Trotz Green Deal arbeitet die EU-Kommission an weiterer Verringerung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien

Liebe Leserinnen und Leser,

Trotz Green Deal arbeitet die EU-Kommission an weiterer Verringerung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien
Grüne Kritik an Umweltbeihilfeleitlinien

Schon die Ziele des EU Green Deals, insbesondere Klimaneutralität 2050, die Emissionsreduktion von 55% bis 2030 und der angestrebte Anteil der Erneuerbare Energien am Bruttoenergieverbrauch von 38 bis 40 % bis 2030 sind viel zu schwach, als dass damit die Klimaziele von Paris einzuhalten wären. Vielmehr führen sie zu weiteren massiven Treibhausgasemissionen weit über 2030 hinaus und damit auf den 3°C Pfad bis 2050, welcher einen Fortbestand der menschlichen Zivilisation auf unserem Planeten, so wie wir sie kennen, nahezu unmöglich machen würde.

Nun hat die EU-Kommission ihr über 1000 Seiten langes Gesetzespaket „FIT for 55“ vorgestellt, in welchem die politischen Maßnahmen vorgestellt wurden, die die schwachen EU-Klimaziele bis 2030 umsetzen sollen. Diese Maßnahmen müssen bis zur Umsetzung noch durch EU-Parlament und EU-Rat bestätigt werden.

Schon kurz nach der Veröffentlichung regte sich massiver Widerstand, weil weite Teile des Gesetzespakets nicht in der Lage sein werden Klimaschutz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen.

Im Zentrum der Kritik steht die Überarbeitung der Klima-, Energie- und Umweltbeihilfeleitlinien (CEEAG). Diese Leitlinien geben der EU-Kommission die Handhabe massiv auf den Energiemix der Mitgliedsländer Einfluss zu nehmen, obwohl nach dem Lissabon Vertrag die Mitgliedsländer frei sind, ihren Energiemix selbst zu bestimmen.

Gestern haben Mitglieder der Grünen Europafraktion einen Brief an die EU-Kommission geschrieben, in welchem sie den Vorschlag der Umweltbeihilfeleitlinien insbesondere in Bezug auf die Energiepolitik heftig kritisieren.

„Der aktuelle Entwurf der Leitlinien lässt jedoch leider immer noch staatliche Beihilfen für fossile Brennstoffe und Kernenergie zu. So würden beispielsweise Gasinvestitionen als mit den Regeln für staatliche Beihilfen vereinbar angesehen, wenn sie die Abscheidung des Kohlenstoffs zur dauerhaften Speicherung und/oder den Ersatz fossiler Brennstoffe durch kohlenstoffarmes Gas vorsehen.“ So die Grünen im EU-Parlament und sie fordern konsequent: „Die Kommission muss ein klares Signal setzen und Leitlinien verabschieden, die es den Mitgliedstaaten nicht erlauben, fossile Brennstoffe und Kernenergie direkt oder indirekt zu unterstützen, da sie nicht mit den ökologischen Übergangszielen der EU vereinbar sind.“

Bezüglich des notwendigen Ausbaus der Erneuerbaren Energien schreiben die Grünen: „Der aktuelle Entwurf der CEEAG geht genau in die entgegengesetzte Richtung, indem er beispielsweise die dedizierte Förderkategorie zur Unterstützung erneuerbarer Energien streicht (und ausweitet) und die Mitgliedstaaten davon abhält, dedizierte Förderungen für erneuerbare Energien und insbesondere kleinere Akteure zu konzipieren. Dieser Ansatz birgt die Gefahr, die Erreichung der Ziele für erneuerbare Energien, einschließlich der sozialen Akzeptanz des Übergangs, ernsthaft zu gefährden und bietet stattdessen den Mitgliedstaaten die perfekte Ausrede, um weiterhin fossile Energien zu unterstützen.“

Die Grünen kritisieren, dass die Umweltbeihilfeleitlinien nun den Zugang von kleinen und mittleren Akteuren aus dem Bereich der Bürgerenergien noch weiter massiv erschweren sollen:

„Der Leitlinienentwurf unterscheidet nicht zwischen den zu fördernden Kategorien von Akteuren, insbesondere nicht für kleine Akteure wie Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften (RECs). Kleine Akteure müssten nun nicht nur mit großen Akteuren konkurrieren, die in den Sektor der erneuerbaren Energien investieren, sondern auch in den kohlenstoffarmen Sektor…. Außerdem sind Ausschreibungen immer noch eine Standardregel und die vorgesehenen Schwellenwerte für die Befreiung kleinerer Akteure sind zu niedrig, um praktikabel zu sein. Dieser Ansatz widerspricht dem Paket für saubere Energie, und speziell die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, die zum ersten Mal individuelle Grundrechte für Bürger zur Teilnahme am Energiemarkt (als 5 Einzelpersonen oder Gemeinschaften) vorsieht.“

Daher fordern die Grünen in ihrem Brief zu Recht:

„Die Mitgliedstaaten brauchen Leitlinien, um die Erneuerbare-Energien-Richtlinie einzuhalten, und die CEEAG ist das richtige Instrument, um sie zu liefern. Die Kommission muss ein spezielles Kapitel (oder ein Unterkapitel) mit eigenen Regeln und Verfahren für RECs und kleinere Akteure einführen, zum Beispiel:

  • Die Mitgliedstaaten müssen wettbewerbsfähige Ausschreibungsverfahren für erneuerbare Energien entwerfen, die einen gleichberechtigten Zugang und eine gleichberechtigte Beteiligung von RECs und kleineren Akteuren gewährleisten, insbesondere durch die Integration sozialer Kriterien in das Ausschreibungsdesign;
  • Befreiung von RECs und kleineren Akteuren von der obligatorischen Versteigerung und/oder eine deutliche Anhebung der Schwellenwerte für die Befreiung kleinerer Akteure von der Teilnahme an diesen Versteigerungen (mindestens 10 Anlagen mit einer Kapazität von je 6 MW für Windenergie und 10 MW für alle anderen Technologien für erneuerbare Energien);
  • Die Mitgliedstaaten dürfen für kleine Projekte eine feste Vergütung gemäß den EEAGSchwellenwerten für 2014-2020 und für RECs gemäß bestimmten höheren Schwellenwerten (mindestens 5 MW für alle Technologien und 6 Turbinen mit je 6 MW für Windenergie) vorsehen;
  • Eine Verringerung des Verwaltungsaufwands für Mitgliedsstaaten, die bereit sind, Förderprogramme zu entwickeln, um ihren kommunalen Energiesektor anzukurbeln. Die CEEAG sollte die Schwierigkeit anerkennen, eine gründliche Bewertung des Nutzens und der Kosten der Entwicklung spezieller Programme für aufstrebende Gemeinden im Bereich der erneuerbaren Energien durchzuführen und vereinfachte Verfahren für die Durchführung der Bewertung vorsehen.“

Damit greifen die Grünen im EU-Parlament die Erkenntnisse aus der Studie der Energy Watch Group (EWG) zu Ausschreibungen auf, wonach Ausschreibungen statt fester Einspeisevergütung zu einem weitgehenden Ausschluss von kleinen und mittleren Akteuren (wie Genossenschaften) bei der Förderung für Erneuerbare Energien führen und damit zu einem bedeutenden Einbruch des Ausbaus der Erneuerbare Energien insgesamt.

Es zeigt sich erneut, dass die EU-Kommission eben nicht den Vorrang des Ausbaus der Erneuerbare Energien, wie er für den Klimaschutz unerlässlich ist, als Ziel hat, sondern das Ausbremsen insbesondere der bürgerlichen Akteure. Weiter schützt die EU-Kommission die Interessen der großen Kohle-, Erdgas- und Atomkonzerne. Sie nimmt den EURATOM-Vertrag sehr ernst, der im Kern noch immer auf den Ausbau einer mächtigen Atomindustrie in Europa abzielt.

Doch die Bundesregierung könnte die für den Klimaschutz schädlichen Umweltbeihilfeleitlinien im Bereich Erneuerbare Energien aushebeln, wenn sie die Zahlung der EEG-Umlage aus Steuergeldern wieder rückgängig macht. Dann wäre das EEG nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes eben keine Beihilfe und die Bundesregierung wäre frei in ihren Gesetzen z.B. feste Einspeisevergütungen auch für Anlageninvestitionen sogar über 50 MW. Leider tragen aber alle im Bundestag vertretenen Parteien – auch Bündnis 90/Die Grünen – diese gravierende Fehlentscheidung der Bundesregierung mit. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission zeigt sich nun, wie schwerwiegend dieser Fehler ist. Deutschland würde sich auch unter einer grünen Regierung den Erdgas-, Kohle- und Atominteressen gegen den Ausbau der Erneuerbare Energien unnötig selbst unterwerfen.

Um weiteren großen Schaden in der EU-Klimapolitik abzuwenden, sollten nun alle Parteien zwei wesentliche Aktivitäten verfolgen:

  1. Im EU-Parlament die Umweltbeihilfe Leitlinien so nicht passieren lassen, sondern Änderungen im Sinne des Briefes der Grünen Fraktion erwirken.
  2. In Deutschland (wie auch in anderen EU-Ländern) keine Zahlungen aus Steuergeldern in die EEG-Umlage fließen lassen, um so frei vom Gängelband der EU-Kommission sich selbst für feste Einspeisevergütungen statt Ausschreibungen entscheiden zu können.

 

 

Hammelburg, 03. August,

 

Ihr Hans-Josef Fell