Flutkatastrophe: Wiederaufbau nur mit 100 % Erneuerbaren Energien

Liebe Leserinnen und Leser,

Flutkatastrophe: Wiederaufbau nur mit 100 % Erneuerbaren Energien

„Die diesjährigen Flutkatastrophen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben Deutschland erneut an die Dringlichkeit erinnert, der Klimakrise endlich mit entschiedener Politik entgegenzuwirken. Fast 200 Menschen sind gestorben und Milliardenschäden entstanden und dennoch scheint (noch) nicht daraus gelernt worden zu sein. Daher hat einen breites Bündnis aus über 25 Nichtregierungsorganisationen – im Rahmen von „Der Runde Tisch Erneuerbare Energien (RT-EE) und unter Einbeziehung von Menschen aus dem Ahrtal, einer der am schlimmsten Betroffenen Gemeinden – heute eine Pressemitteilung veröffentlicht, um „Wiederaufbau nur mit 100 % Erneuerbaren Energien“ zu fordern.

Auch die Energy Watch Group ist Teil des RT-EE und gemeinsam rufen wie die jetzige und kommende Bundesregierung dazu auf, die „Zukunftsthilfe 2021“ auch wirklich zukunftsorientiert, nachhaltig und auf Basis 100 % Erneuerbarer Energien zu organisieren.

Es folgt die Pressemitteilung im Wortlaut:

PRESSEMITTEILUNG, 23. August 2021

Flutkatastrophe: Wiederaufbau nur mit 100 % Erneuerbaren Energien

Der Runde Tisch Erneuerbare Energien (RT-EE) erwartet, dass sich der Bundestag am 25. August in seiner Sondersitzung mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe und dem von der Regierungskoalition eingebrachten Gesetzentwurf „zur Errichtung eines Sondervermögens ‚Aufbauhilfe 2021’“ zukunftsorientiert befasst. Dafür fordern Vertreter*innen von mehr als 25 Nichtregierungsorganisationen des RT-EE einen schnellstmöglichen Wiederaufbau mit 100% Erneuerbaren Energien.

Die Hochwasserkatastrophe im Juli zeigt, dass wir uns mitten in der Klimakrise befinden. Die Zerstörung und Verluste in Deutschland, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden sind verheerend. Allein in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gab es über 180 Tote und Schäden in Milliardenhöhe.

Die Antwort hierauf kann nur sein: schneller Umstieg auf dezentrale erneuerbare Energieversorgung. Die Menschen müssen baldigst eine Perspektive erhalten, bis wann sie mit einer klimafreundlichen und gleichzeitig katastrophensicheren Strom- und Wärmeversorgung rechnen können.

Am 10. August haben Bund und Länder einen Fluthilfefonds in Höhe von 30 Milliarden Euro beschlossen. Dem müsse jetzt ein durchdachter, nachhaltiger und zukunftsorientierter Wiederaufbau folgen, appelliert der Runde Tisch in seiner Stellungnahme zur Flutkatastrophe.

“Wir fordern, dass die Mittel aus dem 30 Mrd. Euro Wiederaufbaufonds in den von der Flut zerstörten Gemeinden konsequent zum Schutze des Klimas investiert werden: in den dezentralen Ausbau von erneuerbaren Energien, Elektrifizierung des Verkehrs, Heizungen nur noch mit Erneuerbaren Energien,” so Hans-Josef Fell, Präsident der in Berlin sitzenden Energy Watch Group.

Nach der Notfall-Hilfe und Stabilisierung geht es für die Betroffene im Hochwassergebiet nun um den Wiederaufbau. Allein in NRW werden die Schäden auf ca. 13 Mrd. Euro beziffert. Die Menschen, die Kommunalverwaltungen und die Wirtschaft brauchen dringend eine kompetente Energieberatung, wofür die Energieagentur Rheinland-Pfalz und die EnergieAgentur.NRW prädestiniert sind.

Doch die Landesregierung in NRW hat beschlossen, die EnergieAgentur.NRW zum Jahresende aufzulösen. Hier muss politisch rasch umgesteuert werden, bevor es zu spät ist.

Die Chance, den Aufbau für klimaverträgliche Investitionen zu nutzen, darf jetzt nicht vertan werden, betonen auch die am Runden Tisch sitzenden Wissenschaftler*innen. In einem Statement, das von einigen Autor*innen der Scientists for Future Studie “Klimaverträgliche Energieversorgung für Deutschland – 16 Orientierungspunkte” verfasst wurde, benennen sie konkrete Maßnahmen.

“Wichtig ist, dass beim Wiederaufbau nicht nur der Hochwasserschutz berücksichtigt wird, sondern die Gebäude und Infrastruktur auch auf 100 % erneuerbare Energien umgerüstet werden,” so Prof. Urban Weber von der TH Bingen. “Vor allem bei der Wärmeversorgung gilt es durch geeignete Fördermaßnahmen und zielgerichtete Beratungsangebote einen Wandel zu fossil-freien Heizsystemen zu fördern, da nur so die Klimaziele erreichbar sind.”

Das Ahrtal und die Eifel könnten so Modellregionen für den Klimaschutz werden und dazu beitragen die Klimakrise zu entschärfen und Menschenleben zu retten. Hierfür könne man die bereits existierende EnAHRgie-Studie heranziehen, sagt Rainer Doemen, der im Kreis Ahrweiler lebt, Bürgerenergie-Pionier und Mitbegründer des Runden Tischs sowie Beigeordneter der Stadt Remagen ist.

„Der Wiederaufbau der zerstörten Regionen mehr als 30 km entlang der Ahr muss Städte- und Verbandsgemeinde übergreifend erfolgen. Mindestens müssen die Energie-Steckbriefe des Bundesforschungsprojekts EnAHRgie, die die Räte der Gemeinden im Landkreis Ahrweiler einstimmig zur Kenntnis genommen hatten, schnellstmöglich beim Wiederaufbau umgesetzt werden,” sagt Doemen.

Doemen, der seit über vier Wochen ehrenamtlich Nothilfe im großen, verwüsteten Naturschutzgebiet im Ahrmündungsbereich leistet, fordert eine gemeindeübergreifende Kooperation und Katastrophen vorbeugende Flächennutzungs- und Bauleitplanung. “Die Bürgermeister*innen der betroffenen Gemeinden sollten ein Runden Expertentisch einsetzen”, so Doemen.

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Pressekontakt: Rainer Doemen, raidoe@mail.de, Mobil Tel.: 0176-47814701, stv. für den RT-EE. Sie können auch das Formular https://energiewende-2030.de/presse verwenden.

Die Stellungnahmen zum Wiederaufbau mit 100 % erneuerbaren Energien vom Runden Tisch und den Scientists for Future, weitere Links und Zitate von Vertretern von Organisationen des Runden Tisches finden Sie nachfolgend.

Stefan Gsänger, Generalsekretär World Wind Energy Association, Ko-Vorsitzender Global 100% Renewable Energy Plattform, ehrenamtlich bei P4F Bonn engagiert: “Der Wiederaufbau der durch die Klimakatastrophe verwüsteten Gegenden bietet die Chance, die Eifel zur bundes- und weltweiten Vorzeigeregion für das Klima zu machen, zur 100% Erneuerbare-Energien-Region. Wichtig sind dafür zwei Dinge: Die betroffenen Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort müssen diesen Prozess aktiv gestalten können. Bund und Länder müssen den Wiederaufbau mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen: finanziell und durch den Abbau rechtlicher Hemmnisse bei der Nutzung Erneuerbarer Energien. Eine 100% Erneuerbare-Energien-Region Eifel würde weltweite Anziehungskraft entwickeln und in ökonomischer, sozialer und ökologischer Hinsicht stärker als vor der Flut werden.”

Beate Petersen, Vorständin von EUROSOLAR e.V./Deutsche Sektion und Ratssprecherin Bündnis BürgerEnergie e.V.: Kommunen, Bürger*innen, Unternehmen und viele mehr brauchen Hilfe zur Selbsthilfe, robuste Infrastruktur zum BürgerEnergie Ausbau (dezentrale Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften wie sie die RED 2 EU-Richtlinie ermöglicht) sowie verlässliche Beratung vor Ort. Mit bewährter Expertise und Netzwerken leistet Letzteres seit 30 Jahren die EnergieAgentur.NRW. Diese Ende 2021 einzustellen wäre fatal. Hilfreicher ist, den dazu im September 2020 gefassten Beschluss in ein Moratorium umzuwandeln – bis zur NRW-Landtagswahl. Dem Beschluss folgten Monat für Monat Protestbriefe von diversen Verbänden, Initiativen und Bündnissen sowie mehrere Anfragen aus der NRW-Opposition. Sehr geehrte NRW-Entscheidungsträger, der Wiederaufbau steht auch im Mittelpunkt Ihrer Reden. Lassen Sie diesen Taten folgen, und erhalten Sie die für unser Land essenziell wichtige und weit darüber hinaus wertgeschätzte Kompetenz, denn diese wird nun gebraucht – dringend! Bestenfalls steuern Sie nun rasch nach und stellen JETZT wichtige Weichen für die regenerative Dekade.

Hans-Josef Fell, Energy Watch Group Präsident und ehemaliger Bundestagsabgeordnete der Grünen (1998-2013). Unsere Ende Mai dieses Jahres veröffentlichte Studie zeigt, dass Deutschland bis 2030 vollständig, zuverlässig und wirtschaftlich mit erneuerbaren Energien versorgt werden kann. Ein Wiederaufbau mit Erneuerbaren Energien ist kostengünstiger als der mit der alten klimaschädlichen Infrastruktur auf Basis von Erdöl, Erdgas und Kohlestrom. Es darf nicht sein, dass der Wiederaufbau im Ahrtal und in der Voreifel mit fossilen Energien geschieht, denn dann tragen auch der wiederaufgebaute Landkreis Ahrweiler und Gemeinden in NRW weiter zum Aufheizen der der Atmosphäre bei und befördern die nächsten noch schlimmeren Katastrophen wie Hochwasser, Dürren, Hitzeperioden, Waldbrande u.a.“

Weiterführende Links:

Ansprechpersonen und für Interviews verfügbare Experten*innen, u.a.

  • Rainer Doemen, Solarenergie-Förderverein Deutschland e. V., Solarverein Goldene Meile e.V., Impulsgeber des Runden Tisches Erneuerbare Energien.
  • Stefan Gsänger, Bonn, WWEA / P4F
  • Prof. Dr. Urban Weber, TH Bingen, S4F
  • Beate Petersen, Wuppertal, Eurosolar, BBE Beatrice Bednarz, Uni Mainz, S4F

Über den Runden Tisch EE:

Der Runde Tisch für Erneuerbare Energien ist eine offene Runde mit Vertreterinnen und Vertretern von Vereinen, Initiativen und Nichtregierungsorganisationen, die sich regional und bundesweit für 100% Erneuerbare Energien (EE) bis spätestens 2030

und eine dezentrale Energiewende einsetzen. Das erste Treffen fand im Januar 2017 auf Einladung von EUROSOLAR e. V. in den Räumen der Geschäftsstelle in Bonn statt. 100% Erneuerbare Energien bis 2030! – Der runde Tisch für EE

Zu den derweil über 25 Mitgliedern gehören u.a. BBE e.V., Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V., Energy Watch Group, Europäische Energiewende Community e.V., EUROSOLAR e.V., German Zero e.V., Parents for Future Deutschland, Solarenergie Förderverein Deutschland e.V. sowie assoziiert Scientists for Future und die Architects for Future.

Ende der Pressemitteilung

Hammelburg, 23. August,

Ihr Hans-Josef Fell