Aigners EEG-Schuldenvorschlag ist absurd

Mit Aigners Schuldentopf würden kommende Stromkunden heutiges Lohndumping und Energieverschwendung bezahlen, denn genau das sind die Tricks, mit denen sich immer mehr Unternehmen die Befreiung von der EEG-Umlage erschleichen. Mit Finanzierung der Energiewende hat der Schuldenvorschlag Aigners nichts zu tun, weil die steigenden Mehrkosten der EEG-Umlage faktisch nichts mehr mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zu tun haben; sie resultieren vielmehr aus dem sinkenden Börsenstrompreis und ausufernden Industriebefreiungen.

Die EEG-Umlage jenseits von 4,9 Cent/kWh mit Krediten zu finanzieren, heißt nichts anderes, als kommende Generationen mit den weitgehend ungerechtfertigten Vorteilen heutiger Industrieentlastungen zu belasten. Jahrzehntelang müssen dann Stromkunden Schulden abbezahlen, die zunehmend dazu dienen, Fehler in der Berechnung der EEG-Umlage aufrecht zu erhalten, statt diese endlich zu korrigieren.

Um in den Vorteil der EEG-Umlagebefreiung zu kommen, nutzen immer mehr Unternehmen skrupellose Praktiken. Sie setzen reguläre Arbeitskräfte auf die Straße und dafür Billiglohnkräfte wie Leiharbeiter ein, um die Grenze zur Energieintensität von 14 % Energieanteil an der Bruttowertschöpfung zu überschreiten. Denn anders als die Kosten für Festangestellte können Betriebe die Kosten für Leiharbeiter von der Bruttowertschöpfung abziehen. Sie treiben mit massiver Stromverschwendung den Stromverbrauch nach oben oder gründen eigens Tochtergesellschaften, die so organisiert sind, dass sie die Grenze zur EEG-Umlage befreienden Stromintensität überschreiten. Zudem kaufen immer mehr Unternehmen den Strom an der Börse und profitieren so schon – anders als Privatverbraucher – vom billigen Solar- und Windstrom.

Der Vorschlag der bayrischen Energieministerin Ilse Aigner bedeutet also nichts anderes, als die mit Lohndumping und Energieverschwendung erschlichenen EEG-Umlagebefreiungen vieler Unternehmen mit Milliardenschulden auch noch von künftigen Stromkunden bezahlen zu lassen.

Aigners Entlastungsvorschlag würde die EEG-Umlage aktuell nur um 1,4 Cent/kWh auf 4,9 Cent reduzieren. Die Kosten für Befreiungen für die Industrie und die EEG-Umlagesteigerung durch sinkende Börsenstrompreise liegen aber schon mehr als doppelt so hoch. Die längst überfällige Korrektur dieser beiden Kostenanteile würde die Stromkunden also mehr entlasten, ohne irgendwelche Schulden aufzunehmen.

Zudem führt der zukünftige Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht mehr zu einer nennenswerten Belastung der EEG-Umlage und braucht Aigners Schuldentöpfe daher gar nicht. Die Begründung Aigners, die Energiewende sei mit Schuldenaufnahme besser zu finanzieren, ist daher nur ein Vorwand, um die Industrieprivilegien zu erhalten, die in Wahrheit von diesen Krediten finanziert werden sollen. Dass es Frau Aigner nicht um die Finanzierung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien geht, sieht man schon allein daran, dass sie den Windkraftausbau nicht nur in Bayern mit neuen Abstandsregelungen und drastischen Vergütungssenkungen ganz zum Erliegen bringen will.

Dass auch Verbraucherschützer den Schuldenvorschlag gutheißen und sogar behaupten, damit ließen sich die Strompreise dauerhaft stabil halten, zeigt nur auf, wie weit die Strompreisdebatte inzwischen von ganzheitlichen Analysen entfernt ist. Auch Verbraucherschützer kennen die zukünftigen Erdgas-, Kohle- und CO2-Preise nicht. Wenn diese wieder steigen – wofür vieles spricht – dann steigen auch die Strompreise. Stabil gehalten werden kann der Strompreis nur mit einem Umstieg auf Erneuerbare Energien, die rohstoffpreisabhängige fossile Brennstoffe ersetzen müssen. Allerdings gehört dazu auch eine EEG-Novelle, die die preistreibenden Posten der EEG-Umlage – Industrieprivilegien und sinkende Börsenstrompreise – endlich korrigiert.

Berlin, den 06. Januar 2014

Ihr Hans-Josef Fell