Internationale Energie Agentur immer noch fehlerhaft beim „World Energy Outlook“ im Bezug auf die Erneuerbaren Energien und Erdölförderung

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Internationale Energie Agentur immer noch fehlerhaft beim „World Energy Outlook“ im Bezug auf die Erneuerbaren Energien und Erdölförderung

Am 14. November 2017 hat die Internationale Energie Agentur IEA ihren Flaggschiff-Report, den „World Energy Outlook (WEO)“, vorgestellt.

Die Energy Watch Group, zusammen mit der Lappeenranta University of Technology, der LBST (Ludwig-Bölkow-Systemtechnik) und ASPO Deutschland (Association for the Study of Peak Oil and Gas) beschäftigt sich schon seit längerem mit den falschen Prognosen bezüglich der Entwicklung erneuerbarer Energien und hat diese über lange Zeit dokumentiert und analysiert.

Konsequent unterschätzte die IEA in der Vergangenheit das Wachstum der Erneuerbaren Energien, insbesondere im Solar- und Windbereich und überschätzte die Nutzungsmöglichkeiten von fossilen und atomaren Energien.

Die zwei Schlaglichter Solarenergie und Erdölförderung sind in der Beschäftigung mit den Zahlen und Tabellen der IEA immer besonders eindringlich, dies ist auch weiterhin für den WEO 2017 der Fall:

Solarenergie: 

Obwohl die IEA ihre extrem pessimistischen Prognosen bezüglich Erneuerbarer Energien überarbeitet hat, welche eine Welle an internationaler Kritik mit sich brachte, ignoriert sie auch im WEO 2017 immer noch das exponentielle Wachstum Erneuerbarer in den letzten Jahren. So setzt sie den jährlichen Zubau von PV ab 2018 bis 2030 konstant mit unter 80 GW an, obwohl es in den letzten Jahren immer ein erhebliches Wachstum gab und 2017 bereits ca. 100 GW Neuinstallation erwartet werden.

Erdölanalyse:

Im Ölsektor gaukelt die IEA weiterhin der Öffentlichkeit vor, 2040 könnte der Erdölverbrauch-Spitzenwert vom Jahr 2015 mit 92,7 Mboe/d sogar noch auf über 100 Mboe/d gesteigert werden.

Wer sich aber die Zahlen und Fakten im New Policy Szenario des WEO 2017 der IEA genau anschaut, wird erstaunt feststellen, dass die Euphorie, die die IEA zur weiteren Verfügbarkeit von Erdöl verbreitet, selbst in ihren eigenen Detailzahlen nicht belegt werden kann. Die deutsche Niederlassung der „Association for the Study of Peak Oil and Gas“ hat eine detaillierte Analyse zu den Vorhersagen des WEO im Bezug auf Öl vorgelegt. (Press Announcement)

  • 2015 wurde ein Maximum der globalen Ölförderung (all liquids) von 92,7 Mboe/d erreicht, dem ein Rückgang 2016 um 1,4 % auf 91,4 folgte.
  • Zukünftig soll sich die Erdölförderung aus konventionellen Quellen selbst nach den traditionell optimistischen Szenarien der IEA von heute etwa 64 Mboe/d bis 2040 auf unter 30 Mboe/d mehr als halbieren, und
  • die Ölförderung aus unkonventionellen Quellen soll sich von heute ca. 10 Mboe/d bis 2040 auf über 20 Mboe/d mehr als verdoppeln.

(ASPO Deutschland bezieht sich in der Analyse auf die Tabellen 4.5 und 4.8 aus dem offiziellen World Energy Outlook 2017 der IEA.)

Angesichts der wesentlich höheren Förderkosten (insbesondere im Vergleich mit den drastisch sinkenden Kosten für Erneuerbare Energien), der spezifisch sehr viel höheren Klimagasemissionen und der weltweit wachsenden Widerstände gegen die massiven lokalen Umweltschäden, die z.B. Fracking oder Tagebau von Ölsanden bewirken, sieht die EWG keine Chance, dass die unkonventionellen Ölgewinnungen in den Maßen steigen, wie sie die IEA erwartet.

Dennoch ist aber selbst mit dieser unrealistischen Steigerung der unkonventionellen Ölförderung mit einem drastischen Rückgang der globalen Erdölförderung auf unter 50 Mboe/d bis 2040 zu rechnen. Die IEA benutzt dann den üblichen Trick, Erdölförderungen aus noch nicht erschlossenen oder nicht einmal gefundenen Erdölquellen in die Verfügbarkeit von Erdöl bis 2040 einzurechnen. Wie aber angesichts des dramatischen Rückganges der Erdölexplorationsinvestitionen der letzten Jahre und dem begonnenen Rückzug immer größerer Finanzunternehmen (Divestment) aus Neuerschließungen in dieser Größenordnung überhaupt stattfinden soll, bleibt das Geheimnis der IEA. Kommt sie doch selbst auch zu der Erkenntnis, dass die Ölfunde der letzten Jahre auf einem historischen Tiefstand liegen und keine Trendwende in Sicht ist (IEA Analysis on Rystad Data, 27.4.2017). Damit gaukelt sie weiterhin der Öffentlichkeit vor, 2040 könnte der Erdölverbrauch vom Spitzenwert 2015 mit 92,7 Mboe/d sogar noch auf über 100 Mboe/d überstiegen werden.

Fehleinschätzung USA  

Besonders gravierend erscheint auch die Vorhersage zu den USA, die ab 2025 laut IEA vom Erdöl und Erdgas Nettoimporteuer zum Exporteur wandeln soll. Diese Hoffnung baut ausschließlich darauf, dass die „Shale Gas“ und „Tight Oil“ Förderung mittels Fracking bis zum Jahr 2030 um 50 % ansteigen wird und bis 2040 etwa auf diesem Niveau gehalten werden kann. Das ist eine optimistisch spekulative Annahme, beruhend auf der Hoffnung, dass die Ressourcen größer sind und die Kosten deutlich sinken werden:

  • Hier wird vorausgesetzt, dass die entsprechenden Ressourcen wesentlich höher sind als die USGS (United States Geological Survey) annimmt. Tatsächlich wurden in den vergangenen 10-15 Jahren die vielversprechendsten Gebiete mit einem dichten Netz von Bohrungen erschlossen, die ergiebigsten Regionen (sog. „sweet spots“ mit den höchsten Förderraten) sind bekannt und müssen zunehmend durch kostenintensivere Bohrungen ersetzt werden. (Zitat WEO p. 69: „The rise in the US production is not yet done“…. „Mainly on the back of higher resource estimates“).
  • Des Weiteren wird vorausgesetzt, dass genügend Geld in diese Bohrungen investiert ist. Tatsächlich war der Shale-Gas und Tight-Oil Boom extrem schuldengetrieben und nur dadurch möglich, dass die Firmen fast keine Zinsen auf Kredite bezahlen mussten. (Zitat WEO p. 69: „…. a strategic shift by some major companies in favour of investment in shorter cycle projects and continued cost reductions and efficiency gains“).

Trotz ähnlicher Ankündigungen aus der Vergangenheit ist die USA, Stand 2016, kein Nettoexporteuer geworden und wird dies angesichts der weiter rückläufigen Produktion aus konventionellen Erdöl und Erdgasfeldern, sowie den hohen Kosten und Umweltschäden aus unkonventionellen Quellen, vermutlich auch nicht werden.

Schlussfolgerung

Wie in der Vergangenheit setzt die IEA das fatale Signal, die globale Erdölwirtschaft könne selbst einen weltweit steigenden Erdölbedarf decken. Ein Umstieg auf Erneuerbare Energien sei aus Energiesicherheitsgründen also nicht nötig und das weiterhin geringe, nicht exponentielle Wachstum der Erneuerbaren Energien könne keine Energiesicherheit bieten. Die IEA gehört damit weiterhin zu einem der Hauptverantwortlichen, die immer noch das konventionelle Energiesystem hochhält, ganz im Gegensatz zu den von ihr selbst beschriebenen Notwendigkeiten des Klimaschutzes.

 

Amman, den 4. Dezember 2017

Ihr Hans-Josef Fell