Alberta Waldbrände: 100.000 Klimaflüchtlinge in Kanada. Die Natur schlägt erbarmungslos zurück.
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Alberta Waldbrände: 100.000 Klimaflüchtlinge in Kanada. Die Natur schlägt erbarmungslos zurück.
Es kommt, wie es kommen muss, denn die Natur kennt keine Kompromisse. Auch das Leugnen des Klimawandels gibt den Klimawandelignoranten keine Chance, den Katastrophen, die der Erderwärmung folgen, zu entgehen. Früher oder später werden auch sie alle davon erfasst.
Ein Lehrstück besonderer Art kann man aktuell in der kanadischen Provinz Alberta sehen.
In Alberta wird auf höchst schmutzige und intensivste Art unkonventionelles Erdöl, insbesondere aus Teersand, gewonnen. Dies geschieht im großflächigen Tagebau, was nur über massive Naturzerstörung, vor allem durch irreversible Waldabholzungen, gelingt. Vergiftete Mondlandschaften ohne Natur sind die Folge. So ist Kanada alleine für ein Fünftel der gesamten weltweiten Waldabholzung verantwortlich. Hunderttausende Quadratkilometer Wald sind bereits zerstört. .
Alleine durch die Abholzung sind ungeheure Mengen CO2 in die Atmosphäre emittiert worden. Die Verbrennung in Autos und Heizungen des in Alberta gewonnen Erdöles hat weiter immense CO2 Emissionen verursacht. Vor allem auch, weil das kanadische Erdöl aus Alberta mehr als dreimal mehr CO2-intensiv ist als konventionelles Erdöl. Damit gehört Alberta zu einem Hotspot der Verursacher der Erderwärmung.
Nun hat mit den verheerenden Waldbränden die Erderwärmung Alberta in besonderer Art heimgesucht. Eine Trockenheit, wie es sie seit 50 Jahren nicht mehr gab, in Verbindung mit hohen Temperaturen und heftigen Winden – alles Phänomene, die mit höherer Erdtemperatur häufiger auftreten – hat beispiellose Waldbrände entfacht. 1.000 Quadratkilometer Wald sind bereits zerstört.
100.000 Menschen mussten schon aus ihren Häusern flüchten, mit unbekannten Ausgang, ob sie je wieder zurückkommen können. Dies ist eine Anzahl von Klimaflüchtlingen, die man sonst nur aus Afrika kennt. Hunderte Häuser in Alberta sind bereits niedergebrannt, das Eigentum und viele Existenzen sind vernichtet, was man in dieser Dimension sonst nur aus Kriegsgebieten kennt. Die Menschen in Alberta beginnen, ihren durch Waldabholzung und Erdölförderungen begonnen Krieg gegen die Natur zu verlieren. Die Natur, so müssen sie schmerzhaft erkennen, ist mächtiger als die Ignoranz des Menschen zu den Auswirkungen des Klimawandels.
Diese Auswirkungen sind sogar schlimmer als in manchen Kriegsgebieten. Zwar können die 100.000 Menschen, die die Stadt Fort McMurray im Zentrum der Erdölförderung Albertas bereits verlassen mussten, mit geordneten Notunterkünften rechnen, doch selbst im brutalen Bürgerkrieg in Syrien gab es noch keine vollständige Flucht aller Menschen aus einer Großstadt, in Alberta aber schon.
Die meisten dieser Menschen haben die Ursache ihrer jetzt stattfindenden Existenzvernichtung geleugnet. Sie hatten die Hoffnung, viel Geld mit dem Erdöl aus Alberta zu verdienen. Die kanadische Regierung hatte sogar das Kyoto Protokoll gekündigt, weil sie die eingegangene Emissionsreduktionsverpflichtung mit der wachsenden Ölförderung, u.a. in Alberta, nicht mehr einhalten konnte und wollte. Das schnelle Geld mit dem Erdölverkauf war der kanadischen Regierung sowie den Menschen und Unternehmen in Alberta wichtiger als der Klimaschutz.
Nun beginnen viele Menschen in Alberta, der angeblich reichsten Provinz Kanadas, alles zu verlieren – nicht nur wegen der Waldbrände. Längst hat der Rückgang des Erdölpreises auch Alberta mit einem Rückgang der Erdölgeschäfte und damit der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt erreicht. Das deutliche Anwachsen der Arbeitslosigkeit in Alberta schon vor den Walbränden ist dafür ein untrügliches Indiz, genauso wie der Einbruch der aktiven Oil Riggs von 46 Prozent im April 2016 gegenüber dem Vorjahr.
Die Entscheidung für die Naturvernichtung Albertas hat also auch schon längst auf anderem Wege gezeigt, wie verheerend sich die einseitige Fixierung auf das schnelle Geld der Ölwirtschaft auswirkt. Eine Entscheidung aller Verantwortlichen auf eine naturerhaltende und klimaschützende Wirtschaft hätte vielen Menschen Einkommen und dauerhaften Wohlstand verschafft. Eine nachhaltige Holzwirtschaft und eine Energiewirtschaft, die auf Wind, Sonne und Wasserkraft setzt, hätte der Region viel Wohlstand, Arbeitsplätze und Einkommen verschafft. So würde es heute Region sein, die eben nicht ein globaler Hotspot für das Aufheizen der Erderwärmung ist.
Alberta muss ein Lehrstück für die Weltgemeinschaft werden. Die globale Wirtschaft ist aber leider auf dem schlimmsten Wege, immer mehr Weltregionen zu zerstören, statt endlich wirksamen Klimaschutz zu verwirklichen. Noch können sich viele Länder wie in Europa mit hohem Waldreichtum solche Dimensionen von Waldbränden nicht vorstellen. Doch es ist nur eine Frage der Höhe der Erdtemperatur, bis auch bisher verschonte Regionen von ähnlichen Katastrophen heimgesucht werden. Das müssen nicht immer Waldbrände sein: Der Anstieg des Meerspeigels wird weit mehr Klimaflüchtlinge erzeugen, wie es Alberta nun erleben muss.
Jede weitere Erhöhung der heutigen Erderwärmung von bereits 1°C um weitere zehntel Grad wird immer schlimmere Katastrophen zur Folge haben. Die Menschheit muss endlich ein Wirtschaftssystem anstreben, das eine Abkühlung des Planeten zur Folge hat. Dazu müssen alle Emissionen gestoppt werden und Kohlenstoffsenken endlich greifen.
Alberta könnte dies bestens mit viel gewinnbringenden neuen Wirtschaftszweigen zeigen. Ein Stopp der Erdölförderung wird auch hier zwingend sein, dafür wird ein schnelles Wachstum der Erneuerbaren Energien neue Beschäftigung bringen. Die Wiederaufforstung der abgebrannten Wälder wird nicht nur der Natur Albertas helfen, sondern auch der Holzwirtschaft und sie wird viel Kohlenstoff speichern, die die Erdölwirtschaft direkt und indirekt durch Waldvernichtung emittiert hat. Alberta könnte der Welt zeigen, wie Klimaschutz wirklich geht und Wohlstand langfristig gesichert wird. Das Entscheidende wird sein: Schluss mit der der Erdölwirtschaft.
Alberta, Kanada, ja die gesamte Menschheit muss endlich mit dem Vernichtungskrieg gegen die Natur aufhören. Denn Alberta zeigt, dass es in diesem Krieg nur einen Verlierer gibt: Die Menschen.
Berlin, den 07. Mai 2016
Ihr Hans-Josef Fell