die nun weniger LNG, aber auch Erdöl oder Kohle bekommen, weil Europa die Weltenergiemärke immer weiter leerfegt.

Dies spricht nicht dafür, weiter an russischen Energielieferungen nach Europa festzuhalten, sondern es spricht dagegen, diese russische Energie mit LNG, Erdöl, Kohle und Uran aus anderen Weltregionen zu ersetzen. Europa muss analog zu anderen Ländern, wie eben auch Pakistan und Indien, sich voll auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien konzentrieren.

Die Umstellung auf Erneuerbare Energien ist auch aus Gesamtsicht der globalen Problemlage zwingend erforderlich. Denn die Hitzekatastrophen werden nicht nur in Indien oder Pakistan mit jedem Zehntelgrad höherer Erdtemperatur zunehmen. Dadurch werden wiederum verheerende Folgeeffekte in Gang gesetzt, wie das Sterben Tausender Menschen infolge von Hitze oder Lebensmittelmangel aufgrund vertrockneter Felder.

LNG aus Fracking-Regionen, wie es nun in den geplanten deutschen Terminals ankommen soll, ist bis zu 30% klimagasintensiver als die schon höchst klimaschädliche Kohlenutzung. Auch tausende vorzeitig sterbende Menschen durch Krankheiten wie Krebs, Lungenkrankheiten, Herz-Kreislaufkrankheiten kommen auf das Konto von LNG. Wie eine neue Harvard-Studie jüngst herausgefunden hat, liegen die Hotspots solcher tödlichen Krankheiten gerade in den US-amerikanischen Erdöl- und Erdgasfracking-Regionen, die nun das LNG nach Europa in die beschleunigt aufzubauenden deutschen LNG-Terminals liefern sollen.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der Ausbau von Infrastruktur zur vermehrten Nutzung von fossilen Energien infolge von Diversifizierung russischer Energielieferungen wird in anderen Weltregionen geopolitische Verwerfungen schaffen. Dies schürt wiederum Aufstände, Umstürze, Kriege und führt über die Erdüberhitzung auch zu Zerstörungen und Toten, sowie zu Krankheitstoten in den Förderregionen. Es kann und darf nicht sein, dass wir die russischen Energielieferungen mit fossiler und atomarer Energie aus anderen Weltregionen ersetzen, wodurch dann dort Tod und Zerstörung entstehen – jenes Leid, das wir in der Ukraine alle beenden wollen.

Es gibt nur einen Ausweg: Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien. Daher brauchen wir dringend ein Beschleunigungsgesetz für den Ausbau von Wind, Sonne, Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie – aber kein Beschleunigungsgesetz zum LNG-Terminalausbau.

 

Hammelburg, 2. Mai 2022,

Ihr Hans-Josef Fell