Von der Leyen und Atomallianz gefährden Sicherheit, Ökonomie, Klimaschutz und Weltfrieden: Neue Analyse zeigt die massiven Gefahren der Atomkraft
Am 21.3.2024 fand in Brüssel der Atomgipfel der Atom-Allianz von etwa 30 Staaten statt.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, CDU, die einst den Atomausstieg unter Kanzlerin Merkel unterstützte, zeigte hier ihr wahres Gesicht: Ihre längst vollzogene Kehrtwende hin zur vollen Unterstützung der Atomenergie. Im Folgenden ein Auszug aus ihrer Rede:
„Ich stelle zudem fest, dass viele Länder nach der globalen Energiekrise, die durch die Invasion Russlands in die Ukraine verursacht wurde, einen neuen Blick auf die mögliche Rolle werfen, die die Atomenergie spielen könnte. Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens um unsere Klimaziele zu erreichen: Wir dürfen nicht vergessen, dass Kernenergie weltweit nach der Wasserkraft die zweitgrößte Quelle für emissionsarmen Strom ist. Zweitens um unsere Energiesicherheit zu gewährleisten: Die Länder versuchen, ihre Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen zu verringern. Drittens kann die Kernenergie einen zuverlässigen Anker für die Strompreise bilden und damit unsere Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten. …. Unsere kommissionseigenen Prognosen zeigen ebenfalls, dass die Kernenergie mehrheitlich erneuerbare Energiequellen ergänzen und Letztere bis 2050 das Rückgrat der Stromerzeugung in der EU bilden werden.“
Die von ihr genannten Gründen sind nicht tragfähig. Sie verkennt, dass die CO2-freien Erneuerbaren Energien die Stromerzeugung aus Kernenergie bereits deutlich übertroffen haben: Im Jahr 2023 stammte etwa 9 % der weltweiten Elektrizität aus Atomkraftwerken.
Die Erneuerbaren Energien trugen aber schon etwa 30% bei.
Ihr Vergleich von Atomkraft mit Wasserkraft ist offensichtlich so gewählt, um über den schwachen Beitrag der Atomenergie hinweg zu täuschen.
Zudem wird es mit der Atomenergie keine Unabhängigkeit von Importen geben, da die wenigsten Atomkraft betreibenden Länder über eigene Uranressourcen verfügen. Zumeist sind sie zu 100% von Uranimporten abhängig. Und es ist bezeichnend, dass die EU-Kommission bisher keine Sanktionen gegen den Import von Brennelementen aus dem Kriegstreiberland Russland verhängt hat.
Atomenergie ist auch keineswegs günstig, wie die jüngsten Strompreisschock-Wellen in Frankreich verdeutlichen. Anders als in Deutschland, wo die Preise sinken, sind die Strompreise in Frankreich in den letzten 12 Monaten um fast 40 % gestiegen, und weitere Erhöhungen werden erwartet
Neue wissenschaftliche Studie widerlegt die Behauptung, dass Atomkraft zum Klimaschutz beitragen kann
Von der Leyens Behauptungen über den Beitrag der Atomenergie zum Klimaschutz stehen im Widerspruch zur Realität.
Unter dem Titel: „Evaluierung der Nachhaltigkeit der Atomenergie in Bezug auf Klimaschutz, Klimaanpassung, technologische Risiken, Ökonomie und Unvereinbarkeit in einem Energiesystem mit Erneuerbaren Energien“ haben Fabian Präger, Christian Breyer, Hans-Josef Fell, Christian Von Hirschhausen, Claudia Kemfert, Björn Steigerwald, Thure Traber und Ben Wealer, kürzlich eine neue Forschung im renommierten Wissenschaftsverlag Frontiers in Environmental Economics, Section Energy Economics, veröffentlicht.
Das reviewte wissenschaftliche Papier zeigt eine ganz andere globale Atomrealität, als die von von der Leyen und den Befürwortern der Atomkraft in der Atomallianz in ihren Reden behauptete.
Kernenergie ungeeignet den Klimawandel zu bekämpfen
Sieben Argumente wurden analysiert und wissenschaftlich bewertet, warum Kernkraft ungeeignet ist, den Klimawandel zu bekämpfen.
Das Hauptargument betrifft das ungelöste technische und menschliche Risiko von Unfällen sowie der Weiterverbreitung von Atomwaffen, was voraussichtlich auch in Zukunft nicht effektiv reduziert werden kann.
Die erheblichen Kosten für Maßnahmen zur Verhinderung von Kernschmelzen, radioaktiven Lecks und anderen Unfällen sind die Hauptursache für den hohen Aufwand, der mit der kommerziellen Nutzung der Kernenergie verbunden ist. Dieser kostenintensive Charakter, kombiniert mit Sicherheitsaspekten, führt dazu, dass Kernenergie keine nachhaltige und erschwingliche Energiequelle für die kohlenstoffarme Energiewende ist und es auch in Zukunft nicht sein wird.
Atomenergie-Kosten im Vergleich zu Erneuerbaren Energien viel zu hoch und Atomenergie passt nicht mit Erneuerbaren Energien zusammen
Die Autoren weisen zudem auf erhebliche Kostenunterschiede zwischen Kernenergie und anderen nicht-fossilen Energiequellen wie Photovoltaik und Windenergie hin, insbesondere im Hinblick auf die Stromgestehungskosten. Sie betonen die Unvereinbarkeit der Kernenergie mit erneuerbaren Energiesystemen und die Notwendigkeit von Flexibilität angesichts variabler Solar- und Windressourcen, die von der nur Grundlast liefernden Kernenergie nicht erbracht werden kann.
Dies ist auch einer der Gründe, warum Kernenergie im Vergleich zu anderen Energiequellen nicht wettbewerbsfähig ist und warum die Verlängerung der Laufzeiten bestehender Atomkraftwerke kostspielig ist. Der Bau neuer Atomreaktoren ist durch lange Bauzeiten und die noch längere Entwicklung neuer technischer Generationen gekennzeichnet, die zu weit entfernt und ungewiss sind, um in absehbarer Zeit einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten.
Die Entwicklung kleiner modulare Reaktoren und nicht-konventioneller Reaktorkonzepte erfordert Jahrzehnte und hat schlechtere wirtschaftliche Aussichten.
Klimawandel erhöht Risiken der Atomenergie
In einer Zukunft mit höheren Temperaturen, mehr Wetterextremen und stärkeren militärischen Bedrohungen ist Kernkraft besonders ungünstig. In einer sich erwärmenden Welt, in der Reaktoren entweder mit niedrigen Wasserständen in Flüssen während Hitzewellen oder mit der Erwärmung der Meere konfrontiert sind, kann der Verlust von Kühlwasser zu Leistungsreduzierungen oder sogar Abschaltungen führen. Dieses Risiko verschwindet bei einer stark erneuerbaren Stromversorgung.
Weitere Probleme im Zusammenhang mit dem Klimawandel sind der Anstieg des Meeresspiegels, die Erosion der Küstenlinie und extreme Wetterbedingungen wie Küstenstürme oder Überschwemmungen. All diese Probleme werfen große Sicherheitsbedenken auf, insbesondere für Reaktoren an Küstenstandorten, da sich jeder vierte Kernreaktor der Welt an einer Küste befindet.
Suche nach den wahren Gründen für eine unterstützende Atompolitik
Da der Klimaschutz nicht als Begründung für einen Ausbau der Atomenergie gelten kann, regen die Autoren an, künftig die Beziehung zwischen der Kernkraft und den Energietransformationsprozessen in allgemeinerer Form zu untersuchen. Insbesondere sollte erforscht werden, aus welchen anderen Gründen bestimmte Länder weiterhin auf Atomkraft setzen, obwohl sie regelmäßig den Klimaschutz als Hauptmotiv anführen.
Atombefürworter gefährden unsere Zukunft
Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Untersuchung zeigen deutlich: Die Atomallianz und die EU-Kommissionspräsidentin riskieren durch ihre Unterstützung der Atomenergie, sei es durch den Weiterbetrieb alter Reaktoren oder den Bau neuer Atomkraftwerke, ein hochgefährliches und verantwortungsloses Spiel. Mit jedem Zehntel Grad höherer Erdtemperatur steigen die Risiken für einen neuen Super-GAU weltweit. Gleichzeitig behindern sie eine sichere und kostengünstige Energieversorgung, da die Kosten der Atomkraft deutlich höher sind als die der erneuerbaren Energien und der Ausbau der Atomenergie viel zu lange dauert.
Deutschland zeigt: Ausstieg aus Atomenergie hat keine negativen Folgen
Dabei kann Deutschland längst zeigen, dass es auch ohne Atomenergie geht. Die vielfache Behauptung von CDU/CSU, FDP und AfD, dass ein Ausstieg aus der Atomenergie negative Folgen hätte, ist inzwischen in Deutschland eindrucksvoll widerlegt worden. Eine Studie von Greenpeace zeigt: Die befürchteten Folgen eines Abschaltens der letzten drei Reaktoren – ein Winter-Blackout, höhere CO2-Emissionen und steigende Strompreise – sind alle im Winter 2023/24 nicht eingetreten. Im Gegenteil: Parallel zum Atomausstieg sind die CO2-Emissionen und Strompreise gesunken, während die Versorgungssicherheit erhöht wurde.
Vor einem Jahr noch hatte auch der Bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Panik verbreitet, dass die Abschaltung der letzten drei Atomrektoren höchste Probleme bereiten würde. MdL Martin Stümpfig (Bündnis 90/Die Grünen) aus dem Landtag hat dies bestens als Panikmache entlarvt.
Der Iran zeigt auf erschreckende Weise die uns und die ganze Welt bedrohende Atompolitik
Man kann versuchen, die Äußerungen von von der Leyen oder Söder als unwichtige Bayerische oder Europäische Provinzposse der CDU/CSU im Wahlkampf abzutun. Doch das ist es natürlich nicht. Auf der einen Seite wird dadurch der Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit der Klimaschutz stark behindert.
Ebenfalls existenzbedrohend wie die Erdüberhitzung sind für die Menschheit die Atomwaffen, die heute bereits so stark aufgetürmt sind, dass damit vielfach ein Auslöschen der Menschheit möglich wäre.
Unter dem Deckmantel des Ausbaus der „friedlichen Atomenergie“, wurden sie weltweit massiv vorangetrieben. Im Iran wurde dieser Ausbau mit dem Iranischen Atomabkommen zunächst mühselig eingedämmt, bis der damalige US-Präsident Trump dieses aufkündigte.
Seitdem hat der Iran sein Atomwaffenprogramm in erschreckender Geschwindigkeit wieder ausgebaut und ist heute mit seinem Zentrifugenprogramm soweit fortgeschritten, dass er die notwendig hohe Anreicherung von waffenfähigem Uran faktisch erreicht hat.
Einige mögen die furchtbaren Angriffe des Irans auf Israel am letzten Wochenende noch als harmlos abtun, da die Drohnen und Marschflugkörper bisher weitgehend konventionell abgefangen werden konnten. Doch die jahrzehntelange Androhung des Irans, Israel auszulöschen, hat durch den „Erfolg“ des iranischen Nuklearprogramms eine neue und furchtbare Dimension erreicht. Die Welt ist mit der Atomenergie und dem fast vollendeten iranischen Atomprogramm immer näher an der Auslöschung der menschlichen Zivilisation gerückt.
Es ist ganz klar: Hinter dem Ausbau der Atomenergie steht seit dem Programm „Atoms for Peace“ des US-Präsidenten Dwight Eisenhower immer das Bestreben nach der Atombombe. Das ist die einzige plausible Erklärung für den Wunsch, neue Atomreaktoren bauen zu wollen, obwohl sie extrem teuer sind und lange dauern, bis sie in Betrieb genommen werden.
Von der Leyen, Söder und andere Vertreter von CDU/CSU, FDP und AfD sollten endlich eine verantwortungsvolle Energiepolitik verfolgen, und diese kann nur mit Erneuerbaren Energien erfolgen. Im Gegensatz zu Atomkraftwerken erzeugen Windkraft-, Bioenergie-, Wasserkraft-, Geothermie- und Solaranlagen keine waffentauglichen Uran- oder Plutoniumabfälle.