Atomdebatte, TÜV Süd und Niedersachsenwahl

Atomdebatte, TÜV Süd und Niedersachsenwahl

 

Liebe Leser*innen,

 

in den letzten Wochen haben viele große Medien, sowie CDU, CSU und FDP die Befürwortung der Atomkraft wieder massiv betrieben. Offensichtlich wurde im Hintergrund von der Atomwirtschaft eine ähnliche Kampagne wie ab 2008 gefahren. 2010 führte diese dann zum Abschaffen des Rot-Grünen Atomausstiegsgesetzes und zur Laufzeitverlängerung unter der von Merkel geführten CDU/CSU und der FDP geführten Regierung, die allerdings dann nach dem Supergau in Fukushima wieder zurückgenommen wurde.

 

Die Atomkraft, so deren Befürworter*innen, solle einen Beitrag für die Energieversorgungssicherheit liefern, nicht nur mit einem Streckbetrieb bis April 2023, sondern gar mit Laufzeitverlängerung der drei noch in Betrieb befindlichen Atomreaktoren, oder mit einer Reaktivierung abgeschalteter Kraftwerke. Sogar der Neubau von Atomkraftwerken wurde vorgeschlagen.

 

Nun haben die Wahlen in Niedersachsen gezeigt, dass die Atomdebatte den Befürworter*innen politisch offensichtlich sogar schadete. Die Atomparteien CDU und FDP haben in der Niedersachsachsenwahl zusammen gut 8% an Stimmen verloren, wobei die Antiatompartei Bündnis 90/Die Grünen fast 6 % zugelegte. Die FDP ist gar aus dem Landtag geflogen.

 

Das Thema Energieversorgung war dabei das wichtigste und relevanteste Thema im Wahlkampf. Dies bedeutet eine Stärkung für die Grünen im Bund, die vor allem von der FDP in der Ampelkoalition stark unter Druck gesetzt wurden, doch einer Laufzeitverlängerung zuzustimmen. Die Grünen setzten im Niedersachsenwahlkampf gegen massiven Druck von CDU und FDP standhaft auf das beschlossene Abschalten des Atommeilers Emsland in Niedersachsen.

 

Dabei behaupten die Atombefürworter*innen immer, dass die Atomkraft sicher sei, und ignorieren alle gegenteiligen Belege, nicht nur in Tschernobyl, Fukushima, sondern auch im Ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja, wo selbst die atomfreundliche Internationale Atomenergiebehörde IAEA ständig vor einem großen Unfall im Kriegsgebiet Ukraine warnt, mit der Gefahr einer großflächigen Verseuchung auch in ganz Europa.
Terrorangriffe und Sabotage mit verheerenden Auswirkungen kann es nicht nur in Kriegsgebieten, sondern auch in Deutschland geben, wie der Anschlag auf die Deutsche Bahn erst kürzlich zeigte.

 

Doch die Befürworter*innen berufen Sich immer auf Gutachter, die der Atomkraft „beruhigende“ Sicherheitszeugnisse ausstellen.
Erst im Sommer hat der TÜV Süd dem Atomkraftwerk Isar 2 genügend Sicherheit für einen Weiterbetrieb attestiert, obwohl es wegen des beschlossenen Atomausstiegs seit Jahren dort keine Sicherheitsüberprüfung mehr gegeben hat.
Das für die Atomaufsicht zuständige Bundesumweltministerium hatte die Qualität dieses TÜV-Gutachten vollständig in Frage gestellt.

 

Doch dies haben CSU, CDU und FDP wie immer nicht interessiert.
Dabei war der TÜV Süd schon immer der willfährige Vollstrecker der Bayrischen Staatsregierung, um deren Atompläne mit durchpeitschen zu helfen.
Während den Wackersdorf Anhörungen gab es vom TÜV Süd goldene Regeln zum Durchpeitschen der Genehmigungen für die atomare Wiederaufbereitungsanlage und zur Abwehr von Bedenken.

 

Dass der TÜV Süd offensichtliche Sicherheitsbescheinigungen macht, die dann katastrophale Auswirkungen nach sich ziehen, scheinen auch CDU/CSU und FDP nicht zu interessieren. So wurde der TÜV Süd mit einer 450 Millionen Euro schweren Schadensklage von über 1000 schwer geschädigten Brasilianer*innen überzogen. Vor drei Jahren starben nach einem Dammbruch in Brasilien 270 Menschen. Zuvor hatte der TÜV Süd bescheinigt, das Bauwerk sei sicher. Mehr als tausend Hinterbliebene klagen nun gegen das Unternehmen. Auch strafrechtliche Ermittlungen laufen.

 

Dies alles scheint aber die Atombefürworter*innen aus CDU/CSU und FDP nicht zu berühren. Oder doch? Lernen sie endlich auch aus Wahlergebnissen und setzen endlich auf den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien? Man wird es sehen. Immerhin hat der Wahlverlierer Althusmann diese Erkenntnis im Interview am Wahlabend geäußert. Ob allerdings CDU-Vorstand Merz und der bayerische CSU Vorsitzende Söder dies aufgreifen werden, habe ich meine erheblichen Zweifel. Sie hätten sich zuvor über die TÜV-Skandale informieren und ihre unverantwortlichen Atomforderungen einstellen können.

 

Hammelburg, 10. Oktober, 2022

Ihr Hans-Josef Fell