Kirche und Klimaschutz  

10 Jahre Laudato Si von Papst Johannes XIII

2015 wurde die viel beachtete päpstliche Enzyklika „Laudato Si, über die Sorge für das gemeinsame Haus“ von Papst Johannes XIII veröffentlicht.

Der Papst hatte darin unmissverständlich zum schnellen Handeln für Klima- und Umweltschutz aufgefordert.

Am 15. November 2019 kündigte Papst Franziskus sogar an:

„Wir sollten im Katechismus der katholischen Kirche die Sünde gegen die Ökologie, die ökologische Sünde gegen das gemeinsame Haus einführen.“

Leider hatte sich Papst Franziskus damit nicht gegen seine eigene Kurie durchsetzen können.

So nahm viele Jahre der Umwelt- und Klimaschutz in den Kirchengemeinden Deutschlands kaum Fahrt auf.

Doch das Blatt scheint sich zu wenden.

Papst Leo VIII erinnert an die Laudato Si und will den Vatikan zum ersten klimaneutralen Staat machen

Am 1. Oktober 2025 erinnerte Papst Leo VIII in einer Rede in der Sommerresidenz an die Enzyklika Laudato Si.

„Die in Laudato Si genannten Herausforderungen sind heute tatsächlich noch relevanter als vor zehn Jahren“, sagte er in der Audienz. Weiter ermahnte er die Menschen endlich zu handeln:

„Jeder in der Gesellschaft, muss Druck auf die Regierungen ausüben, um diese strengeren Vorschriften, Verfahren und Kontrollen zu entwickeln und umzusetzen. Die Bürger müssen sich aktiv an politischen Entscheidungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene beteiligen. Nur dann können die Umweltschäden gemindert werden.“

Papst Leo hat auch den Plan des Vatikans abgesegnet, ein landwirtschaftliches Feld nördlich von Rom in eine riesige Solarfarm umzuwandeln. Sobald die Farm in Betrieb ist, soll sie die Vatikanstadt zum ersten klimaneutralen Staat der Welt machen.

Beispiel: Diözese Würzburg stellt Sanierungsfinanzierungen der kirchlichen Gebäude auf Erneuerbare Energien um

Die Diözese Würzburg veranstaltete anlässlich 10 Jahre „Laudato Si“ am 4. Oktober einen Diözesantag mit dem Schwerpunkt Klima- und Umweltschutz. Ich wurde als Impulsredner geladen.

Lange Jahre herrschte auch in Kirchengemeinden und Diözesen, außer bei wenigen – aber durchaus sehr vorbildlichen Projekten –, kaum Dynamik im Klimaschutz. Das bischöfliche Baureferat in Würzburg lehnte wie viele andere auch trotz Laudato Si die Finanzierungen zahlreicher Sanierungen von Pfarrhäusern, Kirchen oder anderen Liegenschaften ab, wenn dort ökologische Sanierungen vorgeschlagen wurden. Auch die ökologische Sanierung von Kirche und Pfarrhaus in meiner Heimatstadt Hammelburg, die ich vor über einem Jahrzehnt mit dem damaligen Pfarrer umsetzen wollte. Die Investition in eine klimaschädliche Erdgas- oder Erdölheizung sei billiger als Solardächer und Wärmepumpen, so das bischöfliche Bauamt. Die hohen Heizrechnungen aufgrund der gestiegenen Erdgaspreise belasteten aber hinterher die Pfarrgemeinde enorm, so dass oft nicht ausreichend geheizt werden konnte. So ging es vielen Kirchengemeinden – ein Beispiel für kurzsichtiges ökonomisches Denken der kirchlichen Bauämter, wie es weit verbreitet in unserer gesamten Gesellschaft ist.

Neues Klimaschutzkonzept der Diözese Würzburg

Doch der Umweltbeauftragte der Diözese Würzburg, Herr Christof Gawronski, verkündete nun auf dem jüngsten Schöpfungstag, dass neue fossile Heizungen bei Sanierungen nicht mehr von der Diözese Würzburg unterstützt werden. So sind neue Erdölheizungen ganz ausgeschlossen, bei Erdgasheizungen muss der Nachweis erbracht werden, dass sie mit Investitions- und Betriebskosten kostengünstiger sind als Erneuerbare Energien. Da dies angesichts kommender steigender Erdgaspreise kaum machbar sein wird, kommt dies auch einem Ausschlusskriterium gleich.

So hat gerade ene’t eine erste Analyse der Gasnetzgebühren für 2026 vorgenommen und stellte eine deutliche Preissteigerungstendenz von 10 bis 12% fest.

Diese Preissteigerungen sind in den kommenden Jahren deutlich höher zu erwarten. Immer mehr Gaskunden steigen auf Wärmepumpen um. Damit müssen die Kosten des Gasnetzbetriebes auf immer weniger Erdgaskunden umgelegt werden, was deren Heizkosten steigen lassen wird.

Auch viele weitere vorbildliche Klimaschutzaktivitäten, von der Lebensmittelversorgung, hin zu Solaranlagen und Begrünungen wurden auf dem Schöpfungstag vorgestellt. Sogar Umweltbildung stellt einen Schwerpunkt dar.

In einer vorgestellten Klimastudie der Diözese wurde klar, wie wichtig der Gebäudesektor ist.

Die jährliche Gesamtemission des Bistums schätzt die Studie auf 32.337 Tonnen Kohlendioxid. Dabei machen die Gebäude (Heizung und Strom) mit 26.450 Tonnen rund 82 Prozent aus, die Mobilität 3416 Tonnen (11 Prozent) und die Beschaffung 2382 Tonnen (7 Prozent).  Größter Einzelposten im Bereich Beschaffung sind die rund 1,2 Millionen Portionen Mittagessen, die pro Jahr in Bildungshäusern und von Kirchenstiftungen betriebenen Kitas ausgegeben werden. Sie sorgen für 1786 Tonnen Kohlendioxid – 75 Prozent der Emissionen im Bereich Beschaffung.

Offensichtlich werden vielfach noch Nahrungsmittel, insbesondere Fleisch aus intensiver Landwirtschaft, eingekauft. In meinem Impulsvortrag ging ich auf viele Möglichkeiten – auch über Erneuerbare Energien hinaus – ein, wie Kirchengemeinden das päpstliche Anliegen Klimaschutz schnell verwirklichen können.​​​​​​​​​​​​​​​​

Mein Vortrag kann hier heruntergeladen werden.

Solarkirche Gräfendorf

Dabei gab es auch in der Würzburger Diözese schon lange herausragende Klimaschutzprojekte.

Seit 2013 wird die Schutzengelkirche Gräfendorf, ganz in der Nähe meiner Heimatstadt Hammelburg, mit 100% Erneuerbaren Energien, als erste Kirche Deutschlands klimaneutral versorgt. Eine 20 Zentimeter starke Außendämmung mit Gesteinsschaum, eine Dachinnendämmung mit Hanf sowie Isolierverglasung senkten den Energiebedarf deutlich. Die Heizenergie liefert eine Luft-Wasser-Wärmepumpe in Verbindung mit 45 Quadratmetern Hybrid-Solarkollektoren. Ein 4000 Liter fassender Schichten-Pufferspeicher speichert die Wärme der Solarkollektoren. Der Spitzenwärmebedarf im Winter wird mit einem Holzpelletkessel bedient. Der Strom für Wärmepumpe und ‒verteilung kommt über eine eigene 49 kW Photovoltaik-Anlage.

Solardächer der Erlöserschwestern

2019 beschloss die Kongregation der Erlöserschwestern, mit Stammhaus in Würzburg und vielen Liegenschaften auch in den USA und Tansania, bis 2037 komplett klimaneutral zu werden, mit einer Energieversorgung zu 100% Erneuerbaren Energien.

Inzwischen ist die Sanierung der großen Innenstadtliegenschaften mit Solarenergie und Begrünungen einst versiegelter Innenhofflächen weit fortgeschritten. Bedeutsam ist die großflächige Dachsanierung mit PV-Dachziegeln im Biberschwanzdesign. Viel Kraft und Engagement setzten die Erlöserschwestern in die Überwindung der Widerstände des Denkmalschutzes ein. Unterstützung erhielten sie vom damaligen Klimabürgermeister Martin Heilig (Bündnis 90/Die Grünen), der kürzlich sogar zum Oberbürgermeister Würzburgs gewählt wurde. Die Schwestern überwanden damit größte Hürden und gelten nun als Vorbild für die Vereinbarkeit von Denkmalschutz und Solardächern, verwirklicht im Areal zwischen dem UNESCO-Weltkulturerbe der weltberühmten Würzburger Residenz und dem Würzburger Dom.

Finanzierungsmöglichkeiten der Kirchen für Klimaschutzmaßnahmen

Ganz neu ist nun auch eine Bankenfinanzierung speziell für Kirchengemeinden – katholische wie evangelische:

Die Evangelische Bank hat über ihre Investment-Tochter EB-SIM einen Fonds für erneuerbare Vorhaben von Kirchen, Diakonie und sozialen Einrichtungen (katholisch und evangelisch) aufgelegt. Zudem unterstützt das Unternehmen sie auch bei der Umsetzung der Projekte.

Die Bank EB-SIM übernimmt damit Verantwortung für das Bewahren der Schöpfung, denn in der Sozialwirtschaft entstehen jedes Jahr rund 14 Millionen Tonnen CO₂.

In meinem Vortrag hatte ich auch angeregt, kirchliche Liegenschaften mit Bürgerkapital zu finanzieren. So können Solaranlagen auf Kirchen oder Kindergärten von Beteiligungen der Mitglieder der Kirchengemeinde realisiert werden, um die Stromkosten der Kirchen oder anderer Gebäude zu senken.

Organisiert werden kann dies auch über die Kommune, die mit Beteiligungskapital der Bürgerinnen und Bürger Solaranlagen auf öffentlichen, kirchlichen und anderen Gebäuden installiert. Die Gemeinde Himmelstadt bei Würzburg tut genau dies schon seit 2023.

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, auch für Kirchengemeinden und Diözesen den päpstlichen Klimaschutzanstoß über die Enzyklika Laudato Si in jeder Kirchengemeinde umzusetzen. Die Dringlichkeit des Klimaschutzes wird auch in den Kirchen immer mehr erkannt und endlich auch umgesetzt. Jedes Kirchenmitglied kann und sollte sich, den Worten von Papst Leo VIII. folgend, auch persönlich für den Klimaschutz engagieren.