Infobrief 03/14

– China investiert erstmals mehr in Erneuerbare Energien als in Kohle
– Merkel verkauft Energiewende an Frankreichs Atomindustrie

China investiert erstmals mehr in Erneuerbare Energien als in Kohle

Im letzten Jahr hat China alle Rekorde gebrochen und über 12 GW an Solarenergie-Kapazitäten zugebaut. Dies ist mehr als jemals ein Land in einem Jahr in Solarkraft investiert hat. Bloomberg New Energy Finance schätzt, dass es sogar 14 GW sein könnten. Damit hat China seine Solarkapazitäten verdoppelt und will dieses Jahr weitere 14 GW zubauen. Insgesamt wurden 2013 in China etwa 57 GW an Erneuerbare-Energien-Kapazitäten errichtet. Die Investitionen in Kohle sind somit weit abgeschlagen (39,7 GW neu installierte Leistung). China hat endlich verstanden, dass die Kohleabhängigkeit in eine Sackgasse führt und will so schnell wie möglich davon weg. In besonders smogbelasteten Regionen gibt es sogar ein Neubauverbot für Kohlekraftwerke.

Der Trend zeigt eindeutig in Richtung Erneuerbare Energien. Bis 2020 will die Regierung 15 % der Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen decken und fördert Investitionen in Erneuerbare Energien und Übertragungsinfrastruktur mit vielfältigen ökonomischen Anreizen. Schon 2012 betrugen die Investitionen in saubere Energie mit 65 Milliarden Euro 20 % mehr als noch im Vorjahr.

Auch die Atomkraft ist ein Auslaufmodell. 2013 betrug der Anteil der Kernkraft an der neu installierten Leistung gerade einmal 3,5 %. Dies zeigt, dass Chinas Atompläne wie überall auf der Welt nur Luftschlösser sind. Die neueste Hiobsbotschaft kam erst diese Woche aus Fukushima: mindestens 100 Tonnen hochradioaktiv verseuchtes Wasser sind unkontrolliert aus den Reaktoren ausgetreten und im Boden versickert.

Nach jüngst veröffentlichten Schätzungen eines US-amerikanischen Marktforschungsunternehmens beträgt die Leistung der derzeit in Planung befindlichen Photovoltaikprojekte ab 250 kW insgesamt 95 GW weltweit, davon 65 GW in China, Japan und den USA. Die letzten Zahlen aus Deutschland sind dagegen beschämend. Die neu installierte Solarkapazität betrug laut den neuesten Daten der Bundesnetzagentur 2013 lediglich 3,3 GW, ein Einbruch von 56 % gegenüber 2012.

Gegen Luftverschmutzung, unkontrollierbare Atomkatastrophen und Energieabhängigkeit hilft nur ein beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien. Diese Einsicht setzt sich weltweit durch.

Nur Deutschland und Europa, vor Jahren noch die Klimaschutzvorreiter, versuchen den erfolgreichen Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv zu drosseln. Gerade ein Wirtschaftsminister sollte eigentlich alles tun, damit die Exportnation Deutschland den Anschluss nicht verliert. Doch das alleinige Festhalten von Wirtschaftsminister Gabriel, Kanzlerin Merkel und EU-Kommissar Oettinger an der fossilen Schwerindustrie macht sie blind für die Chancen einer modernen Solarwirtschaft.

Bezeichnend ist, dass Chinesen und andere fernöstliche Unternehmer den Wert der deutschen Hersteller längst erkannt haben und ihre Einkäufe zur Rettung von Erneuerbare-Energien-Unternehmen immer mehr ausbauen. Erst jüngst hat die zur chinesischen Chint-Gruppe gehörende Astronergy Solarmodule GmbH die Solarfabrik von Conergy in Frankfurt an der Oder übernommen. Wegen fehlender Solarindustriepolitik der Bundesregierung geht der Ausverkauf deutscher Umweltspitzentechnologie an Fernost munter weiter. Für den globalen Klimaschutz ist dies gut, für die deutsche Wirtschaft sollte es eigentlich ein Alarmsignal sein.

Quelle: http://www.eia.gov/countries/cab.cfm?fips=CH

 

Merkel verkauft Energiewende an Frankreichs Atomindustrie

In einer gemeinsamen Erklärung haben sich Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Hollande am Mittwoch für ein EU-weites Erneuerbare-Energien-Ausbauziel von 27% bis 2030 ausgesprochen. Von den verbindlichen nationalen Zielen, die Deutschland zuvor gefordert hatte ist in der deutsch-französischen Erklärung ist keine Rede mehr. Das Bundeswirtschaftsministerium ließ später mitteilen, man halte weiterhin am Ziel eines 30%-igen Anteils Erneuerbarer Energien auf EU-Ebene fest. Gestern fügte Bundeswirtschaftsminister Gabriel hinzu, ambitionierte verbindliche Ausbauziele für Erneuerbare Energien seien schwer durchzusetzen.

Das ist wahr. Aber Deutschland hätte mit seiner starken Stellung in der EU sehr wohl die Durchsetzungskraft für eine erfolgreiche Erneuerbare-Energien-Politik in Europa, so wie es unter rot- grün der Fall war. Gerade mit Frankreich hätte eine gemeinsame starke Strategie formuliert werden können. So wären die massiven Widerstände gegen den Ausbau der Erneuerbaren in manchen, vor allem osteuropäischen Mitgliedstaaten aufzubrechen. Doch die Kohlepolitik Gabriels verstärkt nun die Kohlepolitik in Polen und Tschechien und die Atompolitik Osteuropas kann sich zusammen mit den Atomwünschen Großbritanniens und Frankreichs ungestört entfalten.

Die deutsch-französische Energiepolitik liefert dann auch noch die Argumente gegen den Ausbau der Erneuerbaren Energien, indem ein „Risikovorsorgesystem“ für Industrieinvestitionen vorgeschlagen wird, um sie vor Carbon Leakage zu schützen. Schlimmer kann man den Klimaschutz nicht mit Füßen treten. Die als Wendepunkt verkaufte deutsch-französische Energiewende-Kooperation ist im Grunde nichts als ein Schutzprogramm für die europäische Kohle- und Atomindustrie.

Die gemeinsame deutsch-französische Erklärung finden Sie hier.

Berlin, den 21. Februar 2014

Ihr Hans-Josef Fell