Trotz Bauernprotesten: Die Abschaffung der Subventionen für fossilen Agrardiesel ist längst überfällig

Alternative Treibstoffe und Antriebe sind in der Landwirtschaft längst anwendungsreif

Die Ampelkoalition hat beschlossen die Agrardiesel-Subvention abzuschaffen, was eine Entlastung des Bundeshaushalts um etwa 900 Millionen Euro zur Folge hätte. Dieser Schritt erscheint folgerichtig angesichts der von der CDU eingereichten Verfassungsklage gegen den Bundeshaushalt.

Wie zu erwarten war, opponiert der Bauernverband heftig. Der Vorsitzende Rukwied spricht von einer Kampfansage, kündigt für Montag Proteste in Berlin an und heizt damit Bauernproteste an. Er zeigt damit, dass er weiterhin nicht bereit ist an der Lösung zentraler gesellschaftlicher Aufgaben mitzuarbeiten: Klimaschutz und Abhängigkeit vom Erdöl, samt all seiner gravierenden Probleme.

Abschaffung des Agrardiesels seit Jahren überfällig

Klimapolitische Forderungen nach der Abschaffung fossiler Subventionen wie beispielsweise Agrardiesel bestehen schon seit vielen Jahren. Es war schon lange klar, dass die Landwirtschaft – ebenso wie andere gesellschaftliche Gruppen – ihren Beitrag leisten muss, um von Erdöl wegzukommen und sowohl den Klimaschutz als auch eine krisensichere Energieversorgung in der Landwirtschaft zu gewährleisten. Doch es gehört zu den großen Fehlleistungen der Regierungen unter Kanzlerin Merkel, genau die gegenteilige Politik zu gemacht zu haben. So schaffte sie die Steuerbefreiung von reinen Biokraftstoffen ab und führte die Subvention für Agrardiesel ein. Mit weitreichenden Folgen.

Die Erdölabhängigkeit der Landwirtschaft führte zu hohen Lebensmittelpreisen und Klimaschäden

Die Abhängigkeit der Landwirtschaft von Erdöl zählt zu den Hauptursachen für die Steigerung der Lebensmittelpreise und folglich auch für die Inflation insgesamt. Landwirtschaftliche Betriebe benötigen große Mengen an Energie für Traktoren und andere Landmaschinen. Zusätzlich verwenden sie Dünger, der größtenteils aus fossilen Rohstoffen und Energie hergestellt wird. Die Weiterverarbeitung von Lebensmitteln sowie der Transport über lange Strecken anstelle einer regionalen Direktvermarktung verdeutlichen die starke Abhängigkeit der Lebensmittelpreise vom Erdölpreis. Ein Anstieg des Erdölpreises, wie er im letzten Jahr aufgrund des Ukrainekriegs erfolgte, führt rasch zu einer Erhöhung der Lebensmittelpreise, was wiederum die Inflation antreibt.

Mehr als die Hälfte der Inflation in der EU im vergangenen Jahr wurde durch die Preiserhöhungen bei fossilen Brennstoffen verursacht. Die jahrzehntelange Unwilligkeit des Bauernverbandes, stärkeren Klimaschutz zu betreiben, zählt somit zu den Ursachen für die aufgeheizte Inflation.

Die Landwirtschaft ist mit Missernten nicht nur Opfer der Erdaufheizung, sondern auch über den Erdöleinsatz in den Landmaschinen ein erheblicher Verursacher. Darüber hinaus unterstützt die Landwirtschaft durch hohe Erdölimporte auch die Finanzierung von Kriegen und Terrorismus in den wohlhabenden Ölstaaten, von arabischen Ländern bis hin nach Russland.

Hätte der Bauernverband in den letzten Jahrzehnten den Übergang zu einer Landwirtschaft ohne Erdöl aktiv unterstützt, anstatt auf subventionierten Agrardiesel zu beharren, wäre die Landwirtschaft heute nicht mehr einer der Hauptverursacher all dieser gravierenden Probleme.

Erdölfreie Traktoren gibt es schon lange

Bereits ab dem Jahr 2000, während meiner Zeit als Vorstandsmitglied der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR), habe ich die Entwicklung von Traktoren, die mit Pflanzenöl betrieben werden können, vorangetrieben. John Deere, einer der größten Traktorhersteller der Welt, sowie andere Hersteller hatten in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Werkstätten für Pflanzenöltechnologien (VWP) hochwertige Traktoren entwickelt, die mit Pflanzenöl funktionierten und diese auf den Markt bringen wollten.

Die damalige Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast testete bereits einen Pflanzenöltraktor von John Deere und unterstützte über die FNR die Entwicklung erdölfreier Traktoren mit Forschungsgeldern.

Gute darauffolgende Markteinführungsprogramme von der rot-grünen Bundesregierung und der bayrischen Landesregierung liefen jedoch fast völlig ins Leere. Nur sehr wenige Bauern kauften aufgrund der Agrardiesel-Subvention solche erdölfreien Traktoren. Anstatt ihren eigenen umweltfreundlichen Kraftstoff auf ihren Feldern zu produzieren, entschieden sich viele für Protestaktionen auf den Straßen, um die hart erkämpften Agrardiesel-Subventionen des Bauernverbands beizubehalten und blieben in der Abhängigkeit von klimaschädlichem fossilem Diesel. Die verheerenden Auswirkungen dieser Entscheidungen sehen wir heute: Preissteigerungen bei Lebensmitteln aufgrund hoher Erdölpreise sowie Ernteausfälle im Sommer auf ausgetrockneten oder von Überschwemmungen zerstörten Feldern aufgrund des Klimawandels. Zudem tragen die Erdölimporte der deutschen Landwirtschaft zur Finanzierung von Kriegen und Terrorismus bei.

Heute gibt es eine ganze Reihe neuer erdölfreier Landmaschinen

Gerade hat das Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe in Straubing (TFZ) einen Feldversuch mit regenerativen Antrieben abgeschlossen.

Die Ergebnisse sind beeindruckend klar: Regenerative Antriebe in der Landwirtschaft sind emissionsarm und praxisreif. So schreibt das TFZ in seinem Bericht:

Regenerative Antriebe in modernen Land- und Forstmaschinen tragen zu einer deutlichen Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen bei. Das macht die Nahrungsmittelproduktion ein Stück weit unabhängiger von fossilen Rohstoffen. Begleitende Untersuchungen des TFZ an 30 Maschinen in den staatlichen Versuchsbetrieben in Bayern ergaben, dass sowohl Pflanzenölkraftstoff, Biodiesel, HVO als auch Strom praxistaugliche Alternativen zu fossilem Dieselkraftstoff darstellen. Darüber hinaus bewegen sich die Abgasemissionen – auch nach längerer Laufzeit – am Prüfstand und im realen Betrieb auf einem geringen Niveau.

Die im Praxistest untersuchten Biokraftstoffe wie Rapsölkraftstoff, Biodiesel und HVO eignen sich als Dieselersatz sowohl für ältere als auch für neuere Land- und Forstmaschinen im mittleren bis hohen Leistungsbereich. Im unteren Leistungsbereich haben sich elektrische Hoflader und Transporter hinsichtlich Zuverlässigkeit, Reichweite und Arbeitsleistung als praxistauglich erwiesen.

Eine Einsatzdauer von insgesamt über 100.000 Stunden belegt den zuverlässigen Betrieb.

Mehr als eine Million Liter fossiler Dieselkraftstoff wurden durch den Einsatz regenerativer Antriebe in den staatlichen Versuchsbetrieben in Bayern eingespart.

Die Landwirtschaft könnte längst auf eigene Energiequellen vom eigenen Hof zurückgreifen – von Pflanzenölkraftstoff bis hin zum Solarstrom für elektrische Traktoren. Stattdessen bevorzugen viele Landwirte weiterhin die Subventionierung des teuren Diesels durch die Steuerzahler, anstatt innovativ im Sinne des Klimaschutzes zu handeln, statt innovativ klimaschützend und selbstversorgend zu sein, wie es einige Bauern bereits erfolgreich praktizieren.

Bauernverband sollte die Umstellung auf regenerative Landmaschinen unterstützen, anstatt Proteste gegen die Abschaffung von Agrardiesel anzuheizen

Anstatt endlich Verantwortung für den Klimaschutz und eine Landwirtschaft ohne Erdöl zu übernehmen, hat der Präsident des Bauernverbands, Rukwied, eine Kampfansage gegen den verantwortungsbewussten und richtigen Schritt der Ampelkoalition gemacht, den Agrardiesel abzuschaffen.

Es ist unverständlich, dass sich auch der CDU-Vorsitzende Merz kritisch zur Streichung der Agrardieselsubvention geäußert hat, ohne dabei eigene sinnvolle Vorschläge für Einsparungen vorzulegen oder zu erläutern, wie der Klimaschutz finanziert werden könnte.

Merz trieb die Verfassungsklage voran, die die Ampelkoalition und den Klimaschutz nun unter massiven Sparzwang setzt. Unter Verantwortung der CDU mit Kanzlerin Merkel wurden Agrarsubventionen verstärkt, was den Bundeshaushalt erheblich belastete. Solche Fehler zu korrigieren ist Merz und seine CDU zusammen mit der CSU nicht bereit.

Es gibt bereits Ankündigungen von Bauern, mit ihren Dieseltraktoren zu protestieren. Schon in der Vergangenheit haben viele Bauern Proteste mit ihren Traktoren organisiert, darunter sogar Straßenblockaden, wenn sie der Ansicht waren, dass ihre wirtschaftliche Lage nicht angemessen war. Beispielsweise blockierten sie mit Hunderten von Traktoren Zufahrtstraßen zu Discountern wie Aldi aufgrund ihrer Meinung nach zu niedriger Butterpreise. Obwohl die Kunden niedrige Butterpreise begrüßten, genauso wie die Bauern über Jahre hinweg niedrige Dieselpreise, ist hier ein Konflikt zwischen den beiden Interessengruppen entstanden. Die Butterkunden fanden zwar die niedrigen Butterpreise sehr gut, genauso wie die Bauern über Jahre ihre niedrigen Dieselpreise.

Kommen nun Straßensperrungen mit Traktoren?

Werden Bauern nun erneut Straßen mit ihren Traktoren blockieren? Dieses Mal, um weiterhin subventionierten Zugang zu verbilligtem Erdöl für ihre Arbeit zu erhalten?

Es wird interessant sein zu beobachten, wie dann Bild-Zeitung, CDU, CSU und AFD reagieren. Hatten diese doch wegen den Straßenblockaden der Letzten Generation (LG) heftige Worte gefunden, bis hin zu der Unterstellung, dass die LG eine kriminelle Vereinigung sei. Für Straßenblockaden und deren Ankündigung wurden Mitglieder der LG sogar vorsorglich in Gefängnisse gesteckt und das Landgericht München hat sogar den Anfangsverdacht geäußert, dass die LG eine kriminelle Vereinigung sein könnte.

Ob sich Bauernverbandspräsident Rukwied klar ist, dass er mit seinem Bauernverband schnell auch in eine ähnliche öffentliche Debatte kommen wird, wenn er zu Protesten oder gar zu Straßenblockaden gegen die Agrardiesel-Abschaffung aufruft?

Ich bin gespannt, ob Merz, Söder, Dobrindt und Aiwanger den Bauernverband ebenfalls als kriminelle Vereinigung betrachten werden, falls dieser zu Straßenblockaden aufruft und ob sie den Bauernverband dann auch als eine Art Antiklima-RAF diffamieren werden. Immerhin protestiert der Bauernverband ja nicht nur gegen die Abschaffung einer Subvention, die zur Haushaltskonsolidierung beitragen soll, sondern auch gegen eine aus Klimaschutzgründen äußerst wichtige Maßnahme.