Ungarn umgarnt Putin: Energie spaltet weiter die EU

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Der russische Präsident Putin war gestern zu Besuch bei seinem ungarischen Amtskollegen Orbán. Ungarn erhofft sich von Russland billiges Erdgas und Erdöl, sowie neue Atomreaktoren mit russischen Krediten. Wie immer das gleiche fatale Denken: Energiesicherheit geht nur mit konventionellen fossilen und atomaren Energien.

Für Präsident Putin ist das erneut eine tolle Gelegenheit, seine Energiemacht für seine geopolitischen Vorstellungen zu nutzen. Eine Spaltung und Schwächung der EU käme ihm sehr gelegen, um den Ukraine-Konflikt für sich nach der Krim-Annexion mit der Einverleibung der Ostukraine zu gewinnen.

Wie so oft nutzt Präsident Putin geschickt den Energiehunger ganzer Staaten, die sich nicht vorstellen können, ihre Energieversorgung ohne Erdgas und Erdöl sichern zu können. So hatte er bereits dem ehemaligen Präsidenten der Ukraine Janukowitsch abgerungen, für billiges Erdgas und billige Kredite das EU-Assoziierungsabkommen zu beenden. Nur der Maidan-Aufstand machte dem einen Strich durch die Rechnung.

Die jüngste Annäherung der Türkei an Russland hängt klar mit dem Ende der Southstream-Pipeline durch Bulgarien und dem Bau einer Pipeline und somit billigen russischen Erdgaslieferungen in die Türkei zusammen.

Auch der neue griechische Präsident Tsipras ließ schon verkünden, dass er Sanktionen gegen Russland sehr bedenklich sieht. Auch er erhofft sich billiges Erdgas aus Russland, womöglich über die neue türkische Pipeline.

Und nun macht auch der ungarische Präsident Orbán dem russischen Präsidenten einen großen Empfang, schmeichelt ihm, dass seine Innenpolitik auch seinen eigenen (antidemokratischen) Vorstellungen entspreche Er erhofft sich natürlich wie alle anderen auch billiges Erdgas aus Russland, wenn der Liefervertrag Ungarns mit Gazprom dieses Jahr nach zwanzig Jahren ausläuft.

Dabei hat auch Ungarn schon lange versäumt, die Weichen auf heimische Erneuerbare Energien umzustellen. Ich kann mich gut erinnern an eine große Veranstaltung 2002 im ungarischen Kecskemet, wo mit meiner und mit starker Unterstützung der Regierung die Umstellung der Wärme- und Stromversorgung der Stadt (immerhin mehrere zehntausend Einwohner) auf Geothermie beschlossen wurde. Nur wenige Wochen später war das Projekt wegen eines Billigangebotes der Erdgaswirtschaft gestorben. Genau so wenig kamen die großen Potentiale von Biogas im landwirtschaftlich geprägten Ungarn zum Zuge. Die Machtfülle der Erdgaswirtschaft hat es auch in Ungarn immer verstanden, alle Erneuerbare-Energien-Optionen klein zu halten.

Nun ist das Entsetzen in der EU über die Annäherung Ungarns an Russland groß. Doch gibt es hier endlich ein Besinnen, dass die Macht Putins nur durch den Ersatz von Erdgas mit Erneuerbaren Energien gebrochen werden kann?

Leider Fehlanzeige. Kanzlerin Merkel, die nun mit bewundernswertem Engagement den Krieg in der Ukraine zu beenden versucht, hat mit ihrer Energiepolitik, die die Erneuerbaren Energien ausbremst, in Deutschland die Grundlagen verstärkt, weiterhin in der Energieabhängigkeit von Russland zu verharren. Damit ist sie selbst für den geringen politischen Handlungsspielraum gegenüber den russischen Energiemachtspielen verantwortlich.

Es wird immer unerträglicher zu sehen, wie es Präsident Putin gelingt, mit Hilfe der hausgemachten Energieabhängigkeit der EU diese immer mehr politisch zu spalten. Man kann nur noch mit dem Kopf schütteln angesichts der Ignoranz großer Teile der politischen Elite gegenüber dieser Taktik, und vor allem angesichts ihrer Unfähigkeit, mit Erneuerbaren Energien etwas dagegen tun.

Berlin, den 18. Februar 2014

Ihr Hans-Josef Fell
Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG 2000