Infobrief 12/2015

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

Infobrief 12/2015

Inhalt:

  • Skandal beim EU Fortschrittsbericht Erneuerbare Energien
  • Verfassungsklage der Biogasanlagenbetreiber bekommt Rückendeckung
  • Südkaukasus Länder noch nicht klar auf dem Kurs zu Erneuerbaren Energien
  • Hans-Josef Fell – Neues Interview im GEB

 

 

Irreführende Interpretation der EU Kommission über eigenen Fortschritts-bericht Erneuerbare Energien in Europa

Die EU-28 Länder seien laut der kürzlich erschienen Pressemitteilung zum von der EU Kommission herausgegebenen Renewable Energy Progress Report „auf Kurs“ bei der Erreichung des verbindlichen EU-Ziels eines Erneuerbare-Energien-Anteils von 20 % für 2020.

Das Gegenteil beweist der eigene Bericht der EU Kommission. Die auf Berechnungen der TU Wien basierenden Zahlen im Renewable Energy Progress Report zeichnen ein komplett anderes Bild: Im Jahre 2020 wird die EU auch bei maximalem Einsatz der erneuerbaren Energieträger um ganze 8,5% unter dem festgelegten Ausbauziel von 242,1 Millionen Tonnen Öleinheit bleiben.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei den meisten nationalen Zielen ab. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass neun Mitgliedsstaaten, darunter auch große Volkswirtschaften wie Frankreich, Großbritannien und Spanien, ihre Ziele unter Beibehaltung der aktuellen Politik nicht erreichen werden. Dies gilt ebenso für die deutschen Ausbauziele, wie ich vor kurzem in einer Schlagzeile berichtet habe.

Es bleibt festzuhalten, dass die EU die ohnehin schon wenig ambitionierten Ausbauziele mit aktueller Politik nicht erreichen wird. Dass dies auch noch durch Falschaussagen im eigenen Pressebericht verschleiert wird ist unglaublich. Zu erklären ist dies nur, dass der EU Kommission unter einer positiven Rhetorik in Wirklichkeit die vielen gegen die Erneuerbaren Energien gerichteten nationalen Gesetze der meisten EU Mitgliedsländer deckt, damit Kohle und Atom weiter geschützt werden. Bedenklich ist auch, dass viele Medien einfach die Pressemitteilung der EU-Kommission übernommen haben, ohne zu schauen, ob die Aussagen überhaupt stimmen.

Den vollständigen „Renewable Energy Progress Report“ finden Sie hier.

 

Verfassungsklage der Biogasanlagenbetreiber bekommt Rückendeckung

Auch der Biogasrat, ein Interessensverband für viele Biogasfirmen, schließt sich nun der Verfassungsklage des Vereins nachhaltige Energie gegen das EEG 2014 an (vgl. meine Schlagzeile vom 19. Mai). Im EEG 2014 wurde bekanntlich nicht nur dem Neuanlagenbau die ökonomische Grundlage entzogen, weshalb es aktuell fast keine Neubaupläne für Biogas in Deutschland gibt; es wurde zusätzlich mit dem Einführen der Höchstbemessungsgrenze auch rückwirkend in den Bestandschutz getätigter Investitionen eingegriffen. Durch die rückwirkende Leistungsbegrenzung auf 95% im EEG 2014 droht sogar immer mehr Biogasanlagenbetreibern in Deutschland das Aus.

Die Bundesregierung hat mit dem EEG 2014 also nicht nur den Neuanlagenbau massiv eingeschränkt, sondern sorgt bei bestehender Gesetzeslage sogar dafür, dass bestehende Anlagen in den kommenden Jahren in Konkurs gehen. Die so wegfallende Ökostromerzeugung müssten dann wieder Kohle- oder Erdgaskraftwerke auffangen.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Biogasrats.

Hier geht es zum Verein Nachhaltige Energie.

 

Südkaukasus Länder noch nicht klar auf dem Kurs zu Erneuerbaren Energien

Letzte Woche wurde in einem von georgischen Medien vielbeachteten Workshop in Tiflis die umfassende Studie „Sustainable Energy Pathways“ vorgestellt und diskutiert. Dr. Petra Opitz (DIW econ) hatte sie im Auftrag der Heinrich Böll Stiftung erarbeitet. Die Studie stellt einen umfassenden Einblick in die aktuellen Chancen und Widerstände in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz in den drei Südkaukasischen Ländern, Georgien, Armenien, Aserbaidschan dar. Für interessierte Investoren eine hervorragende Grundlage zur Orientierung. Der Workshop, gut besucht aus der ganzen Kaukasischen Region wurde bestens organisiert und geleitet von der Leiterin der Böll-Stiftung in Tiflis Nino Lejava. In meiner Eröffnungsrede hatte ich die vielen Vorteile der Erneuerbaren Energien für die kaukasischen Länder herausgestellt.

Im Kern sind die drei Länder sehr unterschiedlich aufgestellt. Armenien, als eines der ärmsten Länder der Welt hat als einziges der drei Länder ein funktionierendes EEG. Im Moment träumt die Armenische Regierung aber immer noch von einem zweiten neuen Kernkraftwerk, welches alleine ein Drittel des armenischen BIP verschlingen würde.

Aserbaidschan ist auf Grund der Öl- und Erdgaswirtschaft sehr reich und kann daraus aktuell sogar mit großem Pomp die ersten europäischen Olympischen Spiele finanzieren. Eine auf Grund der immensen rechtsstaatlichen Repressionen fragwürdige Aktion. Überhaupt sind die Zielvorstellungen der Bundesregierung und EU Kommission, russische Erdgaslieferungen mit Erdgas aus Aserbaidschan abzulösen sehr fragwürdig, denn die Regierung in Baku ist nicht weniger repressiv gegenüber Oppositionellen wie der Kreml. Wie ich kürzlich über meine Gespräche mit der Aserbaidschanischen Regierung berichtete, gibt es dort aber erhebliche Bewegungen in Richtung Erneuerbare Energien.

Georgien steht irgendwo in der Mitte, ohne eigene fossile Energien, aber auf Grund der Pipelineerlöse mit billigem Erdgas gut versorgt. Offiziell hat Georgien eine Strategie für Erneuerbaren Energien, meint damit aber nur große Wasserkraft, die wegen Umsiedlungen und Naturzerstörungen im Kaukasus heftig umstritten sind. Wind-, Solar-, Bioenergien, Geothermie spielen trotz großen Potentials noch keine Rolle, vor allem weil es immer noch kein wirklich funktionierendes EEG gibt. In meinen Gesprächen mit der stellvertretenden Energieministerin Mariam Valishvili konnte ich einige Augen über die neuen Möglichkeiten der neuen Erneuerbaren Energien öffnen. Frau Valishvili versprach in engerem Kontakt für die weitere georgische Energiepolitik zu bleiben.

Wie stark die Klimaveränderung auch Georgien erreicht konnte ich selbst erleben. Ein Gewittersturm, wie in Tiflis nach Aussagen der Regierung noch nie erlebte, kostete mehr als 17 Menschenleben und zerstörte den Zoo. Die dadurch entkommenen Löwen, Wölfe, Bären hatte ich zum Glück nicht angetroffen und konnte unversehrt nach Deutschland zurückkehren.

Bestellung der HBS Stiftung Broschüre können gerichtet werden an: zentrale@boeckler.de

In einigen Tagen wird die Studie auch zum Downloaden auf der Homepage der Heinrich-Böll-Stiftung in Tiflis stehen.

Ein bei meinem Treffen mit der georgischen stellv. Ministerin für Energie entstandenes Bild finden Sie hier.

 

Interview mit Gebäude Energieberater

Anlässlich der im März diesen Jahres erschienenen Energy Watch Group Studie „Fracking – Eine Zwischenbilanz“ habe ich einen Kommentar für die Fachzeitschrift Gebäude Energieberater verfasst, der in der Juni Ausgabe des Magazins erschienen ist. Der Artikel durchleuchtet die wichtigsten Schlüsse der Energy Watch Group Studie und stellt diese in eine politische Perspektive.

Den Kommentar finden Sie hier.

Die EWG Studie „Fracking – Eine Zwischenbilanz“ finden Sie hier.

 

Berlin, den 19. Juni 2015

Ihr Hans-Josef Fell