Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende – Die Energiewende naturverträglich gestalten

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende – Die Energiewende naturverträglich gestalten

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland wird massiv gegenüber den großen Potentialen, den technisch ökonomischen Möglichkeiten, der Bereitschaft von Bürgern und der aus Klimaschutzgründen notwendigen Ausbaugeschwindigkeit ausgebremst. Dafür gibt es einige Ursachen. Zwei davon sind zentral: Die verschiedenen Gesetzesänderungen zum EEG der letzten Jahre und die Widerstände aus den Naturschutzverbänden.

Es ist keine Frage, auch lokaler Natur- und Artenschutz ist zwingend notwendig. Natürlich kann und muss einzelnen Anlagen die Genehmigung versagt werden, so in FFH-Gebieten. Die Frage ist aber, ob die notwendige Balance gefunden ist zwischen der Notwendigkeit des schnellen Ausbaus der Erneuerbaren Energien als Klimaschutzmaßnahme und dem lokalen Naturschutz. In Deutschland ist das längst nicht mehr der Fall. Der Klimaschutz kommt unter die Räder, der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist viel zu langsam. Angesichts dieser Tatsache sind viele Aktivitäten lokaler Naturschützer kontraproduktiv zum Klimaschutz.

Naturschützer opponieren oftmals vor Ort massiv gegen den Ausbau der Erneuerbaren Energien und Naturschutzbehörden verweigern vielfach Genehmigungen. Eine Abwägung mit den Belangen des Klimaschutzes – obwohl im Naturschutzgesetz vorgeschrieben – findet selbst vor Gerichten so gut wie nie statt.

Dabei ist die Klimaveränderung heute schon die Hauptursache für den massiven Artenschwund auf der Erde, wie ihn dieser Planet seit den Eiszeiten nicht mehr erlebt hat. Wenn die Weltgemeinschaft nicht binnen zwei Jahrzehnten zu einer 100% Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien als wichtigste Maßnahme für eine Nullemissionswirtschaft kommt, dann laufen alle lokalen und regionalen Artenschutzmaßnahmen völlig ins Leere.

In einer in Science veröffentlichten Metastudie wird dargestellt, wie der Artenverlust mit der Welttemperatur massiv zunimmt. Aktuell liegt das Aussterberisiko bei 2,8 Prozent. Das heißt, dass im Moment global 2,8 Prozent der Arten drohen auszusterben. Bei einem Anstieg der Durchschnittstemperatur um 2 Grad, also dem oberen Pariser Klimaschutzziel, steigt das Risiko auf 5,2 Prozent, bei 3 Grad bereits auf 8,5 Prozent. Bei einem Anstieg von 4,3 Grad liegt das Aussterberisiko bei 16 Prozent. Das bedeutet, es würde jede sechste Art aussterben, möglicherweise auch der Mensch.

Doch genau diesen Zusammenhang sehen viele lokalen Naturschützer und auch Naturschutzverbände wie der Naturschutzbund Deutschland (NABU) nicht. Sie kämpfen oftmals sogar vor Gericht vehement gegen viele Windkraftanlagen, um die lokale Vogelpopulation zu schützen; gegen Wasserkraftanlagen um die Fischpopulationen zu schützen; gegen Solarparks, obwohl diese sogar Artenvielfalt befördern; gegen Biogasanlagen, weil diese angeblich alle nur Maismonokulturen befördern, was natürlich nicht überall stimmt.

Natürlich sind Maßnahmen zum Erhalt der örtlichen Artenvielfalt wichtig und notwendig. Aber kein Straßenneubau, kein Neubau von neuen Siedlungs- oder Gewerbegebieten, die neben der intensiven Landwirtschaft die Hauptursachen sind – fordern so viele Auflagen für den lokalen Natur- und Artenschutz wie der Bau eines Windrades, eines Solarparks oder Wasserkraftwerkes.

Schlimmer noch: Die Gegner eines Ausbaus der Erneuerbaren Energien, sei es aus dem Bereich der Bestandschützer der alten fossilen oder atomaren Wirtschaft oder der Anwohner, die jede technische Anlage, welcher Art auch immer vor ihrer Haustür verhindern wollen, bedienen sich zunehmend den von Naturschützern gelieferten Argumenten.

So hat sich ein falsch verstandener Naturschutz heute nicht nur in Deutschland zu einem Haupthindernis gegen den Ausbau der Erneuerbaren Energien entwickelt.

Das vor ca. einem Jahr gegründete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) greift hier moderierend ein. 

Das KNE unterstützt die Umsetzung einer naturverträglichen Energiewende. Das Zentrum trägt mit seinen Aufgaben zu einer Versachlichung von Debatten und zur Vermeidung von Konflikten des Naturschutzes in der Energiewende bei.

Das KNE steht allen Akteursgruppen einer naturverträglichen Energiewende – unter anderem der Politik, den Energieunternehmen, dem Naturschutz und Kommunen sowie Behörden – für die Bearbeitung von Konflikten, die sich im Zuge des Ausbaus der Erneuerbaren Energien mit dem Naturschutz ergeben zur Verfügung. Es berät Akteure zu naturschutzfachlichen und prozessgestaltenden Aspekten bei der Umsetzung von Projekten Erneuerbarer Energien. Außerdem moderiert das KNE Gespräche zwischen den Akteuren und stellt im Bedarf speziell fortgebildete Mediatorinnen und Mediatoren zur Verfügung. In Seminaren, Workshops und Vorträgen bietet das KNE Einblicke in praxisrelevante Handlungsmöglichkeiten zur Prävention von Konflikten.

Bei allen Fragen, die im Zuge einer naturverträglichen Energiewende auftreten, unterstützt das KNE die Akteure mit fundierten Auskünften und Hinweisen, fachlich begründete Entscheidungen zu treffen. Neueste Erkenntnisse aus Politik, Wissenschaft, Rechtsprechung und Berufspraxis werden anschaulich aufbereitet.

Als Dialogzentrum lädt das KNE die Akteure dazu ein, sich über veränderte Rahmenbedingungen und neue Herausforderungen untereinander auszutauschen. Als neutraler und kompetenter Ansprechpartner gestaltet das KNE bedarfsgerechte Dialogformate zur gemeinsamen Erarbeitung von Lösungen.

Weiterführende Informationen:

Das KNE

Der KNE-Mediatorenpool

Das KNE-Vortragsangebot

Allen Investoren, Energiegemeinschaften, Planern, unteren und oberen Naturschutzbehörden, Politikern, Journalisten, die vor Ort mit den Konflikten Erneuerbare Energien und Naturschutz befasst sind,  kann ich nur empfehlen, sich sachkundigen Rat beim KNE einzuholen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien darf nicht länger durch unsachgemäße Beurteilung dieser Fragen behindert werden.

Wenn dies nicht gelingt, wird der so verhinderte Klimaschutz über die weiter rasant ansteigende Erderwärmung den schon dramatischen globalen Artenschwund weiter beschleunigen. Arten, zu deren Schutz vor Ort ein Windrad oder Wasserkraftwerk verhindert wurde, wird es dann auch dort in einigen Jahrzehnten nicht mehr geben, eben weil der Ausbau der Erneuerbare Energien als wichtigste Nullemissionsstrategie auch mit den Argumenten des Artenschutzes behindert wurde.

 

Hammelburg, den 11. Januar 2018

Ihr Hans-Josef Fell