Ex-CSU-MdB Eduard Lintner wegen Korruption im Zusammenhang mit Erdöl- und Erdgasland Aserbaidschan verurteilt
Der ehemalige Abgeordnete Eduard Lintner (CSU) wurde wegen Korruption verurteilt. Er erhielt 9 Monate Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe von 10.000 Euro.
Lintner war 33 Jahre bis 2009 Bundestagsabgeordneter der CSU und bis 2010 Mitglied in der parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE). Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich Lintner der Bestechung von Mandatsträgern schuldig gemacht hat.
So erhielt 2012 eine Resolution über politische Gefangene in Aserbaidschan keine Mehrheit im Europarat. Der seit 2003 amtierende Präsident Ilham Alijew nutzte dies jahrelang als angeblichen Beleg dafür, zu Unrecht als Autokrat beschuldigt zu werden. Er habe über Briefkastenfirmen zwischen 2008 und 2016 rund vier Millionen Euro aus Aserbaidschan erhalten.
Es ist bundesweit die erste Verurteilung eines Bundestagsabgeordneten wegen Abgeordnetenbestechung. „Ein Fall von klassischem Stimmenkauf“, erklärte der Vorsitzende Richter Jochen Bösl in seiner Urteilsbegründung.
Weiterhin kein Schuldbewusstsein bei Lintner
Lintner bestritt, dass es sich dabei um Bestechung gehandelt habe. Er sei sich keiner Straftat bewusst. „Ich habe das Ganze für die Art von Lobbyismus gehalten, die bis heute praktisch allgegenwärtig ist“, sagte er laut Angaben der Nachrichtenagentur dpa.
Diese Aussage Lintners ist besonders erhellend und lässt vermuten, dass eine solche Art des „Lobbyismus“ keine Seltenheit in der CSU/CDU ist, sondern vielmehr zum allgegenwärtigen politischen Handeln gehört. Das Verfahren gegen Ex-MdB Axel Fischer (CDU) wurde krankheitsbedingt abgetrennt und soll später verhandelt werden.
Aserbaidschan ist ein autokratisch regierter Erdöl- und Erdgasstaat, der insbesondere seit dem russischen Angriffskrieg verstärkt fossile Energieprojekte mit der EU vorantreibt
Ausgerechnet Aserbaidschan, ein wichtiger Lieferant von Erdöl und Erdgas für Deutschland, war Gastgeber der letzten Klimakonferenz COP29. Das Ergebnis ist bekannt: Das Ziel, auf der COP29 einen globalen Ausstieg aus den klimazerstörenden fossilen Energien zu beschließen, wurde vor allem durch den Verhandlungsführer Aserbaidschans verhindert.
Genau von diesem menschenverachtenden Regime hat Lintner auch persönlich Geld erhalten, um ein positives Bild von Aserbaidschan zu schaffen.
Aber nicht nur die Ex-MdB Axel Fischer und Eduard Lintner sind innerhalb von CDU/CSU und darüber hinaus in der sogenannten „Aserbaidschan-Connection“ verstrickt. Auch andere Namen tauchen immer wieder auf, die sich entweder für ein positives Bild des autokratischen Regimes oder für verstärkte Energieeinkäufe eingesetzt haben.
So ist mir aufgefallen, dass insbesondere auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen (CDU) auffallend häufig bei EU-Energieprojekten mit Aserbaidschan präsent war:
Etwa bei der Unterzeichnung einer neuen EU- Aserbaidschan Energiepartnerschaft,
bei der Einweihung einer neuen Erdgaspipeline
oder der Ankündigung eines neuen Stromtrassenprojekts von Aserbaidschan in die EU.
Die Energiepolitik von CDU/CSU ist ganz im Sinne Aserbaidschans konsequent auf Erdgas und gegen Erneuerbare Energien ausgerichtet
Die Erdöl- und Erdgasimporte aus Aserbaidschan in die EU und nach Deutschland sind in den letzten Jahren stetig gestiegen – obwohl die Menschenrechtslage dort inakzeptabel ist, wie eine Analyse der Heinrich-Böll-Stiftung beschreibt.
Erneuerbare Energien spielen in Aserbaidschan keine nennenswerte Rolle. 2015 war ich als Redner nach Baku geladen – zur ersten größeren Konferenz zu Erneuerbaren Energien in Aserbaidschan. Ich staunte dort über große Ankündigungen für große Wind- und Solarprojekte. Doch ernsthafte Verwirklichungen dieser großen Pläne konnte ich seitdem nicht beobachten.
Es scheint, dass die CDU/CSU-Aserbaidschan-Connection um Eduard Lintner und andere nicht auf einen kleinen Kreis beschränkt ist. In die Logik dieser Erdgaspolitik passen auch die neuen Vorgaben von Ministerin Reiche – mit neuen Erdgaskraftwerken und dem Zurückdrängen des Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Zumindest ist das der Grundtenor des Monitoringberichtes, den Ministerin Reiche jetzt in Auftrag geben will.
Man sollte nicht vergessen, dass Reiche als Mitglied des Bundestages mit dem jetzt verurteilten Eduard Lintner und Axel Fischer in der CDU/CSU Bundestagsfraktion und teilweise sogar inhaltlich in den Ausschüssen zusammengearbeitet hatte.
Doch ob sich Scheer damit in der Koalition durchsetzen wird, bleibt zwar zu hoffen, ist aber nicht ausgemacht, da ja auch die SPD mit Ex-Kanzler Schröder, Ex-Kanzler Scholz, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und vielen anderen eine offensive Erdgaspolitik mit zunehmender Abhängigkeit von Russland geschaffen hat.
Wir sind alle aufgefordert, tiefer in den Korruptionssumpf um die Aserbaidschan-Connection um den verurteilten Korrumpeur Eduard Lintner zu blicken, um mögliche weitere unlautere Verbindungen zu den Erdgasconnections deutscher Politik aufzudecken.
Eduard Lintner war 11 Jahre lang mein Wahlkreiskollege
Lintner war von 1976 bis 2009 Abgeordneter im Bundestag für den Wahlkreis Bad Kissingen. Er war damals schon ein Vertrauter von Franz Josef Strauß, dem ersten Atomminister Deutschlands. Meine Kandidaturen für ein Direktmandat im Wahlkreis Bad Kissingen verlor ich dreimal gegen Eduard Lintner – und zwar haushoch.
Wie sollte es auch anders sein, war doch der jetzt verurteilte Korrumpeur hoch angesehen und galt im Gegensatz zu einem anständigen Grünen als seriös.
Dabei war mir Lintner schon seit Anfang an sehr dubios vorgekommen. Er war öfter in meinem Elternhaus bei meinem Vater Karl Fell, langjähriger CSU-Bürgermeister in Hammelburg, zu Gast. Wir kamen auch in den 70er Jahren schon ins Gespräch, z.B. über Atomenergie. Ich war immer sehr erstaunt, dass er Argumente wie fehlende Atommüllentsorgung, Super-GAU-Gefahren und andere einfach ignorierte. Er blickte überheblich mit seinem „Wissen“, das ihm ja die Atomlobbyisten einflüsterten, über meine Einwände hinweg und empfahl mir nur, ja nicht in Wackersdorf zu demonstrieren, denn die Demonstrierenden dort seien ja nur gefährliche Feinde der Demokratie – ganz im Stil seines Geldgebers Ilham Aliyev, Präsident von Aserbaidschan, der seinen Kritikern aus der Umwelt- und Klimabewegung ebenfalls staatsfeindliches Handeln vorwirft.
Später, als wir von 1998 bis 2009 gemeinsam im Bundestag saßen, hatten wir viele gemeinsame Podiumsdiskussionen im Wahlkreis. Mir fiel immer auf, dass Lintner ausschließlich die Lobbyinteressen der Atomwirtschaft, der Erdgaswirtschaft, der Erdölwirtschaft und der Kohlewirtschaft vertrat – genauso, wie sie überall von beispielweise dem größten bayerischen Energietechnikkonzern Siemens verbreitet wurden und weiter verbreitet werden.
Auch mit Axel Fischer hatte ich viel in den Ausschüssen des Bundestags zu tun. Auffällig war sein beständiger Einsatz für Atomenergie, Erdgas, Kohle und Erdöl. Meine Argumentationen und Aktivitäten für Erneuerbare Energien versuchte er stets ins Lächerliche zu ziehen und aktiv zu bekämpfen.
Lintners Aussage zu seiner Verurteilung – „Ich habe das Ganze für die Art von Lobbyismus gehalten, die bis heute praktisch allgegenwärtig ist“ – ist bezeichnend. Sein fehlendes Unrechtsbewusstsein beleuchtet wohl nur die Spitze eines Eisbergs, der tiefere Verstrickungen der CDU/CSU mit der klimaschädlichen Erdgas- und Erdölwirtschaft – nicht nur in Aserbaidschan – vermuten lässt. Offensichtlich – nur so lässt sich seine Aussage interpretieren – ist Lintner kein Einzelfall, sondern sieht den „Lobbyismus“ vieler seiner Kolleginnen und Kollegen als völlig normal an.
Erschreckend ist, dass er bisher der Einzige in Deutschland ist, der dafür verurteilt wurde.