Energiemachtkampf in der Ukraine

Liebe Leserinnen und Leser,

Energiemachtkampf in der Ukraine

Das Erneuerbare Energien-Gesetz in der Ukraine steht vor einer Novelle. Der Machtkampf zwischen den mächtigen und korrupten Oligarchen zum Erhalt der alten fossilen und atomaren Wirtschaft auf der eine Seite und den Modernisierern, die eine Umstellung auf Erneuerbare Energien anstreben, auf der anderen Seite, ist voll im Gange.

Der in das ukrainische Parlament eingebrachte Gesetzesentwurf ist wie überall in der politischen Rhetorik vordergründig für den weiteren schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Doch davon kann bei genauer Analyse keine Rede sein.

Insbesondere sieht der Gesetzesentwurf vor, dass schon ab Mitte 2019 eine Umstellung der aktuellen erfolgreichen grünen Tarife (Einspeisevergütung wie im EEG) auf Ausschreibungen erfolgen soll. Damit sind der größte Teil der aktuell laufenden großen Investmentplanungen, die nicht vor Mitte 2019 realisiert werden können, aufs Eis gelegt. Als Begründung wird oft angegeben, dass das erfolgreiche Vorreiterland Deutschland auch den Wechsel zu Ausschreibungen beschlossen habe. Damit zeigt sich die verheerende internationale Wirkung der katastrophalen EEG-Gesetzesentwicklung unter CDU/CSU/SPD der letzten Jahre. Es wird im Ausland ja nicht gesehen, dass gerade der Wechsel zu Ausschreibungen in Deutschland zunächst bei Solarenergie und Biogas, sowie demnächst auch bei der Windkraft zum massiven Einbruch der Märkte  führte.

Zwar steht im ukrainischen Gesetzentwurf, dass die grünen Einspeisetarife für Solaranlagen unter 10 MW und Windkraft unter 20 MW erhalten bleiben und nur darüber staatliche Ausschreibungen   stattfinden sollen. Diese Grenze ist bemerkenswert, da in der Ukraine wohl anders als beim deutschen Gesetzgeber erkannt wurde, dass die Verwirklichung des großen Potentials der Erneuerbaren Energien mit dezentralen, bürgerlichen, genossenschaftlichen Investitionen nur mit grünen Tarifen und eben nicht mit Ausschreibungen möglich ist. In Deutschland liegen diese Grenzen unter 1 MW, was bürgerliche Investitionen weitgehend verhindert.

Allerdings würde durch die vorgeschlagene 30%ige Kürzung der Einspeisetarife mit einer gleichzeitigen Begrenzung der Laufzeit der Tarife auf 2029, unabhängig vom Jahr der Investition, doch wieder zunichtegemacht.

Nun gibt es bereits im Parlament verschiedene Änderungsanträge, die zum Teil eine echte fortschrittliche EEG-Novelle ermöglichen würden, die den Erneuerbaren Energien zum Durchbruch verhelfen würden. Aber es gibt auch andere Änderungsanträge, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien noch weiter verschlechtern würden.

In den kommenden Monaten gilt es nun politischen Einfluss zu nehmen, damit die Ukraine endlich den Paradigmenwechsel schafft und den hohen Anteil von 60% Atomstrom reduzieren oder besser gar ganz beenden kann unter gleichzeitiger Abschaffung der fossilen Stromerzeugung aus Kohle und Erdgas. Es darf nicht sein, dass die alten korrupten Oligarchenstrukturen mit ihren Geschäften im fossilen und atomaren Sektor die Modernisierung der Ukraine weiter blockieren und die große Bereitschaft einer zivilen Gesellschaft mit dem Wunsch der Umstellung auf Erneuerbare Energien weiter behindern.

In den letzten Tagen gab es dazu große erfolgreiche und vielbeachtete Veranstaltungen in Lemberg. So hat das Deutsch-Ukrainische Forum eine Konferenz veranstaltet, wo unter anderen auch ich in meinem Redebeitrag für eine gute Gesetzesnovelle werben konnte.

Die Premiere der Ukrainischen Fassung der des Filmes Power to Change in der Polytechnischen Universität Lemberg, im Livestream überragen an viele weitere ukrainischen Universitäten, hatte große Resonanzen erzeugt. (Hier meine Rede ab 20:25)

Die Ankündigung des Ukrainischen Popstars und erfolgreiche Anführerin des Maidanaufstandes 2013 Ruslana zu einer 100% Kampagne mit mir wurde in den ukrainischen Medien mit viel Beachtung aufgegriffen.

Die nächsten Monate werden nun entscheidend sein. Alle, die Einfluss nehmen können, sind gefordert, in der Ukraine den Weg zu 100% Erneuerbare Energien mit einer verbesserten aktuellen Gesetzesnovelle zu befördern. Alleine die Vermeidung eines erneuten atomaren Super-GAUs in einem der alten, maroden noch laufenden ukrainischen Atomreaktoren, so wie 1986 in Tschernobyl, sollte Ansporn genug sein, sich auch in Deutschland und international für eine Ukraine mit 100% Erneuerbaren Energien zu engagieren.

 

Hammelburg, den 6. Juli 2018

Ihr Hans-Josef Fell