Jetzt wird es ernst um die ukrainische und europäische Erdgasversorgung

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

Russlands Präsident Putin und Gazprom haben offen der Ukraine und der EU mit dem Stopp von Erdgaslieferungen durch die wichtigste europäische Gaspipeline gedroht (s. z.B. hier).

Nicht nur die Ukraine, sondern die ganze Volkswirtschaft der EU, Deutschlands und der Ukraine hängen existenziell von russischen Energielieferungen ab. Nicht auszudenken, welche Verwerfungen ein längerer Erdgaslieferstopp für große Unternehmen wie BASF u.a., deren Existenzgrundlage am Erdgas hängt und weitere Teile der deutschen Volkswirtschaft haben würde.

Es wird sich dann in aller Konsequenz rächen, dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten immer stärker auf die klimaschädlichen russische Energielieferungen gesetzt hat. Besonders unter der Regierung Schröder und seinem Umweltminister Trittin wurde Erdgas immer als wichtige Brückentechnologie gefördert und gepuscht. Genauso wie heute vom bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer, der den Bayerischen Atomausstieg ja nur noch mit neuen Erdgaskraftwerken bewältigen will.

Wie irrrational die Politik von Präsident Putin geworden ist, zeigt sich an seiner Äußerung, dass angebliche Weigerungen des ukrainischen Erdgaskonzernes Naftogaz, Erdgas in die ostukrainischen Kriegsgebiete durchzuleiten nach Völkermord rieche. Man kann aus einem solchen Vergleich nur mit erschrockenem Entsetzen schlussfolgern, dass Präsident Putin offensichtlich ohne Rücksicht auf die eigene Volkswirtschaft, die ja auf die Energieeinahmen angewiesen ist, seine machtpolitischen Handlungen nun wieder voll auf die Energiepolitik verlegt, um von seinen militärischen Aktionen abzulenken.

Nun zeigt sich auch, wie wenig der im letzten Jahr von dem damaligen EU-Kommissar Oettinger ausgehandelte Wintergaskontrakt zwischen der Ukraine und Russland taugte. Eine mögliche mittelfristige Lösung für die Energieprobleme der Ukraine mit Erneuerbaren Energien hat er ja nie im Blick gehabt. Genauso wenig, wie die beiden jetzigen für Energie zuständigen neuen EU-Kommissare Sefcovic und Canete, die mit ihrem Vorschlag für eine Energieunion Europas erneut im wesentlichen nur auf fossile und atomare Energien setzen.

Hier finden Sie die Vorschläge der EU für eine Energieunion.

Dabei hat die Energy Watch Group (EWG) längst in einer Studie dargestellt, dass es außerhalb Russlands keine ausreichenden Möglichkeiten gibt, neues Erdgas zu beschaffen, um sich wirklich unabhängig von russischen Erdgaslieferungen zu machen. Nur eine schnelle Umstellung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien kann energetische Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen schaffen und so auch mehr politische Entscheidungsfreiheiten im sich immer schlimmer zuspitzenden geopolitischen Machtkampf um die Ukraine.

Hier finden Sie die Studie der EWG.

Berlin, den 26. Februar 2015

Ihr Hans-Josef Fell