EEG-Novelle endgültig beschlossen – Bundestag und Bundesrat haben Ende der Energiewende eingeläutet

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

EEG-Novelle endgültig beschlossen

Bundestag und Bundesrat haben Ende der Energiewende eingeläutet

Der Bundestag hat heute im Schnellverfahren die Verschlechterungen der Bundesregierung bei der EEG-Novelle durchgewunken. Ich hatte die Auswirkungen der Novelle auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien an alle Parlamentarier geschrieben, doch trotz großer Resonanz, Gesprächen und Antworten auf meinen Brief haben fast alle  Abgeordneten von Union und SPD gegen die Stimmen der Opposition von Grünen und Linken dem Regierungsentwurf zugestimmt.

Nun hat heute auch noch gleich der Bundesrat der Novelle zugestimmt. Robert Habeck, der schleswig-holsteinische Energieminister (Grüne), sagte heute in der Sitzung: Wenn das Gesetz zustimmungspflichtig gewesen wäre, wäre es in der „heutigen Form nicht beschlossen“ worden oder die Länder hätten von vornherein anders verhandelt. Leider war das Gesetz aber „nur“ ein Einspruchsgesetz. Ein Fehler, der wahrscheinlich die gesamte deutsche Energiewende gefährdet.

Von parlamentarischem Selbstbewusstsein kann keine Rede mehr sein. Das Parlament schadet mit solcher Arbeitsweise der Demokratie immer mehr. Seinem grundgesetzlichen Auftrag als Gesetzgeber und Kontrolleur der Regierung kommt der Bundestag nicht mehr nach. Im Gegenteil: Die EEG-Novelle lässt die 80 % der deutschen Bevölkerung, die die Erneuerbaren Energien befürworten, zunächst ratlos zurück. Sie fragen sich, warum der Ausbau massiv gedrosselt, statt nach den Beschlüssen von Paris beschleunigt wird. Und warum die Bürgerenergie mit dem Instrument der Ausschreibungen ausgesperrt werden soll und warum es keine deutlichen Verbesserungen bei Solar, Wasser, Geothermie und Bioenergie gibt, sondern nun auch beim Wind Verschlechterungen.

Die Bürgerverdrossenheit über verfehlte Politik wird weiter zunehmen, womit die Abgeordneten selbst an der weiteren Destabilisierung der Demokratie arbeiten. Nach dem BREXIT haben viele Politiker gerade aus Deutschland gesagt, man müsse wohl eine andere Politik machen, damit man die Bürger besser gewinnen könne. Davon ist bei dem weitreichenden gesellschaftlichen Projekt der Energiewende aber nichts zu spüren. Erneut werden ausschließlich die Bestandschutzinteressen der Kohle- und Erdgaswirtschaft befördert.

Trotz aller Rhetorik mit den angeblichen Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren setzt die EEG-Novelle vor allem die Bürgerenergien unter Druck. Nachdem es bei Solar- und Bioenergie in der letzten Monaten und Jahren schon so gut wie keine Neugründungen bei Bürgerenergiegemeinschaften mehr gab, so werden nun auch bei Windenergie die Bürgeraktivitäten weitgehend gestoppt werden. Die Aufnahme von angeblich verbesserten Zugangsbedingungen für Bürgergenossenschaften für die Ausschreibungen können nicht verhindern, dass Bürgerenergiegemeinschaften mit dem Instrument der Ausschreibungen an sich nichts anfangen können, weil für sie die Finanzrisiken viel zu hoch sind. Nur noch große und finanzstarke Unternehmen können diese Risiken schultern.

Der Windsektor wird weitgehend einbrechen. Die letztjährige Investition in 6 GW wird durch festgesetzte 2,8 GW über Ausschreibungen ersetzt. Die Erfahrungen mit Solar zeigen, was zu befürchten ist: 2,5 GW sind das Ziel, in diesem Jahr aber werden wohl unter 1 GW erreicht werden. Auch bei Wind ist ein Einbruch auf weit unter 2,8 GW zu befürchten.

Einziger Lichtblick ist, dass Mieterstromprojekte von der EEG-Umlage befreit werden sollen. Dies könnte eine gute Dynamik entfachen, wenn die dafür vom BMWi zu erarbeitende Verordnung bald kommt und sie diesen ökonomischen Vorteil nicht durch hohe Bürokratie wieder kaputt macht.

Um die von Union und SPD gewünschte massive Drosselung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien zu verhindern, sind nun alle gesellschaftlichen Kräfte gefragt, ihre Aktivitäten in die Energiewende dennoch wieder zu verstärken. Vom EEG unabhängige Investitionen in Ökostromprojekte, in neue Geschäftsmodelle, in Kombikraftwerke, in die Verbindung mit Wärme- und Verkehrssektor und in autarke oder autarkiefähige Eigenenergieerzeugung sind einige Stichworte. Es gibt nichts wichtigeres für den Klimaschutz und den Atomausstieg, als dass die Gesellschaft daran arbeitet, dass die von der Bundesregierung vorgelegten Ausbauziel weit übertroffen werden.

 

Berlin, den 08. Juli 2016

Ihr Hans-Josef Fell