Extinction Rebellion ruft zum gewaltfreien zivilen Ungehorsam als Protest gegen unzulängliche Klimapolitik auf

Liebe Leserinnen und Leser,

Extinction Rebellion ruft zum gewaltfreien zivilen Ungehorsam als Protest gegen unzulängliche Klimapolitik auf

dieser Newsletter ist dem Offenen Brief von Extinction Rebellion (XR) gewidmet, der sich an die Gesellschaft richtet und vor den drastischen Folgen des Nichthandelns bezüglich der Klimakrise warnt. Der friedliche, gewaltfreie zivile Ungehorsam, wie er von Extinction Rebellion auf der ganzen Welt praktiziert wird, ist eine enorm wichtige Maßnahme, um auf unzulängliche Klimapolitik hinzuweisen. Er wird zu Unrecht von vielen Medien kritisiert und die beteiligten Aktivist*Innen oft viel zu hart geahndet.

Allen, die beim zivilen Ungehorsam daran denken, dies dürfe man nicht machen, weil dabei gegen bestehende Gesetze verstoßen wird, möchte ich in Erinnerung rufen:

Es war der zivile Ungehorsam von mutigen Menschen in der DDR, der letztendlich zur deutschen Einheit und damit zum Ende des Unrechtsstaates DDR führte. Der zivile Ungehorsam von Mahatma Gandhi hat Indien von der Kolonialherrschaft Groß Britanniens befreit. Die Apartheit in USA wurde unter Martin Luther King und in Südafrika unter Nelson Mandela mit zivilem Ungehorsam abgeschafft.

Dort wo also Regierungen versagen, großes Unheil und Ungerechtigkeiten von den Menschen abzuwehren, ist ziviler Ungehorsam ein entscheidendes Mittel dieses Regierungsversagen aufzubrechen. Da die Regierungen in der Welt, auch die deutschen Regierungen unter Kanzlerin Merkel seit Jahrzehnten wirksamen Klimaschutz aktiv verhindern, muss die Bevölkerung zu offensiveren Mitteln greifen.

Auch die deutsche Regierung ist längst auf einem Wege, der die verfassungsgemäß garantierten Lebensgrundlagen und Rechte der jüngeren Generation missachtet, wie der jüngste Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes klar aufgezeigt hat.

Ein „weiter so wie bisher“ wird die menschlichen Zivilisationsgrundlagen in den kommenden Jahrzehnten grundlegend zerstören. Einen Vorboten konnten wir vor wenigen Wochen in den furchtbaren Hochwassern u.a. in der Eifel beobachten, die Tote, zerstörte Häuser, Dörfer verursachten und tausende verzweifelte Menschen zurücklassen, die nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll.

Die aktive Verhinderung eines wirksamen Klimaschutzes durch die Regierungen geht aber dennoch unvermindert weiter, weil alle Klimaschutzprogramme immer weiter höchst gefährliche Klimagasemissionen bis weit in die Mitte dieses Jahrhunderts vorsehen und so die Aufheizung der Atmosphäre immer mehr beschleunigt wird. Daher sind nun alle gefordert, Widerstand zu leisten. Die Alternative ist schlicht, das es uns alle irgendwann so schlimm treffen wird, wie jetzt die Menschen im Ahrtal.

 

Ich selbst werde am 16. August in Berlin zum Auftakt des „August RiseUp“ der neuen Reihe friedlicher Proteste von XR dabei sein und eine Rede halten. Ich möchte Sie hiermit herzlich einladen es mir gleich zu tun und den Klimaaktivismus von XR zu unterstützen, wo Sie können. Gerne indem Sie den Brief unterschreiben, verbreiten oder zu den Aktionen des „August RiseUp“ kommen.

An die Gesellschaft, an die Bürgerinnen und Bürger,

Wir, die Unterzeichnenden, rufen dazu auf, sich an den Protesten des August-RiseUp zu beteiligen. Die politischen Entscheider*innen müssen umgehend und zielgerichtet Maßnahmen gegen die sich verschärfende ökologische Krise ergreifen.

Fast 60°C in Nordamerika. Über 40°C am Nordpol. Ein Tornado in Tschechien, der Autos wie Federn durch die Luft schleudert. Der Globale Norden ist längst im Griff der Klimaerhitzung. Mitte Juli diesen Jahres wurde der Westen Deutschlands von einer nie dagewesenen Flutkatastrophe heimgesucht. Dieses Extremwetterereignis mit über 200 Todesopfern hat die Klimakrise einmal mehr ganz nah zu uns gebracht. Die Zusammenhänge zwischen zunehmender Schwere und der Häufigkeit von Wetterextremen, bedingt durch die menschengemachte Klimaerhitzung, sind wissenschaftlich unbestritten. Des Weiteren hat die Bundesregierung kürzlich einen Wasserverteilungsplan verfasst. Ein deutliches Indiz dafür, dass wir zukünftig mit Trinkwassermangel in deutschen Regionen rechnen müssen. Die Wälder in Deutschland sind immer noch von einem Massensterben betroffen und der Klimanostand für den Wald hat nach wie vor Bestand.

Auch die Coronapandemie, deren Entstehen, laut Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, zu hoher Wahrscheinlichkeit mit der Erhitzung des Klimas in Verbindung steht, hat Deutschland noch immer fest im Griff. Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Pandemien ausbrechen, sind sehr hoch und die Schäden für Gesellschaft und Wirtschaft sind dabei unermesslich. Dies zeigen uns die gerade erlebten und noch längst nicht überwundenen Folgen und Auswirkungen der Coronapandemie.

Jedes zehntel Grad Erhitzung führt zu weiteren irreversiblen Folgen. Jüngst warnte ein Berichtsentwurf des Weltklimarates der Vereinten Nationen zum wiederholten Male vor diesen Folgen. Allein bei einer Erhitzung der Klimas von 1,5°C, gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter, werden bis zu 350.000 Millionen Menschen von Trinkwassermangel betroffen sein. Bei einer Erhitzung auf 2°C, werden bis zu einer halben Milliarde Menschen bis 2050 unter extremer Hitze leiden. Viele Millionen werden Hunger leiden, ihre Heimat und ihre Lebensgrundlagen verlieren, viele Menschen werden sterben, viele Menschen sterben bereits täglich. Auch Extremwetterereignisse mit unkalkulierbaren Schäden wie jetzt in Deutschland werden sich häufen und zu weiterem Leid und Todesopfern führen.

Zu viele Politiker:innen haben den Ernst der Lage noch immer nicht verstanden. Die Staaten der Welt haben sich beim Pariser Klimaabkommen dazu verpflichtet, mit entsprechenden Klimaschutzmaßnahmen die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Sie handeln aber nicht danach. Eher im Gegenteil. Nach jetzigem Stand steuern wir auf eine Erwärmung von mindestens 3 Grad zu. Das 1,5-Grad-Ziel wäre mit allergrößten Anstrengungen, etwa in Deutschland mit einem CO2-Ausstoß bei netto null bis 2025, auch nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent zu erreichen. Schon dieser Wert bedeutet aber dramatische Veränderungen für Klima, Artenvielfalt und Gesundheit der Menschen. Bei 3 Grad Erhitzung drohen uns Hungersnöte, Trinkwassermangel, Pandemien und Verteilungskriege, die zum Zusammenbruch unserer Demokratien führen können.

Wir befinden uns inmitten des sechsten globalen Massensterbens – täglich sterben etwa 150 Arten aus. In Deutschland haben wir in diesem Jahr unseren Anteil der natürlichen Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres erneuern kann, schon am 5. Mai diesen Jahres verbraucht.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Frühjahr dieses Jahres entschieden: Die ausbleibenden Maßnahmen gegen die Folgen von Klimaerhitzung und Ökosystemzerstörung sind ein Verstoß gegen Artikel 20a unseres Grundgesetzes. Dort heißt es: “Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ Damit hat das BVerG noch einmal unterstrichen, dass die Regierung dazu verpflichtet ist die Lebensgrundlagen und die Freiheit nicht nur der jetzt lebenden sondern auch zukünftiger Generationen zu schützen.

Die oberste Repräsentant:innen unseres Landes machen sich schuldig, indem Sie dieses Vorsorgeprinzip im Rahmen Ihrer Politik ignorieren. Anstatt anzuerkennen, dass grenzenloses Wirtschaftswachstum auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen nicht möglich ist, subventionieren sie weiterhin klimaschädliche Wirtschaftszweige statt nachhaltiger Alternativen und planen Handelsabkommen wie jenes mit den Mercosur-Staaten, das zur kriminellen Zerstörung des Amazonas in Brasilien beitragen würde.

Da sie ihrer Verantwortung, uns Bürger:innen vor Schaden zu schützen und die Zukunft für kommende Generationen zu sichern, nicht nachkommen, ist es die moralische Pflicht der Bürger*innen dieses Landes, auf Ihre Untätigkeit und offenkundige Pflichtverletzung zu reagieren.

So erkennen wir die lange Tradition des zivilgesellschaftlichen Aufbegehrens, gegen die Untätigkeit politischer Vertreter:innen an und erachten dies als notwendiges Mittel auf die Gefährdung unserer Lebensgrundlagen, insbesondere derer, die ohnehin von Benachteiligung und Diskriminierung in dieser Gesellschaft betroffen sind, aufmerksam zu machen.

Deshalb erklären wir unsere Unterstützung für die Beteiligten der friedlichen Proteste währen des „August RiseUp“, das am 16. August 2021 in Berlin beginnt.

Wir möchten Sie bitten diesen offenen Brief zu unterschreiben und dem Anliegen so mehr Gewicht und Sichtbarkeit zu verleihen. Jede Stimme zählt und als Person des öffentlichen Lebens liegt es auch in Ihrer Hand, die Ihnen zugewandten Öffentlichkeit, dafür zu sensibilisieren.

Senden Sie Ihre Antwort gerne an august2021@riseup.net

 

Hammelburg, 30. Juli,

 

Ihr Hans-Josef Fell