EEG – Subventionsabbau für fossile Energien – Emissionshandel – CO2 Steuer

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EEG – Subventionsabbau für fossile Energien – Emissionshandel – CO2 Steuer

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Die massiven, politisch gewollten Verschlechterungen des EEG in den verschiedenen Novellen seit 2009 haben zu einem dramatischen Niedergang der jährlichen Neuinvestitionen in Erneuerbare Energien geführt, der im kommenden Jahr auch die Windkraft ereilen wird.

Ursache ist der fehlende politische Wille von CDU/CSU/SPD/FDP für einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, was aus Klimaschutzgründen aber notwendig und durch die Beschlüsse von Paris auch völkerrechtlich zwingend geworden ist. Ohne Umstellung der Energieversorgung auf die emissionsfreien Erneuerbare Energien können die Ziele von Paris nicht erreicht werden. Doch der von der großen Koalition verfolgte Schutz der Kohleverstromung und die Weigerung, einen Kohle-, Erdöl- und Erdgasausstieg anzugehen, haben in Deutschland und weiten Teilen der EU den Ausbau der Erneuerbaren Energien gedeckelt, so dass viel zu niedrige Obergrenzen für den Ökostromausbau politisch verordnet wurden. Völlig entgegen dem Welttrend sinken daher in Deutschland und der EU die jährlichen Neuinvestitionen in Erneuerbare Energien. [1]

Im Detail sind daran neben anderen folgende gravierende Fehler in der Gesetzgebung schuld: Die Umstellungen auf Ausschreibungen, die Festlegung auf Ausbauobergrenzen, eine uferlose und undurchsichtige Bürokratie im EEG und die Erhebung der EEG-Umlage auf Ökostrom.

Dies alles ist verheerend für den Klimaschutz, da neben dem Niedergang der ostdeutschen Wirtschaft nach 1990 nur der Ausbau der Erneuerbaren Energien mit Hilfe des EEG zur CO2-Reduktion in Deutschland nennenswert beigetragen hat. Mit dem Stocken des Ausbaus der Erneuerbaren Energien aber stockt auch der Klimaschutz in Deutschland. Kein Wunder, dass 2016 die CO2-Emissionen sogar wieder angestiegen sind.  [2]

Der Emissionshandel funktioniert nicht

Nun findet vor allem in den Bereichen der Klimaschützer eine heftige Diskussion statt, mit welchen politischen Instrumenten denn der Klimaschutz wieder belebt werden kann. Gefordert werden vor allem  eine Aktivierung des Emissionshandels, eine CO2-Steuer auf alle CO2-Emittenten oder der Abbau von Subventionen für fossile Energien.

Kaum diskutiert wird unter den Klimaschützern, wie das erfolgreichste Klimaschutzgesetz der Welt, das EEG wieder zu alter Kraft und Frische modernisiert werden kann und muss. Bezeichnenderweise gibt es auch keine übergeordnete Diskussion, welche politischen Instrumente überhaupt die höchste Wirksamkeit für den Klimaschutz entfalten. Immer mehr setzt sich durch, dass dies eine CO2 Steuer sei.

Dies erinnert mich stark an die Zeiten um 2000, wo der Emissionshandel vielfach als das Allheilmittel für den Klimaschutz angesehen wurde. Die Warnungen von Hermann Scheer und von mir vor der Einführung des Emissionshandels wurden in den Wind geschlagen, aber dennoch insbesondere vom damaligen Umweltminister Jürgen Trittin durchgezogen. Hermann Scheer und ich hatten der Einführung des Emissionshandels nicht zugestimmt.

Leider hat unsere Warnung traurige Realität erreicht: der Emissionshandel ist unwirksam geblieben und kann mit seinen Grundsätzen auch nicht so novelliert werden, dass er jemals eine echte Wirkung für den Klimaschutz erbringen kann. Das besonders Negative ist aber, dass der Emissionshandel als das wichtigste Instrument für den Klimaschutz betrachtet wird und damit viele Klimaschützer sich – bisher völlig erfolglos – mit viel Zeit und Kraft für dessen Verbesserungen einsetzen, statt für andere wirksame Instrumente wie das EEG.

Eine CO2-Stuer ist kein Investitionsanreiz

Ähnliches gilt auch für eine feste CO2-Steuer.

Emissionshandel und CO2-Steuer sind generalisierende Instrumente, die keine spezifischen Anreize für Investitionen in Nullemissionstechnologien schaffen. Mit EEG-Vergütung kann ein Investor eine Windkraft, PV- oder Biogasanlage klar kalkulieren und die Renditeerwartung gibt den Ausschlag für die Investitionsentscheidung. Bei einer CO2-Steuer wird aber zum Beispiel der Kohlekraftwerksbetreiber mit höheren Kosten beaufschlagt, ein Windinvestor kann damit aber nicht kalkulieren. Aus der CO2-Steuer bekommt er keine Einnahmen direkt zugeordnet, ein Investment bleibt aus.

Die Verfechter einer CO2-Steuer erhoffen sich indirekte Wirkungen auf die Investitionen in Technologien und Waren die den Klimaschutz befördern: Mit einer CO2-Steuer soll der Betrieb fossiler Anlagen und Verkauf klimaschädlicher Waren unwirtschaftlich werden. Ihr dadurch erwirktes Abschalten würde Neuinvestitionen z.B. zur Erhaltung der Energiesicherheit benötigen, die dann durch Erneuerbare Energien und Energieeffizienz automatisch kommen würden, da diese ja nicht mit der CO2-Steuer belastet sind, bzw. deren Aufkommen durch Effizienzmaßnehmen verringert.

Und die Praxis?

Soweit die theoretischen Überlegungen. In der Praxis würden aber nur die Erneuerbare Energien zum Zuge kommen, die besonders kostengünstig sind: Windkraft und PV Freiflächenanlagen. Biogasanlagen, Kleinwasserkraft und geothermische Stromerzeugung, energetische Altbausanierung, Elektrobusse würden selbst mit CO2-Steuern kaum im Wettbewerb mithalten können. Selbst eine CO2-Steuer von 80 Euro pro Tonne CO2 würde viele der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen nicht befördern, weil sie es selbst damit noch nicht schaffen, im Markt einen Wettbewerbsvorteil zu bekommen. Im Stromsektor würde z.B. eine einseitige Investitionsdynamik in nur die billigsten Erneuerbaren Energien (Sonne und Wind) das Problem der Netzintegration massiv verschärfen. Investitionen in Erneuerbare Energien Kombikraftwerke mit Speichern werden von der CO2-Steuer aber nicht angestoßen. Geschweige denn in jetzt noch teure, aber in Zukunft wegen ihres hohen Potentials notwendigen Technologien wie die Geothermie. Innovationen wie diese sind am Anfang teuer und können nur durch aktive Unterstützung, also nur durch direkte Vergütungen oder andere Investorenunterstützung in den Markt geführt werden mit dem Effekt der späteren Kostensenkung.

Eine CO2-Steuer fördert auch Atomstrom

Eine CO2-Steuer wird auch kaum Wirkung auf den Atomstrom entfalten, womit Importe von Atomstrom ökonomisch befördert werden und selbst im Ausland Atomstrom einen Wettbewerbsvorteil gewinnt. Auch die noch klimaschädlicheren Methanemissionen werden durch eine CO2 Steuer kaum beeinflusst, was dann Erdgas befördert, obwohl die gesamte Klimawirkung von Erdgaskraftwerken unter Beachtung des Methanschlupfes ähnlich schädlich ist wie Kohle- oder Erdölkraftwerke. [3]

Die gleiche innovationsbremsende Wirkung für Nullemissionstechnologien ergäbe auch eine CO2-Steuer im Verkehrssektor. Es müssten schon sehr hohe CO2-Steuersätze eingeführt werden, wenn so eine Investitionsdynamik auf mit solarem Wasserstoff betriebene Flugzeuge oder Hochseeschiffe erzeugt werden soll.

Schlimmer noch, die oben beschriebene CO2-Steuerwirkung kann frühestens nach Jahren, wenn eine nennenswerte Zahl fossiler Anlagen abgeschaltet ist, diese Wirkung entfalten. Bleibt es bei den aktuellen mangelnden Investitionsanreizen für Erneuerbare Energien, so wird der Ausbau in den kommenden Jahren auf niedrigem Niveau stabilisiert.

Weltwirtschaft ohne Emissionen

Doch nur die schnelle Umstellung auf eine Weltwirtschaft ohne Emissionen, verbunden mit wirksamen Kohlenstoffsenken kann überhaupt noch eine Chance auf die Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele bringen. Generalisierende Instrumente, die „nur“ die Nutzung fossiler Rohstoffe verteuern, sind noch lange keine Instrumente, um Nullemissionstechnologien wie die Erneuerbaren Energien in den Markt zu bringen oder gar eine Marktdurchdringung zu schaffen. Es wird aber eine Vielzahl von neuen immer noch teuren Technologien alleine im Sektor der Erneuerbaren Energien benötigt, die eine direkte Markteinführung und Marktdurchdringung benötigen. Forschungsförderung und Unterstützung von Pilotanlagen sind wichtig, reichen aber bei weitem nicht aus.

Dies alles spricht nicht gegen eine feste, über Jahre hinweg ansteigende Kohlenstoffsteuer, am besten als Ersatz für den unwirksamen Emissionshandel. Es spricht aber dagegen, vorrangig eine CO2-Steuer politisch zu fordern und durchzusetzen, politisch nachrangig aber eine Modernisierung der Einspeisevergütung z.B. mit Ausrichtung auf die kommenden Anforderungen der Netzintegration zu schaffen. Diese könnte durch eine EEG-Kombikraftwerksvergütung geschaffen werden.

Mit dieser Erkenntnis muss man eine klare Rangfolge der für den Klimaschutz notwendigen politischen Instrumente herauskristallisieren. Der alleinige oder vorrangige Einsatz für weniger wirksame Instrumente behindert den Klimaschutz, weil dadurch die politische Kraft sich nicht mehr genügend auf die entscheidenden wirksamen Klimaschutzinstrumente konzentriert.

Zur Wirksamkeit von Klimaschutzinstrumenten

Reihenfolge zur Beurteilung der Wirksamkeit von politischen ökonomischen Klimaschutzinstrumenten:

  1. Instrumente, die direkte Investitionen der freien Wirtschaft in Nullemissionstechnologien und andere Klimaschutzaktivitäten gewinnbringend ermöglichen. Das EEG (feste Einspeisevergütung) ist das Paradebeispiel dafür. Seine Kraft hat sogar so stark gewirkt, um anfänglich sehr teure Technologien (z.B. Solaranlagen, Windkraft) innerhalb eines Jahrzehnts so stark in die Kostensenkung zu bringen, dass sie heute in vielen Weltregionen ein Selbstläufer sind. Das EEG hat gewirkt, obwohl es keinen wirksamen Emissionshandel gab oder eine CO2-Steuer.
  2. EEG ähnliche Markteinführungsinstrumente braucht es auch in anderen Nullemissionstechnologien und Waren wie Biolebensmittel, selbstverrottende Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, ökostrombetriebene Elektromobilität und Textilbeton, um nur einige wenige zu nennen. Zwar gibt es viele Diskussionen unter Klimaschützern, welche ökonomischen Instrumente eine entsprechende Dynamik auslösen können. Aber es gibt kaum eine Diskussion, welche spezifischen Instrumente geeignet wären, um ähnlich wie im Stromsektor mit dem EEG auch in anderen Sektoren spezifische, statt generalisierende Instrumente zu entwickeln. Dabei könnte man Grundprinzipien des EEG auch auf den Lebensmittelmarkt übertragen, um klimaschonenden Biolebensmitteln einen Durchbruch zu verschaffen. Das oberste Prinzip muss sein, dass durch solche Instrumente der Kunde beim Kauf eines Klimaschutzproduktes, z.B. Biolebensmittel einen ökonomischen Vorteil gegenüber anderen klimaschädlich produzierten Lebensmitteln bekommen.
  3. Abschaffung aller staatlichen Subventionen für Klimagasemissionen: z.B. Kohlesubventionen, Steuerbefreiung Flugkerosin, Firmenwagen Privileg, landwirtschaftliche Subventionen, wie Agrardieselbefreiung und andere. Subventionsabbau entzieht oftmals sofort die ökonomischen Grundlagen für die klimaschädlichen Wirtschaftsweisen. Subventionen werden ja gewährt, weil anders diese Wirtschaftszweige gar nicht konkurrenzfähig sind. Daher ist Subventionsabbau ein scharfes Schwert zur Abschaffung der emittierenden Techniken wie Kohlekraftwerke oder klimaschädliche Waren wie Fleisch aus Massentierhaltung.
  4. Steuerbefreiungen für Nullemissionsprodukte, z.B. MwSt.-Befreiung für Solarkollektoren, Ökostrom oder Biolebensmittel. Steuerbefreiungen für Klimaschutzprodukte geben dem Klimaschutz sofort einen Wettbewerbsvorteil vor klimaschädlichen Produkten gleicher Warengruppen. Manchmal reicht er schon aus, um die Klimaschutzwaren sofort wettbewerbsfähig zu machen.
  5. CO2-Steuer. Sie würde die Wirtschaftszweige der fossilen Wirtschaft generell ökonomisch verschlechtern. Die CO2-Steuer kann aber nicht, wie es das EEG geschafft hat, noch teure Klimaschutztechniken, Produkte und Maßnahmen befördern, solange diese immer noch teurer sind gegenüber den mit der CO2-Steuer belasteten fossilen Wirtschaftszweigen.
  6. Der Emissionshandel kann keine Wirksamkeit für den Klimaschutz entwickeln, da frei auf dem Weltmarkt gehandelte Zertifikate immer auf Einflussfaktoren stoßen, die die Zertifikatspreise unter eine Wirksamkeitsschwelle treiben können. Bisher war dies immer der Fall. Der Emissionshandel gehört abgeschafft und sollte durch eine kontinuierlich ansteigende CO2-Steuer ersetzt werden.

Innovative Gesetze

Um die besonders wirksamen Maßnahmen aus der Kategorie 1 bis 3 umzusetzen, sind neue innovative Gesetzesvorschläge gefragt. Innerhalb des EEG kann eine Kombikraftwerksvergütung eine ähnliche Dynamik für Speichertechnologien, Netzintegration und Umsetzung von 100% Erneuerbare Energien Objekten, auch im Wärme- und Transportsektor bewirken, wie es die EEG-Vergütungen für die Entwicklung der Solartechnik und Windkraft ermöglichte. Damit wäre dem Klimaschutz viel mehr gedient als mit dem Fokussieren auf CO2-Steuer oder gar Emissionshandelsnovellen.

Wenn die Klimaschutzbewegung wieder erfolgreich werden will, was sie in Deutschland und der EU nicht mehr ist, muss sie sich aktuell auf zwei Sachen konzentrieren:

  1. Die Identifizierung der wesentlichen und wirksamsten politischen Klimaschutzmaßnahmen und Gesetze.
  2. Die Erarbeitung entsprechender innovativer Gesetzesvorschläge.

Dafür sollte sie sich in der Öffentlichkeit mit konzertierter Aktionskraft einsetzen, statt sich mit strategisch nicht zu Ende gedachten Aktivitäten zu verzetteln.

In den Jahren 1998 bis 2000 gab es genau diese Prozesse, die dann das EEG hervorgebracht haben, gegen alle Widerstände auch in Klimaschutzkreisen. Viele hatten die Kraft dieser Gesetzesinnovation falsch eingeschätzt und sich deshalb kaum für das EEG, sondern eben insbesondere für den Emissionshandel eingesetzt.

Dass heute immer noch viele Klimaschützer sich weiter vorrangig für den Emissionshandel und die CO2 Steuer einsetzen, statt für EEG-ähnliche Gesetze und eine Modernisierung des EEG an sich, ist eine der tieferen Ursachen, warum der Klimaschutz in Deutschland und der EU nicht mehr wirksam vorankommt.

Quellen:

[1] United Nations Environment Programme (UNEP), „Global Trends in Renewable Energy Investment 2016,“ 03 2016. [Online]. Available: http://fs-unep-centre.org/publications/global-trends-renewable-energy-investment-2016.
[2] Umwelt Bundesamt, „Treibhausgas-Emissionen in Deutschland,“ 03 2017. [Online]. Available: https://www.umweltbundesamt.de/daten/klimawandel/treibhausgas-emissionen-in-deutschland#textpart-2.
[3] R. W. Howarth, „A bridge to nowhere: methane emissions and the greenhouse gas footprint of natural gas,“ 2015. [Online]. Available: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ese3.35/epdf.

 

Berlin, den 14. Juni 2017

Ihr Hans-Josef Fell