Infobrief 06/14

Inhalt

– Malaysia trotz EEG noch nicht auf dem Wege zu Erneuerbaren Energien
– Die Schweiz fördert solaren Eigenverbrauch – Deutschland bremst

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

Malaysia trotz EEG noch nicht auf dem Wege zu Erneuerbaren Energien

Gestern ging die 2. Internationale Sustainable Energy Conference (ISES) in Kuala Lumpur zu Ende. Mit über 600 Teilnehmern aus vielen asiatischen Ländern gehört sie inzwischen zu den großen Erneuerbare-Energien-Konferenzen in Asien. Auf Einladung der Regierung Malaysias hielt ich eine der beiden Keynote Reden.

Bild: Die Redner und die Energiebeauftragten der Regierung Malaysias auf der 2. Internationalen Sustainable Energy Conference in Kuala Lumpur. Sitzend Zweiter von links der malaysische Energieminister.

In meinem Beitrag warnte ich vor allem vor unrentablen Investitionen in neue Kohle-, Erdgas-, Erdöl- und Atomkraftwerke, deren Stromerzeugung heute teurer ist als die aus neuen Erneuerbaren Energien. Malaysia hat zwar keine Atomkraftwerke, dennoch halten einige Hardliner in der Regierung an Atomplänen fest, obwohl der größte Teil der Bevölkerung diese ablehnt. Das Beispiel RWE, wo die Manager vor wenigen Jahren noch Fehlinvestitionen in Kohle und Erdgas beschlossen hatten und deshalb heute vor dem finanziellen Ruin stehen, machte viele Konferenzteilnehmer nachdenklich. Dennoch müssen in Malaysia noch dicke politische Bretter gebohrt werden, da die Staatseinnahmen vor allem aus dem Ölreichtum des Landes geschöpft werden und daher die konventionelle Energiewirtschaft die Regierung fest im Griff hat.

Erstaunlich war für mich, dass bei vielen Gesprächspartnern aus Asien die Machtlosigkeit der EU gegenüber der Expansionspolitik Russlands auf ihre Erdgasabhängigkeit zurückgeführt wurde. Eine Erkenntnis, die die deutsche Regierung und selbst viele deutsche Umweltorganisationen leider vermissen lassen.

Vor wenigen Jahren hatte ich bereits intensive Gespräche mit der Regierung Malaysias. Daraufhin führte die Regierung 2011 ein Einspeisegesetz nach dem Vorbild des EEG ein. Allerdings mit einem gravierenden Fehler: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien darf nicht unbegrenzt erfolgen, sondern die Regierung setzte niedrige Obergrenzen für den Ausbau. Daher sind trotz des politischen Erfolges der Einführung eines EEG die Investitionen auf niedrigem Niveau. So hat Malaysia bis heute erst etwa 250 MW Ökostrom aufgebaut, vor allem PV, traditionelle Wasserkraft und Biomasse. Windkraft spielt in dem windarmen Land kaum eine Rolle. Die für die Konferenz von der Regierung angekündigten Erhöhungen der Quoten wurden vertagt, wohl auf Druck der starken konventionellen Energiewirtschaft. Ich selbst stellte in meiner Rede das Ziel eines zu 100% mit Erneuerbaren Energien versorgten Malaysias in den Mittelpunkt, ganz nach der Kampagne Global 100% Renewables.

Der Biomassesektor, vor allem auch Biokraftstoffe, haben für die Regierung große Bedeutung. Nachhaltigkeitsanforderungen ausländischer Biokraftstoffkäufer werden in Malaysia sehr ernst genommen. Hier wird der EU aufgezeigt, dass bilaterale Abkommen für nachhaltige Biokraftstoffabkommen sehr wohl wirken können und die ILUC-Befürchtungen (indirekte Landnutzungsänderungen) vieler NGOs nicht immer zutreffen. Anders als im benachbarten Indonesien legt die Regierung dabei seit Langem großen Wert auf den Urwaldschutz. So konnten bis heute mehr als 50% der tropischen Regenwälder Malaysias erhalten bleiben. Leider gibt es auch Sünden der unerlaubten Urwaldabholzungen, die aber eher auf der von der Zentralregierung wenig beeinflussbaren autonomen malaysischen Region auf Borneo stattfindet, und kaum auf der Malaysischen Halbinsel selbst.

Auf großes Interesse stießen auch meine Ausführungen zu einer neuen Klimaschutzstrategie der globalen Abkühlung. Einige Unternehmen, vor allem aus dem Biomasse- und traditionellen Kohlesektor erkundigten sich tiefer nach den Chancen und Möglichkeiten der Biokohleerzeugung. Es ist ein Jammer, dass die deutsche Regierung keinerlei Blick für diese neuen Technologien hat. Gerade in den tropischen Ländern könnten mit Biokohle aus den überbordenden und die Gewässer hoch belastenden landwirtschaftlichen Abfällen ein hochwertiger, regenerativer Brennstoff mit in Deutschland entwickelter neuartiger Technologie erzeugt und viele Umweltprobleme gelöst werden.

 

Die Schweiz fördert solaren Eigenverbrauch – Deutschland bremst

Die Schweiz hat mit der Revision der Energieverordnung den Weg für den solaren Eigenverbrauch geebnet. Kleine PV-Eigenverbrauchsanlagen erhalten in Zukunft eine Einmalvergütung, die bis zu 30 Prozent der Investitionskosten beträgt (Quelle). Dieses innovative Fördermodell für die erneuerbare Eigenstromerzeugung wird ausgerechnet von der Schweiz verabschiedet, die sich bislang in Sachen Solarstrom sehr restriktiv gezeigt hat.

Deutschland geht dagegen den umgekehrten Weg. Bundesminister Gabriel will den klimafreundlichen Eigenverbrauch finanziell unattraktiv machen, indem Unternehmen und Privatverbraucher in Zukunft für den selbst erzeugten und verbrauchten Strom aus erneuerbaren Quellen 70 Prozent der EEG-Umlage zahlen sollen.

Nicht nur die Erneuerbare-Energien-Branche, sondern auch Wirtschaftsverbände laufen seit Wochen Sturm gegen die geplante Zusatzbelastung. Nach Berechnungen des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) würden dadurch in der Jahresstromrechnung nur Einsparungen von 75 Cent pro Haushalt erreicht. Dem steht eine Verlängerung der Amortisationszeiten von PV-Anlagen auf über fünfzehn Jahre gegenüber, wie der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) errechnet hat. 90 Prozent der BSW-Mitglieder rechnen damit, dass dann sogar das magere politische Solarenergie-Ausbauziel von 2.500 MW verfehlt werden würde.

Und es gibt auch verfassungsrechtliche Bedenken. Die Rechtsanwaltsgesellschaft Maslaton vergleicht die Belastung des erneuerbaren Eigenverbrauchs durch die EEG-Umlage mit dem für verfassungswidrig erklärten Kohlepfennig. Ebenso wenig wie damals für die Steinkohle habe die zur Belastung vorgesehene Gruppe der Eigenverbraucher von selbst erzeugtem Ökostrom heute keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Klima- und Umweltschutzziele der Bundesregierung, zumal sie ja bereits im Sinne dieser Ziele handelt.

Auch die Rechtsanwälte Dr. Thorsten Gottwald und Michael Herrmann aus Berlin vermuten, dass die Eigenverbrauchsbelastung aufgrund der Doppelbelastung der Eigenverbraucher durch Investitionskosten und EEG-Umlage gegen das Grundgesetz verstoßen könnte. Falls die EEG-Umlage-Pflicht für erneuerbaren Eigenverbrauch tatsächlich kommt, verspielt die Bundesregierung eine weitere kosteneffiziente Möglichkeit des Umstiegs auf 100% Erneuerbare Energien.

Die Ergebnisse der BSW-Mitgliederbefragung finden Sie hier. Weitere Informationen zu den Rechtsgutachten finden Sie hier und hier.

Berlin, den 20. März 2014

Ihr Hans-Josef Fell