IPCC-Bericht warnt eindringlich, aber die vorgeschlagenen Maßnahmen sind unzulänglich

Liebe Leserinnen und Leser,

IPCC-Bericht warnt eindringlich, aber die vorgeschlagenen Maßnahmen sind unzulänglich

Der Weltklimarat IPCC setzt mit seinem aktuellen Sonderbericht die richtigen Botschaften, dass die Menschheit wesentlich mehr für den Klimaschutz tun muss. Doch selbst die vom IPCC vorgeschlagenen Maßnahmen werden den Erkenntnissen über die Dramatik des Klimawandels nicht gerecht. Wie in der Vergangenheit kann dies dazu führen, dass Klimaschutz nicht so stark stattfindet, wie es sein müsste.

Noch immer gibt der Weltklimarat die Ansage, dass die Menschheit noch große Mengen Kohlendioxid und andere Treibhausgase emittieren darf und bezieht sich dabei auf die Nichtüberschreitung von 1,5°C Erderwärmung.

Doch zwei gravierende Beobachtungen der letzten Jahrzehnte machen nicht nur mich nervös.

Die erste ist, dass es heute schon bei 1,0°C Erderwärmung nach Messung des IPPC in weiten Teilen der Welt unhaltbare Zerstörungen gibt. So verlassen bereits heute über 20 Millionen Menschen ihre ursprünglichen Lebensräume, da sie dort keine Lebensgrundlagen mehr vorfinden. Bezeichnend dafür ist die afrikanische Region um den inzwischen fast ausgetrockneten Tschadsee, wo alleine zwei Millionen Menschen wegen Jahrzehnte langer Dürre fliehen mussten.

Eine weitere Aufheizung auf 1.5°C wird das Zusammenleben der Weltgemeinschaft weiter massiv destabilisieren. Schon heute kommt Europa mit den Klimaflüchtlingen aus Afrika nicht zurecht. Auch wenn der Weltklimarat betont, dass heute bereits in Teilen der Welt unhaltbare Schäden durch die bisherige Aufheizung der Atmosphäre um 1,0°C große Schäden verursacht werden, so setzt er doch die klare Botschaft, dass erst ab 1,5°C Welterwärmung schlimmste Entwicklungen kommen würden. Ich halte dies für unverantwortlich, denn das Zusammenleben der Weltgemeinschaft ist heute schon aufgrund des bisherigen Klimawandels massiv gestört. Es wären also weitaus ambitioniertere Maßnahmen erforderlich, wie die Umstellung der Energieversorgung auf 100% Erneuerbare Energien bis 2030.

Die zweite schlimme Botschaft des Weltklimarates ist, dass die Weltgemeinschaft noch große Mengen Treibhausgase emittieren darf, das sogenannte Kohlenstoffbudget. Dabei hat der Weltklimarat dieses erlaubte Kohlenstoffbudget sogar noch vergrößert gegenüber dem letzten Bericht vor fünf Jahren. Die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 müssten lediglich um 45 Prozent unter das Niveau von 2010 fallen, bis 2050 müssten sie unter dem Strich bei Null liegen, so der Bericht.

Wie in den letzten Jahrzehnten werden sich alle Klimasünder darauf berufen, dass man ja nicht sofort, sondern erst bis 2050 auf null Emissionen reduzieren müsse. So werden RWE, Exxon und Shell, Gazprom und die Automobilkonzerne, die Luftfahrtindustrie und die maritime Schifffahrt, die Chemieindustrie und Landwirtschaft weiter darauf pochen, erlaubte Kohlenstoffdioxidmengen emittieren zu können.

Genau dieser Effekt war es, der in den letzten Jahrzehnten dazu geführt hat, dass die weltweiten jährlichen Emissionen heute auf einem Rekordniveau stehen und der Klimaschutz in der Welt völlig versagt hat. Der Weltklimarat hätte die Botschaft vermitteln müssen, dass die Weltgemeinschaft sehr schnell keine Emissionen mehr generieren dürfe und die Weltwirtschaft mit 100% Erneuerbaren Energien und grünen Kohlenstoffsenken ein vollkommen neues Wirtschaften machen müsse, und auch könne.

Eine Beschleunigung des heute bereits erreichten Ausbaus der Erneuerbaren Energien mit exponentiellen Wachstumsraten könnte bis 2030 sehr wohl der Kern einer Nullemissionswirtschaft sein. Doch genau hier ist der Weltklimarat zu zögerlich und präsentiert diese Chancen nicht der Weltgemeinschaft. Die mahnenden Worte des Weltklimarates, man müsse schnell wesentlich umsteuern, werden auch diesmal wieder in die Leere laufen, so wie in den vergangenen Jahrzehnten bereits. Es sei denn, Politiker, Manager, und Wissenschaftler erkennen endlich, dass exponentielle Wachstumsraten in der Lage sind, eine Weltwirtschaft mit Nullemissionen in den nächsten 1-2 Jahrzehnten vollständig zu schaffen. Dafür dürfen sie sich nicht mehr auf ein erlaubtes Kohlenstoffbudget berufen, sondern alle Emissionen müssten ab sofort endlich gesellschaftlich geächtet werden.

 

Hammelburg, den 9. Oktober 2018

Ihr Hans-Josef Fell