Weltweiter Kohleverbrauch sinkt deutlich
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Weltweiter Kohleverbrauch sinkt deutlich.
Überraschend und ernüchternd für ihre Vorhersagefähigkeit dürfte für viele konventionelle Energieanalysten die jüngste Meldung sein, wonach der globale Kohleverbrauch aktuell schnell zurückgeht. Unentwegt hatte die fossile Wirtschaft eine weitere Zunahme des Kohleverbrauchs vorhergesagt, weil ansonsten die Energieversorgungssicherheit nicht gewährleistet wäre.
Nun kommt die große Überraschung: Der Kohleverbrauch in der Welt sinkt – und dies sogar bei sinkenden Kohlepreisen.
Es ist unglaublich, aber wahr: Von 1000 Mio. Tonnen auf dem Peak sinkt der globale Kohleverbrauch hochgerechnet in diesem Jahr auf 900 Mio. Tonnen.
Dass der Analyst Bloomberg trotz des unerwarteten Rückgangs des Kohleverbrauchs wieder auf Wachstum setzt, kann wohl nur dadurch erklärt werden, dass die neuen Entwicklungen selbst bei Bloomberg noch nicht genügend analysiert sind.
Über die Gründe kann bisher nur spekuliert werden, aber es liegen viele auf der Hand: Vor allem China als größter Kohleverbrenner hat wegen der Luftverschmutzung eine aktive Kohleausstiegspolitik eingeläutet. Auch in anderen Weltregionen führen Luftverschmutzung und die Bekämpfung der Klimakrise zu einer aktiven Kohleausstiegspolitik. So hat die industriell starke kanadische Provinz Ontario bereits den Kohleausstieg völlig geschafft.
Zudem greift offensichtlich die Divestmentkampagne, die die großen Finanzinvestoren aufruft, ihre Kohlebeteiligungen zu beenden und keine neuen mehr zu ergreifen. Bekanntlich haben dies der größte Finanzfonds, der Norwegische Pensionsfonds, die französische Axxa Versicherung u.a. bereits getan. Immer mehr Finanzinstitute warnen vor weiterem Kohleinvestment als verlorenes Kapital. Die Warnungen zeigen offensichtlich Wirkung. Zudem ersetzen immer mehr Erneuerbare Energien die Investitionen in Kohle und führen gar zur Abschaltung bestehender Anlagen, wie in Deutschland, wo der billige Ökostrom an der Börse bereits einige Kohlekraftwerke zum Schließen zwang.
Klar ist aber, dass vom Emissionshandel mit Sicherheit kein Preissignal ausging, der den aktuellen Rückgang des Kohleverbrauchs hätte verursachen können.
Erstaunlich ist diese Entwicklung vor allem auch, weil sie noch ohne Klimaschutzbeschluss in Paris im Dezember dieses Jahres kam. Der rasante Rückgang des Kohleverbrauchs zeigt, dass die Zielvorstellungen der Emissionsreduktionen, wie sie in Paris diskutiert werden, unzulänglich und auch nicht angemessen sind. Wenn schon im Kohlesektor trotz sinkender Preise eine Verbrauschsenkung von 10% innerhalb von 2 Jahren real eingetreten ist, wäre es gut, wenn die Weltgemeinschaft mutigere Ziele anstreben würde als 30 oder 40% Emissionsreduktion in 15 Jahren und 80% bis 2050. Die aktuelle Entwicklung im Kohlesektor zeigt, dass viel mehr Klimaschutz möglich ist, als in Paris diskutiert werden wird. Auch viel mehr, als die angeblich so führende deutsche Regierung einfordert.
Die Klimaschutzbewegung und die Klimaschutzpolitik sollten dieses ermutigende Zeichen aus der Entwicklung des Kohleverbrauchs aufgreifen und Maßnahmen und Ziele formulieren, was wirklich wirksamen Klimaschutz bewirken könnte:
- Eine Ächtung der Nutzung fossiler Rohstoffe, verbunden mit einer Ächtung der fossilen Investitionen und nicht die Akzeptanz weiterer Klimagas-Emissionen auf hohem Niveau, was aber eine Klimagasemissionsreduktion von 40% bis 2030 und 80% bis 2050 bedeuten würde;
- eine Abschaffung der Subventionen für die fossilen Rohstoffe und statt dessen steuerliche Unterstützungen für Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz
- eine Besinnung auf wirksame Instrumente und Zielvorstellungen, wie die Einführung einer Kohlenstoffsteuer, verbunden mit der Abschaffung des Emissionshandels, sowie weltweite Einspeisevergütungen für Erneuerbaren Energien, statt untauglicher Ausschreibungsmodelle
- und endlich eine massive Unterstützung der Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien, statt Ausbremsen der Erneuerbaren Energien, wie es auch die deutsche Regierung tut.
Nur so kann in Paris wirklich ein Beitrag für den Klimaschutz beschlossen werden. Ansonsten wird die tatsächliche Entwicklung in der Welt mit dem Ausstieg aus den fossilen Energien, vor allem durch Ausbau der Erneuerbaren Energien, alle Klimaschutzbeschlüsse der Weltgemeinschaft schnell übererfüllen. Dies sollte uns dann in einigen Jahren nicht erfreuen, sondern heute anspornen, in Paris wesentlich mutigere Beschlüsse einzufordern – die heutigen Auswirkungen der Erderwärmung verlangen eben schon heute wesentlich ambitioniertere Beschlüsse zum Klimaschutz, als sie in Paris diskutiert werden.
Berlin, den 15. August 2015
Ihr Hans-Josef Fell