Klimaschutz und Erneuerbare Energien:  Was wir von Rechtspopulisten, Rechtsradikalen und Neoliberalen in Regierungsverantwortung zu erwarten haben

Nicht nur die letzte EU-Wahl hat gezeigt, dass rechtspopulistische, rechtsradikale und neoliberale Parteien immer mehr Zulauf bekommen – in der EU, aber auch in anderen Ländern wie Argentinien oder den USA. Ob sie nun auch in Frankreich, Italien oder Argentinien die Regierungsverantwortung erreichen, ist unklar, aber bei der kommenden Stichwahl zu befürchten. In der gestrigen Wahl zur Nationalversammlung in Frankreich hat der rechtsnationale Rassemblement National (RN) von Le Pen die meisten Stimmen erhalten. Auch in Deutschland erscheinen mit den Landtagswahlen im Herbst Machtübernahmen der in Teilen rechtsradikalen AfD erstmals auf Länderebene möglich.

Was die meisten von ihnen im Klima- und Energiesektor vereint, ist die Leugnung des menschengemachten Klimawandels, die Ablehnung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und eine Politik für Atomenergie und für fossile, klimaschädliche Energien.

AfD und FDP wollen das EEG abschaffen

So hat die AFD im Oktober letzten Jahres einen Antrag im Bundestag eingebracht, dass die Regierung darauf hinwirken solle, „alle Zahlungen und Begünstigungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität aus so genannten erneuerbaren Energien, die neu oder erneut in Betrieb genommen werden, vollständig und ersatzlos zu streichen.“

Eine politische Zielvorstellung, die auch die FDP seit Jahren verfolgt und erst kürzlich bestätigt hat.

Dabei sind die Erneuerbaren Energien die billigste Art Energie zu erzeugen, sie sind unverzichtbar für Klimaschutz und Gesundheitsvorsorge. Heimische Erzeugung der Erneuerbaren Energien ist von autokratischen und oftmals kriegsführenden, diktatorischen Regimen unabhängig.

Doch all diese bestechenden Argumente lassen Neoliberale wie die FDP und Rechtsaußen wie die AfD völlig kalt.

Dennoch sollte man sich nicht täuschen. Was so knallhart wie von FDP und AfD politisch formuliert wird und vielen als unglaublich erscheint, wird tatsächlich von solchen neoliberalen und rechtsaußen Parteien umgesetzt, sobald sie allein in Regierungsverantwortung sind oder sich gegen Koalitionspartner durchsetzen können.  Sie tun dies trotz aller klar sich abzeichnenden wirtschaftlichen Schäden, die mit einem Zurückdrängen der Erneuerbare Energien Industrie verbunden sind.

Ron DeSantis, Gouverneur in Florida, unterzeichnete gerade ein Antiklimaschutzgesetz

Ein jüngstes schlimmes Beispiel ist Ron DeSantis, der republikanische und Donald Trump unterstützende Gouverneur im US-Bundesstaat Florida. Er unterzeichnete kürzlich ein Gesetz gegen den Klimaschutz, das es der Regierung erlaubt, den Klimawandel bei der Ausarbeitung der Energiepolitik zu ignorieren. Das Gesetz verbietet den Bau von Offshore-Windturbinen in staatlichen Gewässern und hebt staatliche Förderprogramme auf, die Energieeinsparung und Erneuerbare Energien fördern. Es streicht die Anforderungen, dass staatliche Behörden klimafreundliche Produkte verwenden und kraftstoffsparende Fahrzeuge kaufen müssen. Es verhindert auch, dass Städte und Gemeinden in Florida die Art des Brennstoffs einschränken dürfen – ein großer Kniefall vor der fossilen Erdöl- und Erdgasindustrie.

DeSantis verkündete, dass das neue Gesetz „Windmühlen von unseren Stränden fernhalten, Gas in unsere Tanks bringen und China aus unserem Staat fernhalten wird. Wir stellen die Vernunft in unserem Umgang mit Energie wieder her und lehnen die Agenda der radikalen grünen Eiferer ab.“

Wie stark diese Rhetorik doch derjenigen der AfD, Teilen der FDP, Freien Wählern und größeren Teilen der Union hierzulande gleicht.

Dabei zeigte die Erdaufheizung gerade in Florida letztes Jahr schlimmste Auswirkungen. 2023 war das heißeste Jahr in Florida seit 1895. Die Gewässer vor der Küste erhitzten sich im Sommer auf 32 Grad, was Korallenbleiche und den Tod von Meereslebewesen zur Folge hatte. Hurrikan Idalia verursachte Schäden in Höhe von schätzungsweise 3,6 Milliarden Dollar. Im Jahr 2022 wurde Hurrikan Ian für mehr als 140 Todesfälle und Schäden in Höhe von 109,5 Milliarden Dollar in Florida verantwortlich gemacht und war damit laut der National Oceanic and Atmospheric Administration der teuerste Hurrikan in der Geschichte des Staates.

Frankreichs Rechte auf klarem Kurs für Atom und gegen Windkraft und Solar

In Frankreich ist nach den Ergebnissen der gestrigen Wahl zu befürchten, dass die Rechten um Le Pen nach den Stichwahlen die Regierung stellen könnten.

Kommt Le Pen an die Macht, will sie laut Parteiprogramm den Zubau von Solarenergie stoppen. Zudem wirbt sie für einen Rückbau von Windkraftanlagen. Jegliche Subventionen zum Ausbau von Solar- und Windkraft sollen beendet werden. Stattdessen wollen die Rechtsextremen auf Wasserkraft, Geothermie und eine Renaissance der Kernkraft setzen.

Wie absurd die Vorstellungen des Ausbaus der Atomenergie in Frankreich sind, zeigt die dortige Staatsverschuldung. Die Europäische Kommission leitete gerade gegen Frankreich, Italien und fünf weitere EU-Länder ein Strafverfahren wegen zu hoher Neuverschuldung ein.

Die Staatsverschuldung Frankreichs wird Atomkraftneubau verhindern

Die Staatsschulden Frankreichs betrugen zuletzt mehr als 3 Billionen Euro (111 % des BIP). Dabei machen allein die Schulden des staatlichen Atomkonzerns EDF 54,4 Mrd. Euro aus. Für die Ausbaupläne der Atomenergie, die Präsident Macron verfolgt, ist ein Investitionsbedarf von mehr als 100 Mrd. Euro für den Bau und die Instandhaltung von Reaktoren nötig.

Allein die extrem hohe Staatsverschuldung wird daher den Ausbau der Atomenergie verhindern. Privates Investment in Atomkraft hat es weltweit noch nie gegeben. Atomreaktoren wurden immer durch den Schuldenaufbau der Staaten finanziert. Doch das wird bei der hohen Staatsverschuldung Frankreichs auch Le Pen nicht schaffen. Es sei denn, sie treibt Frankreich in den Staatsbankrott, ähnlich wie Griechenland vor gut einem Jahrzehnt. Das kleine Griechenland konnte noch durch einen sehr schwierigen Kraftakt der übrigen EU-Staaten finanziell gerettet werden. Das große Frankreich wäre im Falle eines Staatsbankrotts von den anderen EU-Staaten nicht zu retten. Der angestrebte Ausbau der Atomkraft in Frankreich ist nur ein Hirngespinst der Rechten und der Neoliberalen um Macron.

Milei und FDP

Der radikalste Neoliberale in Regierungsverantwortung weltweit ist der seit etwa einem Jahr amtierende argentinische Präsident Milei. Milei bezeichnet sich selbst als „Anarchokapitalisten“ und „libertär“. Er leugnet den menschengemachten Klimawandel. Der Staat solle sich auf Polizei, Militär und Justiz beschränken; alles andere solle der Markt regeln. Auf Wahlkampfveranstaltungen schwang er symbolisch eine Kettensäge, mit der er den Staat zerlegen möchte. Mit radikalen Kürzungen soll Argentiniens drastische Inflation gesenkt und die Schuldenkrise gelöst werden. Bereits kurz nach der Wahl schaffte er 13 Ministerien ab, darunter die für Arbeit, Bildung, Soziales, Frauen und Umwelt.

Letztes Wochenende hat Milei ausgerechnet in Deutschland einen Preis der Hayek-Gesellschaft erhalten. Für seine Ideen wird er nicht nur in rechtskonservativen, neoliberalen Kreisen geschätzt, sondern auch im Umfeld der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF). Sowohl die Hayek-Stiftung als auch die FNF werden unter anderem dem von der US-Ölwirtschaft finanzierten Atlas-Netzwerk zugeordnet.

Die Betonung der Wirtschaftsfreiheit und gleichzeitig autoritäre Tendenzen seien kein Widerspruch, sagt Dieter Plehwe vom Wissenschaftszentrum Berlin, der zu neoliberalen Netzwerken und Think Tanks forscht: „Für meine Begriffe kann man am Neoliberalismus sehen, dass demokratische Rechte eingeschränkt werden für die Wirtschaftsfreiheit. Das ist der Übergang zum autoritären Neoliberalismus.“ Auch Klimapolitik werde als Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit gesehen und deshalb von radikalen neoliberalen Kreisen wie Milei abgelehnt.

AfD-Landrat in Sonneberg

Im Wahlkampf trumpfen rechte und neoliberale Politiker massiv auf, versammeln nicht nur Neonazis hinter sich, sondern auch einfach nur Protestwähler und versprechen das Blaue vom Himmel. Doch in der Regierungsverantwortung versagen sie oft komplett.

Das jüngste Beispiel ist der vor etwa einem Jahr gewählte erste AfD-Landrat Deutschlands, Sesselmann, in Sonneberg. Gefordert hatte er viel: den Euro abschaffen, Grenzen schließen, die Kliniken vor Ort erhalten. Doch stattdessen sind die Straßen marode, Schulen schließen und es gibt finanzielle Engpässe. Nun steht der Landkreis im Süden Thüringens finanziell am Abgrund und ist seit April in die Haushaltskonsolidierung gerutscht. Es muss radikal gespart werden. Ein Hauptgrund: Die Regiomed-Kliniken, ein wichtiger Arbeitgeber in der Region, haben Insolvenz angemeldet. Im Wahlkampf hatte Sesselmann noch mit dem Slogan „Kliniken erhalten“ geworben, nach dem Sieg pumpte seine Behörde einen Millionenbetrag in die Klinikgruppe – ohne Erfolg. Der Erhalt der Kliniken ist nicht das einzige Wahlversprechen, das der 51-Jährige nicht einlösen konnte. So muss beispielsweise auch die Grundschule im Ortsteil Mengersgereuth-Hämmern nun endgültig schließen, für die sich bis zuletzt viele Einwohner eingesetzt hatten. Sesselmann versprach noch vor einem Jahr, die Schule erhalten zu wollen.

Natürlich ist auch Sesselmann gegen Erneuerbare Energien und hat als Landrat über die Genehmigungsbehörde große Möglichkeiten der Verhinderung, in seinem Landkreis ähnlich wie DeSantis in Florida. Wirtschaftsunternehmen und Verbände warnen daher dringend vor der Wahl von AfD-Landräten.

Neoliberale und Rechtsradikale schaffen Wirtschaftseinbrüche und beschleunigte Erdaufheizung

Tatsächlich steht mit der Wahl von rechten AfD und neoliberalen FDP-Politikern, die einen weiteren Ausbau der Erneuerbare Energien ablehnen, viel auf dem Spiel – nicht nur beim Klimaschutz. Schließlich entfielen nach Aussage von BEE-Präsidentin Simone Peter allein im vergangenen Jahr 33 Prozent des BIP-Wachstums der Europäischen Union auf saubere Energietechnologien.

Da die Erneuerbaren Energien einen so wichtigen Beitrag zur Wirtschaftsleistung Deutschlands leisten, würden mit einem Ende des EEG, wie es AfD und FDP anstreben, wohl auch bei uns argentinische Verhältnisse eintreten. Dort schrumpft das BIP schon ein Jahr nach Mileis Regierungsantritt massiv.

Klimawandel macht Menschen in der ganzen Welt größte Sorgen und schafft immer schlimmere Schäden

Dabei fordern laut einer Umfrage des UN-Entwicklungsprogramms UNDP 80 Prozent der Befragten – 75.000 Menschen in 77 Ländern –, dass der Kampf gegen die globale Erwärmung in ihrem Land verstärkt werden müsse.

Das ist nicht verwunderlich, da ja die Schäden durch Wetterextreme immer schlimmer werden. Bei der muslimischen Wallfahrt Hadsch in Saudi-Arabien sind in diesem Jahr bei extremer Hitze mehr als 1.300 Pilger ums Leben gekommen.

In Deutschland sind im Jahr 2023 die versicherten Schäden durch Naturgefahren rasant gestiegen. „Die Kosten belaufen sich auf 5,7 Mrd. Euro. Das sind 1,7 Mrd. Euro mehr als im Jahr 2022. Grund dafür sind vor allem schwere und teure Hagelschäden an Kraftfahrzeugen, die mit 2 Milliarden Euro zu Buche schlugen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

2024 gab es mit einer einzigen Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland nach ersten Schätzungen der GDV schon einen Schaden von über 2 Mrd. Euro.

Der Bauernverband, der vom Staat unentwegt die Fortführung hoher klimaschädlicher Subventionen wie die des Agrardiesels oder die Fortführung einer tierwohl- und klimaschädlichen Massentierhaltung fordert und damit selbst an den Klimaschäden mit Schuld trägt, fordert nun hohen Schadensausgleich für Ernteausfälle. Bauernverbandspräsident Rukwied pocht auf eine „pauschale Sofort- und Nothilfe“ von 500 Euro pro überflutetem Hektar. Den Gesamtschaden schätzt sein Verband auf 430 Millionen Euro.

Und statt nun die Klimaschutzanstrengungen weiter zu verschärfen, zeigen sich Politiker aller Couleur, bis hin zum Bundeskanzler, immer nur hilflos mit Gummistiefeln in den Katastrophengebieten und versprechen Soforthilfe mit Geldern, die sie nicht ausreichend haben. Zurecht bezeichnet dies Sabine Henkel von der ARD Berlin in einem lesenswerten Kommentar als Gummistiefel-Politik statt Klimaschutz.

Inzwischen wirken die Naturgesetze unerbittlich und bescheren uns Menschen immer schlimmere Katastrophen, da wir kontinuierlich Klimagase emittieren. Nun ist die Welttemperatur in den letzten zwölf Monaten sogar schon um 1,63°C über das vorindustrielle Niveau gestiegen.

Weit über die Grenze von 1,5°C, die auf der Pariser Klimaschutzgrenze völkerverbindlich vereinbart wurde.

Die Hitze wird in vielen Weltregionen immer unerträglicher. In Mexiko sind bereits viele Affen aufgrund der extremen Hitze tot von den Bäumen gefallen.

Weiterhin versagen faktisch alle Nationen beim wirksamen Klimaschutz. Nicht nur Rechtsradikale, Rechtspopulisten und Neoliberale wollen die Erderwärmung sogar noch beschleunigen. Saudi-Arabien hat gerade einen gesteigerten Ausbau der Erdölförderung beschlossen, und Deutschland baut die LNG-Terminals sogar weit über den Bedarf hinaus aus, statt sich allein auf die klimaschützenden Erneuerbaren Energien zu konzentrieren.

Wann setzt sich endlich die Erkenntnis durch, dass die Katastrophen, verursacht durch die Erderwärmung, alle Menschen treffen werden – nicht nur die grünen Kreise, die sie verhindern wollen, sondern genauso auch Rechtsradikale, Rechtspopulisten und Neoliberale?