Atomgeschäfte treiben japanischen Konzern Toshiba in die Insolvenz

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Atomgeschäfte treiben japanischen Konzern Toshiba in die Insolvenz

Nachdem bereits Ende letzten Monats Toshibas Unternehmensgesellschaft, die Westinghouse Electric Company in den Konkurs geschickt wurde, um den Mutterkonzern zu retten, steht nun auch der Technologie-Riese mit etwa 190.000 Angestellten selbst kurz vor dem Aus. Toshiba steckt bereits jahrelang tief in der Krise nach einer Bilanzmanipulationsaffäre und Milliardenbelastungen durch das US-Atomgeschäft.

Westinghouses Baubeteiligungen an Atomkraftwerken im südöstlichen Amerika hatten das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gebracht und dazu geführt, dass am 29. März das Insolvenzverfahren eingeleitet wurde. Ob und wie es mit den Projekten weitergeht, ist derweil noch unklar. Nach Aussagen von Richard Nephew vom Center on Global Energy Policy der Columbia Universität repräsentiert Westinghouses Pleite eine noch nie dagewesene Dimension. Der Fall Westinghouse zeigt auch, wohin es in Zukunft mit nuklearer Energie gehen könnte. Der schnelle Anstieg günstiger Erneuerbarer Energien, die abnehmende Nachfrage nach konventioneller Elektrizität und auch das atomare Desaster von Fukushima haben ihren Anteil daran, dass das atomare Zeitalter sich bereits dem Ende zu neigen scheint. Schon vor dem offiziellen Konkurs ihres Tochterunternehmens hatte Toshiba beschlossen, Westinghouse aus ökonomischen Gründen keine neuen Kraftwerke mehr bauen zu lassen.

In den vorgelegten Neun-Monats-Zahlen belief sich der Verlust auf etwa 4,7 Mrd. Euro, etwa eine halbe Milliarde mehr als zunächst angenommen. Letzte Woche gab Toshiba zudem eine Warnung heraus, dass es ernsthafte Zweifel gäbe, ob sich das Unternehmen langfristig retten könne. Ein Gesamtverlust zum Abschluss des Finanzjahres Ende März von bis zu 8,4 Mrd. Euro wird erwartet.  Viele Analysten sehen Toshiba jedoch zu groß zum Scheitern und gehen davon aus, dass die japanische Regierung im Notfall einspringen würde, um die mehr als 100.000 heimischen Arbeitsplätze zu retten.

Seit Jahresbeginn ist die Aktie der 142 Jahre alten japanischen Ikone bereits um 23 % (Stand: 18.04.17) eingebrochen und der Verbleib Toshibas an der Börse ist zudem gefährdet. Neben den finanziellen Problemen kommen nun auch noch politische hinzu. Die neue amerikanische Regierung teilte mit, dass es Beratungen mit Japan gäbe, um zu verhindern, dass nach dem Abstoßen von Westinghouse sensible Daten und Infrastruktur in chinesische Hände fallen.

Um sich mittelfristig finanziell Luft zu verschaffen und eine mögliche Insolvenz noch abzuwenden, denkt der Konzern derzeit über den teilweisen Verkauf seiner hochprofitablen Chip-Sparte nach, für die es bereits auch schon mehrere Interessenten zu geben scheint.

Dass das finanzielle Desaster der Atomgeschäfte von Toshiba kein Einzelfall ist, zeigt auch die Entwicklung beim französischen Atomkonzern AREVA. Am 1. März veröffentlichte AREVA seine Bilanzzahlen von 2016, welche eine Nettoverschuldung von etwa 1,47 Mrd. Euro ausweisen, nachdem der Konzern bereits 2016 größtenteils vom staatlich geförderten Energieunternehmen EdF übernommen werden musste. Der Schuldenberg von EdF wuchs dadurch auf über 37,4 Mrd. Euro an. AREVA geriet schon vor Jahren in finanzielle Probleme, weil die Verzögerungen und Kostensteigerungen der Atomneubauprojekte Olkiluoto in Finnland und Flamanville in Frankreich die Bilanz hoch belasten. Es ist zu vermuten, dass auch das britische Neubauprojekt weitere Belastungen in Milliardenhöhe hervorrufen wird. AREVA konnte kürzlich nur durch weitere hohe staatliche Subventionen vor dem Konkurs gerettet werden. Damit wurde aber der französische hochverschuldete Staatshaushalt weiter mit Milliardenkosten belastet. Werden die Schulden nicht abgebaut, könnte sogar die Zerschlagung des Konzerns durch den französischen Staat drohen.

Es wird Zeit, dass die alten Köpfe der Atompolitiker und Atommanager endlich begreifen, dass das Atomzeitalter dem Ende zugeht und eine weitere Stützung der Atomwirtschaft nur noch Staatshaushalte in den Ruin treibt.

 

Berlin, den 24. April 2017

Ihr Hans-Josef Fell