Neues zur Windkraftpolitik aus dem bayerischen Absurdistan
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!
Nun dämmert es wohl auch allmählich auch der Bayerischen Staatsregierung, dass ihre Energiepolitik unauflösliche Widersprüche enthält: Am Atomausstieg wird offiziell noch festgehalten. Damit müssen 47% der aktuellen bayerischen Stromerzeugung bis 2022 ersetzt werden. Neue Gleichstromleitungen zum Import von Wind- und Wasserkraftstrom aus dem Norden soll es aber – wie berichtet – nicht geben. Der Ausbau von Biogas ist mit CSU-Unterstützung mit der EEG-Novelle 2014 beendet worden, in der bayerischen Wasserkraft gibt es keine nennenswerten Neubauten mehr und die Solarstrominvestitionen sind ebenfalls massiv eingebrochen. Mit dem im November im Landtag verabschiedeten Gesetz zu höheren Windkraftabständen von der Wohnbebauung (10H-Regelung) wird es ab 2016 keine neuen Windräder mehr geben. Die gewünschten Gaskraftwerke aber sind zu teuer, so dass sie niemand baut. Woher also soll der Ersatz von fast 50 % der bayerischen Stromversorgung in den nächsten sieben Jahren kommen?
Jetzt gibt es neue geniale Idee: Wenn schon per Gesetz nicht erlaubt ist, Windkraftanlagen näher als mit einem Abstand der 10-fachen Höhe des Windrades (10H) zur Wohnbebauung zu errichten, dann gibt man am besten den Kommunen mit Steuergeldern unterstützte Hilfen, damit sie Bebauungspläne aufstellen, um so dann doch die Windkraft näher an die Wohnbebauung heranzurücken. So jedenfalls der Vorschlag von Energieministerin Aigner, die damit eine Schlussfolgerung des Energiedialoges aufgreift.
Nun steht aber im 10H-Gesetz, dass die Nachbargemeinde auch noch mitzureden hätte, wenn eine Kommune einen kleineren Abstand als 10H festlegen will. Da Ungemach befürchtet wird, dass die Nachbargemeinde die Pläne durchkreuzen kann, lassen es dann die Kommunen gleich bleiben und weisen gar keine Bebauungspläne für kürzere Windkraftabstände aus.
Da wiederum kommt nun das bayerische Innenministerium zu Hilfe. Es lässt in seinen „Ersthinweisen“ zur Auslegung des 10H-Gesetzes verlauten, dass die Nachbargemeinde die kürzeren Abstände gar nicht verhindern kann, da eine Zustimmungspflicht u.a. dem Baugesetzbuch zuwiderlaufe. Na das ist ja toll für die Windkraft: Jetzt los liebe Kommunen, ihr bekommt sogar Geld, damit ihr das 10H-Gesetz umgehen könnt.
Treffend hat das Henry Stern in der Main Post beschreiben: „Die Staatsregierung will also mit Steuermitteln aufwendige Planungsverfahren finanziell unterstützen, die in der Sache gar nichts ändern – die man aber auch nicht bräuchte, wenn es das 10H-Gesetz nicht gäbe. Planungsverfahren, die zudem geeignet sind, das vom eigenen Ministerpräsidenten versprochene Konsens-Gebot auszuhebeln. Ein Gebot, das wohl ohnehin stets ein leeres Versprechen war, weil es der kommunalen Planungshoheit zuwiderläuft.“
Wie gut es war, gleich mit einer Bürger-Klagegemeinschaft gegen die 10H-Gesetzgebung vorzugehen, zeigt sich nun. Die gemeindliche Planungshoheit steht im Zentrum der Klagegründe, die bereits am bayerischen Verfassungsgericht anhängig ist. Letztendlich wird die Klage, wenn sie erfolgreich ist, auch dem bayerischen Steuerzahler viele Millionen ersparen für Planungsverfahren, die gar nicht nötig sind.
Hier geht’s zum Artikel von Henry Stern.
Hier finden Sie die Schlussfolgerungen des Energiedialogs.
Hier finden Sie die „Ersthinweise“ zur 10-Regelung des Innenministeriums.
Hier geht’s zur Unterstützung der Klagegemeinschaft Pro Windkraft.
Berlin, den 16. Februar 2015
Ihr Hans-Josef Fell