Flexibilität von Biogasanlagen kann nun doch ausgebaut werden

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Flexibilität von Biogasanlagen kann nun doch ausgebaut werden
Bundestag korrigiert dramatischen Fehler seines Beschlusses vom Dezember 2020

In der EEG-Novelle vom Dezember 2020 hatte die schwarz-rote Mehrheit im Bundestag einen dramatischen Fehler gemacht. Ausgerechnet der Flex-Bonus für Biogasanlagen wurde – sogar rückwirkend – für Bestandsanlagen massiv gekürzt, womit eine positiv in Gang gekommene Umrüstung von Biogasanlagen zu mehr Flexibilität jäh gestoppt wurde.

Nun hat der Bundestag seinen Fehler mit der EEG-Novelle im Juni 2021 korrigiert und das ist gut so. Biogasanalgen laufen immer noch meistens in der Grundlast, erzeugen also Strom auch dann, wenn viel Solar- und Windstrom im Netz ist. Dabei sind gerade Biogasanlagen in der Lage – sofern sie dafür technisch umgerüstet werden – flexibel vor allem dann Strom einzuspeisen, wenn es Solar- oder Windflauten gibt, meistens während den sogenannten winterlichen Dunkelflauten, in denen auch die Abwärme der Biogasanlagen benötigt wird. Um die Mehrkosten für diese Umrüstung aufzufangen, wurde der Flex-Bonus eingeführt, welcher eine positive Wirkung entfaltet und nun wieder entfalten kann.

Die komplizierten Ergebnisse der Juni-Novelle sind:

  1. Der Flexibilitätszuschlag für den bereits mit der Flexibilitätsprämie geförderten Teil der Anlagenleistung wird nicht gestrichen, sondern steigt sogar ein wenig von 40 auf 50 €/kW für die zehnjährige zweite Förderperiode. Das bringt etwa 750 Mio. € zusätzliche Kaufkraft in die Branche.
  2. Als bereits gefördert gilt der Teil der Anlagenleistung, für den bis zum Ende der ersten Förderperiode jeweils volle 1.300 € Flexibilitätsprämie gezahlt wurde. Damit wird auch berücksichtigt, wenn keine 10 Jahre Flex-Prämienanspruch bestanden. Beispiel: 500 kW mit nur 6 Jahren Flex-Prämie zählen wie 300 kW geförderte Leistung. Bei mehr als doppeltem Zubau gilt das 0,5-fache der installierten Leistung als gefördert.
  3. Für die übrige Leistung und für alles, was noch hinzugebaut wird, gibt es 10 Jahre lang 65 €/kW Flex-Zuschlag.

Leider steht die vom Bundestag beschlossene Regelung noch unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Prüfung der Europäischen Kommission. Dies zeigt erneut auf, wie verfehlt die Steuermilliarden zur Senkung der EEG-Umlage sind. Würde die EEG-Umlage weiter wie bis 2020 nur aus dem Strompreis bezahlt, wäre es keine Beihilfe und die Kommission hätte keine Berechtigung zur Beihilfeprüfung.

Der verbesserte Flexibilitätszuschlag ist ein wichtiger Anreiz, die bestehenden Biogasanlagen besser auf die Erfordernisse der Zukunft vorzubereiten, obwohl die Marktsignale dies weder anzeigen noch refinanzieren können. Denn es ist völlig klar, dass Biogas-Blockheizkraftwerke (BHKW) in Zukunft nicht mehr laufen sollten, wenn genug Strom aus Wind und Sonne im Netz ist. Das spart Netzausbau, Speicherausbau und Netzbetriebskosten – bis zu 3 GW Biogasleistung werden dadurch „frei“.

Stattdessen müssen die (vergrößerten, effizienteren) BHKW mit umso höherer Leistung einspeisen, wenn Wind und Sonne schwächeln und die fossilen Kraftwerke aus dem Markt sind. Werden nur die Hälfte der Biogasanlagen zu Speicherkraftwerken umgebaut, dann können sie über 10 GW Spitzenlast liefern und sämtliche Kernkraftwerke ersetzen. Sie liefern dann in einer dunklen Flaute aus ihren Speichern das Zehnfache der Strommenge, wie alle deutschen Pumpspeicherwerke.

Auch die Ökologisierung der Biogasanlagen, weg von Maismonokulturen, ist ein wichtiges Ziel, das auch mit Hilfe des Flex-Bonus umgesetzt werden kann:

Aus Reststoffen der Landwirtschaft wie Mist, Gülle, Stroh und Rübenblättern, gärfähigen Abfällen und dem Aufwuchs aus Blühflächen und Bienenweiden („bunte Biomasse“) kann man nachhaltig doppelt so viel Biogas gewinnen wie heute, und obendrein den Boden mit Humus anreichern.

Die Energiegewinnung aus Biogas könnte sogar die Funktion erfüllen, die schwindenden Erlöse aus Tierhaltung und Futtermittelanbau durch mehr Gewinne aus Strom- und Wärmeversorgung auszugleichen. Damit bekämen Landwirte Anreize, aus der Massentierhaltung auszusteigen, was aus Gründen des Tierwohl, einer gesunden Ernährung und des Klimaschutzes zwingend erforderlich ist.

Damit leistet der neue EEG-Beschluss einen wichtigen Beitrag zur Energiewende, zur ländlichen Wertschöpfung, zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit, was es auch gleich ohne den schwarz-roten Fehler der Dezember Novelle hätte geben können.

 

Hammelburg, den 05. Juli 2021

Ihr Hans-Josef Fell