Aufruf für die vollständige Abschaffung der Atomwaffen

Am 17. Oktober 2025 wurde der Aufruf zur vollständigen Abschaffung aller Atomwaffen in der Nachmittagsplenarsitzung der Vereinten Nationen dem Ersten UN-Ausschuss (Abrüstung und internationale Sicherheit) von Dr. Deepshikha Kumari Vijh, Exekutivdirektorin des Anwaltsausschusses für Nuklearpolitik und Mitglied des Koordinierungsteams von NuclearAbolitionDay.org, vorgestellt.

Über 600 Organisationen und mehr als 1200 Einzelpersonen haben den Aufruf unterzeichnet – darunter Nobelpreisträger, Politiker, Religionsführer, Jugendvertreter, Professorinnen und Professoren sowie viele weitere.

Auch ich selbst habe den Aufruf unterzeichnet.

Hier ist der Aufruf in englischer Sprache mit allen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern:

Bei der Sonderplenarsitzung am 17. Oktober 2025 wurden die UN-Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, ihre Atomwaffen abzubauen, sich zu verpflichten, niemals einen Atomkrieg zu beginnen, das nukleare Wettrüsten im Umfang von 100 Milliarden Dollar pro Jahr zu beenden und sicherzustellen, dass spätestens zum 100. Jahrestag der Vereinten Nationen (2045) die weltweite Abschaffung von Atomwaffen erreicht wird.

In den deutschen Medien habe ich keinen Bericht über diese bedeutende UN-Sitzung und den damit verbundenen Appell gefunden.

Atomkriegsgefahren und atomare Aufrüstung nehmen besorgniserregend zu

Mehrfach hat Dmitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates, mit einer Atomkriegs-Eskalation des Ukrainekrieges gedroht, zuletzt erst wieder vor wenigen Tagen.

Um die Atomkriegsdrohungen zu untermauern, rüstet Russland atomar auf. So werden gerade in Kaliningrad und Belarus Raketenbasen ausgebaut, von denen aus auch atomare Trägerraketen gestartet werden können. Diese Raketen könnten in wenigen Minuten Berlin erreichen.

Auch Nordkorea droht seit Jahren mit Atomkrieg.

Spannungen zwischen Atomwaffenmächten flammen immer wieder auf, insbesondere zwischen Indien und Pakistan.

Der Iran kann das Ende seiner Atomwaffenpläne nicht akzeptieren und baut trotz Drohungen vor internationalen Sanktionen sein Atomwaffenprogramm weiter aus.

China baut sein Atomwaffenarsenal rasant aus.

In den USA werden unter Trump mit einem fast eine Billion US-Dollar schweren Programm die atomaren Waffenarsenale modernisiert.

Frankreich installiert neue Trägerraketen und gibt ein neues Atomwaffensystem in Auftrag.

Großbritannien plant aktuell die größte nukleare Aufrüstung seit Jahrzehnten.

Atomenergiepläne hängen viel mit Atomwaffenplänen zusammen

Auffällig ist, dass gerade in den Staaten mit Atomwaffen gehäuft Pläne und Bauten für neue Atomreaktoren zu finden sind: China, Indien, USA, Russland, Frankreich, Großbritannien. Offensichtlich ist die atomare Energiegewinnung nur vorgeschoben, während die atomare Aufrüstung der wahre Grund hinter den Atomenergieplänen ist.

Eine andere Erklärung als die militärische gibt es für den Neubau von Atomkraftwerken nicht, denn diese sind gegenüber Erneuerbaren Energien viel zu teuer, ihr Bau dauert viel zu lange, um Energielücken zu schließen, die Atomgefahren (z. B. Terrorismus und Krieg) sind weiterhin sehr hoch, und die Atommüllentsorgung ist weltweit ungelöst.

Somit sind militärische Aufrüstungspläne der einzige plausible Grund für den Bau neuer Atomreaktoren.

Auch CDU/CSU befürworten kleine Atomreaktoren mit Atomwaffenpotenzial

Versteckte atomare Aufrüstungspläne scheinen die Triebfeder hinter dem Hype um neuartige kleine und modulare Atomreaktortypen (Small Modular Reactors, SMR) zu sein. Viele der SMR-Konzepte benötigen dafür einen höher angereicherten Uranbrennstoff, sogenanntes HALEU (High-Assay Low-Enriched Uranium), der auch für die Herstellung von Atomwaffen geeignet ist.

Ein einziger SMR-Reaktor könnte somit das Material für den Bau einer Atombombe liefern, die stärker als die Hiroshima-Bombe ist.

Auch in Deutschland sprechen sich immer wieder Politiker der Union, FDP und AfD für den Bau solcher SMR-Reaktoren aus. Im Grundsatzprogramm der Union findet sich sogar das Ziel, SMR zu bauen. Ob hier der heimliche Wunsch nach einer deutschen Atombombe dahintersteckt?

Auch in Bayern soll wieder Atombombenmaterial (HEU) produziert werden

In dieses Bild passt, dass nach fünfjährigem Stillstand der Forschungsreaktor FRM II in Garching bei München nun wieder mit hochangereichertem Uran (HEU) hochgefahren werden soll.

Schon vor 25 Jahren hatte ich mich als forschungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag vergeblich dafür eingesetzt, das atomwaffentaugliche HEU (hochangereichertes Uran) nicht zum Einsatz zu bringen und stattdessen mit niedrig angereichertem Uran (LEU) zu forschen. Selbst meine Intervention bei der US-Regierung, die damals ein Programm zur Umrüstung der weltweiten Forschungsreaktoren auf niedrig angereichertes Uran (LEU) aufgelegt hatte, half mir nicht weiter.

Man muss wissen, dass die Produktion von HEU (hochangereichertes Uran) genau die berechtigte Kritik am iranischen Atomprogramm ist. Dass aber laut Ziel der bayerischen Staatsregierung auch in Deutschland weiterhin HEU in Garching produziert werden soll – bei komplett ungelösten Fragen der Atommüllentsorgung – macht die Politik der Bundesregierung gegenüber dem iranischen Atomprogramm nicht wirklich glaubwürdig.

Ich erinnere mich sehr genau, dass der erste Atomminister Deutschlands, Franz Josef Strauß (CSU), sehr wohl die atomare Aufrüstung Deutschlands mit dem Ausbau der Atomreaktoren und vor allem der Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf im Blick hatte. Offensichtlich sind die atomaren Aufrüstungswünsche in der CSU noch immer so lebendig wie damals.

In dieses schreckliche Bild passt auch, dass erst im März dieses Jahres die Bundesregierung unter Kanzler Merz die jüngste UN-Sitzung zur atomaren Abrüstung boykottierte, obwohl Deutschland in den Jahren zuvor das UN-Ziel einer Beendigung der Atomwaffen immer unterstützte.

Aufgrund der dramatischen Zuspitzung der atomaren Aufrüstung sind Apelle, Maßnahmen und insbesondere Beschlüsse zur atomaren Abrüstung wichtiger denn je.
Denn eines ist klar:
Es gibt zwei große Menschheitsgefahren, die die gesamte menschliche Zivilisation auslöschen können: Die weitere ungebremste Aufheizung der Erdtemperatur und ein globaler Atomkrieg.

Wer sich interessiert, mehr über die weltweiten nuklearen Abrüstungsinitiativen informiert zu werden, kann den Newsletter von UNFOLD ZERO abonnieren:
UNFOLD ZERO ist eine Plattform für Initiativen und Aktionen der Vereinten Nationen (UN) zur Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt.

Hier ist die Google-Übersetzung des Appells aus dem Englischen:

Gemeinsamer Aufruf zum Internationalen Tag für die vollständige Abschaffung von Atomwaffen

26. September 2025

Die vor 80 Jahren gegründeten Vereinten Nationen haben in ihrer allerersten Resolution, A/Res/1(1), der nuklearen Abrüstung höchste Priorität eingeräumt . Frustriert über die mangelnden Fortschritte erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen 2013 den 26. September zum Internationalen Tag für die vollständige Abschaffung von Kernwaffen (A/Res/68/32). Dieser internationale Tag soll die Öffentlichkeit für die Bedrohung der Menschheit durch Atomwaffen und die Notwendigkeit ihrer vollständigen Abschaffung sensibilisieren und aufklären. Jährlich am 26. September hält die UNO außerdem ein hochrangiges Treffen führender Politiker ab, um „dringende und wirksame Maßnahmen“ zur weltweiten nuklearen Abrüstung zu erörtern.


Die Wahl dieses Datums ist nicht willkürlich: Am 26. September 1983, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, kam die Menschheit schon oft einem Atomkrieg gefährlich nahe. Ein Atomkrieg konnte nur knapp verhindert werden, als Oberst Stanislaw Petrow, Diensthabender einer russischen nuklearen Frühwarnanlage, gegen das Protokoll verstieß und dem Oberkommando einen offensichtlich bevorstehenden Angriff mit ballistischen Raketen der USA (der sich später als Fehlalarm herausstellte) nicht bestätigte. Zwei Jahre später erklärten die am Rande eines Atomkriegs stehenden Länder gemeinsam: „Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden und darf niemals geführt werden.“Dieses Bekenntnis wurde in den darauffolgenden Jahren bekräftigt, unter anderem in einer Erklärung der P5-Staaten im Jahr 2022 und im Zukunftspakt, der auf dem UN-Zukunftsgipfel (September 2024) einvernehmlich angenommen wurde.

Doch heute ist das Risiko eines Atomkriegs durch Unfall, Fehlkalkulation, Kriseneskalation oder böswillige Absicht höher denn je, und die Weltuntergangsuhr tickt näher an Mitternacht als 1983. Der Einsatz von Atomwaffen durch einen der neun Atommächte oder ihre nuklearen Verbündeten hätte katastrophale Folgen für Mensch, Wirtschaft und Umwelt. Schon der Einsatz eines kleinen Teils der 12.500 Atomwaffen in den weltweiten Arsenalen könnte das Leben, wie wir es kennen, beenden. Darüber hinaus werden die jährlich für Atomwaffen ausgegebenen 100 Milliarden US-Dollar dringend benötigt, um  Frieden zu schaffen, den Umweltschutz zu fördern und andere dringende Bedürfnisse der Menschheit und des Planeten zu erfüllen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung zum Ausdruck kommt.


Der Internationale Gerichtshof, das höchste Gericht der Welt, hat bestätigt , dass die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen grundsätzlich illegal sind und dass die Staaten verpflichtet sind, in gutem Glauben über eine umfassende nukleare Abrüstung zu verhandeln. Staaten, die derzeit für ihre Sicherheit auf Atomwaffen angewiesen sind, sind verpflichtet, diese Politik durch Ansätze zu ersetzen, die auf dem Völkerrecht und der gemeinsamen Sicherheit basieren, wie in der UN-Charta dargelegt.

Der Zukunftspakt beinhaltet Verpflichtungen zur Verhinderung eines Atomkriegs und zur weltweiten Abschaffung von Atomwaffen. Die UN-Mitgliedsstaaten sollten den Internationalen Tag für die vollständige Abschaffung von Atomwaffen und die UN-Plenartagung auf hoher Ebene am 26. September nutzen, um konkrete Pläne zur Erreichung dieser Ziele bekannt zu geben.


Wir, die Unterzeichnenden, fordern daher die Verantwortlichen, Gesetzgeber und Beamten auf allen Regierungsebenen (lokal/kommunal, bundesweit, Länder und regionale Körperschaften) auf:

  1. Bekräftigen Sie, dass die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen unzulässig ist.

  2. Die Atommächte und ihre Verbündeten sollten konkrete Maßnahmen ergreifen, um dieser Verpflichtung nachzukommen. Dazu gehört auch der Abbau der Atomstreitkräfte und die Einführung einer Politik, die darauf abzielt, niemals einen Atomkrieg zu beginnen. 

  3. Versprechen, die weltweite Abschaffung von Atomwaffen spätestens zum hundertsten Jahrestag der UNO im Jahr 2045 zu erreichen und unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, auch im Wege multilateraler Verhandlungen, um dieses Versprechen umzusetzen; 

  4. Kürzung der Atomwaffenbudgets und Beendigung öffentlicher und privater Investitionen in die Atomwaffenindustrie; und

  5. Leiten Sie diese Mittel um, um die Vereinten Nationen zu stärken, die Friedenssicherung und Konfliktlösung voranzutreiben, Maßnahmen zum Klimaschutz zu beschleunigen und den menschlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, wie es Artikel 26 der UN-Charta vorschreibt.

 Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als das Jahr 2025 – den 80. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki und der Gründung der Vereinten Nationen –, um diese Maßnahmen zu ergreifen und eine atomwaffenfreie Welt zum Schutz heutiger und künftiger Generationen zu schaffen.